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151. An Jakob Burckhardt.

Sils-Maria, Herbst 1888.

Hochverehrter Herr Professor,

hiermit nehme ich mir die Freiheit, Ihnen eine kleine ästhetische Schrift »eine kleine ästhetische Schrift«, der »Fall Wagner«. vorzulegen, die, wie sehr auch immer mitten im Ernst meiner Aufgaben als Erholung gemeint, doch ihren Ernst für sich hat. Sie werden sich hierüber nicht einen Augenblick durch den leichten und ironischen Ton irreführen lassen. Vielleicht habe ich ein Recht, von diesem »Fall Wagner« einmal deutlich zu reden, – vielleicht selbst eine Pflicht. Die Bewegung ist jetzt in höchster Glorie. Drei Viertel aller Musiker ist ganz oder halb überzeugt, von St. Petersburg bis Paris, Bologna und Montevideo leben die Theater von dieser Kunst, jüngst hat noch der junge deutsche Kaiser die ganze Angelegenheit als nationale Sache ersten Ranges bezeichnet und sich an deren Spitze gestellt: Gründe genug, daß es erlaubt ist, auf den Kampfplatz zu treten. – Ich bekenne, daß die Schrift, bei dem durchaus europäisch-internationalen Charakter des Problems, nicht deutsch, sondern französisch hätte geschrieben werden müssen. Bis zu einem gewissen Grade ist sie französisch geschrieben: und jedenfalls möchte es leichter sein, sie ins Französische zu übersetzen als ins Deutsche ...

– Es ist mir nicht verborgen geblieben, daß es vor nicht lange einen Tag gab, wo die Pietät einer ganzen Stadt sich mit tiefer Dankbarkeit ihres ersten Erziehers und Wohltäters erinnerte. Ich habe mir, in aller Bescheidenheit, erlaubt, mein eigenes Gefühl zu dem einer ganzen Stadt hinzuzulegen.

Mit dem Ausdruck großer Liebe und Verehrung

Ihr
Dr. Friedrich Nietzsche.

(Meine Adresse ist bis Mitte November Torino poste restante: ein einziges Wort von Ihnen würde mich glücklich machen.)


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