Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Die vier Pferde Korinths.

Im Jahre 1806.

Tausende von Jahren schwanden, sind verflossen,
Rauschten schnelle, wogten brausend hin,
Haben in Unendlichkeit sich langst ergossen,
Nichts kann dauern, nichts kann hier verziehn.

Tausende schon lebend daß wir wandeln sehen,
Wandeln nur das nie beständ'ge Glück;
Alles, alles muß der Hauch der Zeit verwehen,
Schwach nur bleibt Erinnerung zurück.

Wir entstanden in dem strahlend lichten Glanze,
Der der Griechen heitre Kunst umfing,
Als gekrönt der Sieger mit dem Lorbeerkranze
Im Triumphe nach Korinthos ging.

Hoch erhoben prangten wir in jenem Kreise
Des Vollkommensten, was Kunst erschuf,
Schon der Knabe ehrte sie, sie prieß der Weise,
Laut ertönte weit des Künstlers Ruf.

Achtung ward dem Idealen, es enthüllte
Sich dem Blicke selber in dem Pferd,
Und ein Geist des reinen Schönen dort erfüllte
Alles und gab Allem hohen Werth.

Donnernd wälzten sich des Krieges blut'ge Wogen
Gen Korinth heran mit Raubbegier,
Auf Septimius Severus SiegesbogenDaß die vier Pferde die auf genanntem Triumphbogen gestandenen selbst waren, ist hier angenommen, nicht erwiesen.
Wurden wir der stolzen Roma Zier,

Sahen majestätisch triumphal'sche Züge
Viele ernst und stolz vorübergehn;
Siegend nur kam Roma lang aus jedem Kriege,
Doch ihr Reich, es konnte nicht bestehn.

Die Gebieterin der Erde mußte fallen,
Und die nie erreichte Macht zerstaubt.
Rom verlassend, mußten wir schon früher wallen
Nach Byzanz, des Reiches neuem Haupt.

Fruchtlos blieb doch Kaiser Constantins Bestreben,
Sein Bemühen war vergeblich nur,
Leben kann man nicht dem Abgestorbnen geben,
Halten nicht die wirkende Natur.

Rom's erhabner Geist, der langst verflogen,
Lebte an dem Hellespont nicht auf.
War mit den Catonen fortgezogen.
Menschen hemmen nicht des Schicksals Lauf.

Von Sanct Marcus Kirche prächt'ger Pforte Höhe,
Ferner Lande fremden Guts gefügt.
Sollten wir verkünden, zeugen als Trophäe,
Daß Constantinopel ward besiegt.

Der Umrungne von den glänzend größten Siegen
Stellte uns vor seines Schlosses Thor.
Auch sein Reich wird stürzen, einstens unterliegen,
Aendrung bringet stets die Zeit hervor.

Jener Weltbeherrscher Imperatorsgarben
Gleich, die Gall'schen sehn, den Cäsar wir
Prangend schreiten mit den feindlichen Standarten,
Länder theilen, rauben nach Begier.

Unsres Werdens schöne Zelten sind verschwunden,
Niemand schenket hier uns einen Blick; .
Eng dem Geist des Schönen war der Mensch verbunden.
In dem Schönen nur fand er sein Glück.

Blüh'nde Städte, mächt'ge Staaten sahn wir viele,
Oft befahren haben wir das Meer;
An der Seine stehn wir nicht an unserm Ziele;
Immer folgen wir dem Siegerheer.

Auch das Größte schwindet, denn es muß veralten,
Sich empor das Neue kraftvoll schwingt,
Ewig wird das Werdende den Sieg erhalten,
Dem Gewordnen Tod die Zeit stets bringt.


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