Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Bey der Nachricht von Napoleons Unternehmen im Jahre 1815.

Schwerer Dunste war die Erd' umschlossen,
Von verfinsternd gift'gem Qualm umflossen,
Durch die Last der Schwüle tief gedrückt;
Da's aus Süden blitzte zu uns nieder,
Wurde klar und rein der Himmel wieder,
Neues Seyn den Sterblichen durchzückt.

Die Trompete hör' ich jetzo schallen,
Rufend, in den heil'gen Kampf zu wallen,
Meinem Auge wird es wieder licht.
In der Ruhe muß der Mensch verflachen,
Aber wenn die Donnerschlünde krachen,
Fällt von ihm das beugende Gewicht.

Wenn zur Erde finstre Wolken hangen,
Grauen Duftes schwermuthsvoll umfangen,
Plötzlich sich hindurch die Sonne neigt,
Wird's dem Mann, als wär' er neu geboren,
Wenn im Glanze, welchen sie verloren,
Sich Natur entzückend wieder zeigt.

Wie's dem Schiffer, – schien ihm schon verschwunden
Jede Hoffnung, daß von ihm gefunden
Werd' das Land, wohin sein Sehnen strebt,
Welches er dann siehet vor sich liegen, –
Also mir, dem Hoffnung, zu bekriegen
Teutschlands Feind, von Neuem aufgelebt.

O! Entzücken, das kein Name nennet,
Welches einzig Jener nur erkennet,
Dem, was ewig ihm verloren schien,
Nun auf einmal lebend nahe stehet,
Wie durch Zaubermächte hergewebet,
Dem das längst Betrauerte verliehn.

All mein Blut, es mag aus Wunden fließen,
Ruhig werden sich dir Augen schließen,
Aus der Höhe winket mir der Kranz;
Oeffnen sehe ich des Himmels Pforten,
Ew'ge Lorbeerkränze schmücken dorten,
Tapfre Kämpfer im verklärten Glanz.

Nicht damit sein Hierseyn er bewahre,
Lebt der Sterbliche, die Zahl der Jahre
Geben nicht dem Leben seinen Werth.
Ohnehin sind bald des Menschen Stunden
In das Meer der Ewigkeit verschwunden,
Seine Zeit er niemals doch vermehrt.

Aber unsre Neigung, sie muß schweigen,
Muß dem Wohl der Menschheit immer weichen,
Unser Streben geh' nach ihrem Glück.
Lass' die Sterne die Gewährung winken,
Lass sie, Herr! auf immerdar versinken,
Meine Hoffnung nehme mir zurück.

Und mein Wünschen kannst Du, Herr, mir nehmen.
Lasse meine Neigung mich bezähmen,
Höchster! Deinen Willen bet' ich an.
Ob sich Krieg entzünde nun hienieden,
Ob die Menschheit labe wieder Frieden,
Was Du thust, ist alles wohlgethan.

Lieg' vor Dir anbetend in dem Staube,
Ew'ge Vorsicht, liebe, hoffe, glaube,
Fest vertrauend Deiner Vaterhand.
Unerforschlich, Gott, sind Deine Wege!
Was von ihnen auch der Scharfsinn hege,
Findet sie kein menschlicher Verstand.


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