Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Rom.

1. Elegie.

Es erlöschte des Himmels Glut in der Kühle des Abends,
    Sie doch kehret zurück, kommt mit dem kommenden Tag;
Roms Gewalt erlosch schon, längst, ist erloschen für ewig.
    Das Geräusche des Tags wich mit der Dämmerung Schein,
Stille der Nacht ist gefolgt, es ruhet die schlummernde Erde;
    Alles verstummte, es spricht mächtiger aber zum Geist.
Zu dir, ewige Roma, entschwebet die sehnende Seele;
    Hehr erhebet mein Blick sich zu den Sternen hinauf;
Freu' mich, daß sie, die ich sehe im Schimmer der Pracht und der Stärke,
    Herrliche Stadt, ich geschaut, jegliches Großen Verein,
Wie du es einst vor anderthalbtausend von Jahren gewesen.
    Zart vereinet des Mond's mildes verklärendes Licht,
Was am Tage für immer nunmehr getrennet erscheinet,
    Was der Sterblichen Wuth löste und feindliche Zeit.
Herrlich'rer Hoheit erscheinet das majestätische wieder,
    Rom wie's einstmal war, Haupt der gebildeten Welt.
In das Amphitheater der Flavier, dem größten Gebäude
    Der ungeheuren Stadt, kehren die Schatten zurück;
Mag es in dem Geräusche des Tages den Neuern gehören,
    Von dem Geliebten Besitz nehmen die Geister bei Nacht.

Doch die damaligen Römer auch waren seit langem entartet,
    Waren nicht würdig mehr der Cincinatischen Zeit.
Glaub' in Mitte derselben dich, Titus, zu sehen, dich Edlen,
    Glänzest in Tugend allein in dem verdorb'nen Geschlecht.
Und ich wandele frommen Gefühles die heilige Straße,
    Durch versunk'nes Gestein längstens vergangener Pracht,
Traurig, verfallend, erscheinet der Bogen des Sieges, den über
    Jüdischen Starrsinn dein Muth, herrlicher Titus, errang;
Größer ist aber noch der, den über der Leidenschaft stärkste,
    Ueber der Liebe Gewalt, über dich selbst du erkämpft.
Auch du bist nun Trümmer und Schutt nur, Tempel des Friedens,
    Wozu brauchte doch Rom Tempel des Friedens noch jetzt?
Rom ist ja selbst des Friedens Tempel für immer geworden.
    Ruhe, du Erde des Siegs! schlafe die Ruhe des Tod's!
Längere Herrschaft, größeres Volk gab's niemals, erregest
    Ehrfurcht, Staunen in uns, immer erregest du sie.
Rom, wie deine Geschichte du selbst: bist einzig und ewig.
    Ach! die Gestalt nur blieb, aber das Leben entfloh.
Nur die Erinnerung lebt von deiner vergangenen Größe,
    Tief gesunkenes Rom, schmählich erniedrigte Stadt.
In Denkmälern der Vorwelt nisten sich jetzo die Menschen,
    Wo das Volk sich berieth, einstmal wo Cicero sprach,
In dem Forum Romanum werden die Kühe verkaufet,
    Und es nennet sich noch römisch das heut'ge Geschlecht.


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