Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Des Parthenons Bildwerke in England.

Was sich durch Jahrtausende erhalten,
Selbst der Türken Barbarey verschont,
Einzig herrlich edele Gestalten,
Wie auf Erden damals nur gewohnt,
Welche noch im Marmor ausgedrücket,
Ihr, die ihr dem Parthenon gehört,
Hehre Bilder, seyd nunmehr zerstücket;
So ist jetzt das schönste Werk zerstört!

Euer hoher Werth, er hat geendet,
Da der heim'schen Erde ihr geraubt,
Von dem Heiligthume weggewendet
Zu dem Volk, das nie an ihn geglaubt.
Ach! ihr seyd uns jetzo bloße Trümmer,
Und entrissen innigem Verband,
Fehlt euch Hellas Sonne goldner Schimmer,
Daß euch hier Geschichte nicht verwandt.

Tiefen Sinn enthielten alte Sagen
Aus der Kindheit unseres Geschlechts,
Nackte Wahrheit konnt' es nicht ertragen,
Sich nicht fügen nach dem Spruch des Rechts;
Und die Menschen kannten keinen Frieden,
Und die Kräfte waren roh im Streit,
Es besieget hier noch die Lapithen
Der Kentauren Ueberlegenheit.

Hohe Kunst hat Alles dann belebet;
Wie die Fabel, so die Wirklichkeit
Nach dem Ideale edel strebet
In der reizenden Vergangenheit.
Das erhab'ne Ziel, es ward erreichet!
In des Steins gegebener Gestalt
Sich das Bild des Herrlichsten uns zeiget,
Menschen wie in Hellas nur gewallt.

Aus dem Leben waret ihr genommen,
Diese Züge gingen jedes Jahr
Feyerlich wie sie vorüber kommen,
Und das Schönste ward der Blick gewahr.

An dem Feste der PanathenäenAuch ich theilte, als ich dieses Gedicht in London im Jahre 1815 schrieb die irrige Meinung, daß der Panathenäen Fest dargestellt wäre, da es doch nur dessen Vorbereitung ist.
Langsam schritt der Jungfraun blüh'nder Chor,
Diese Reiter warm da zu sehen,
Und die Rosse hoben sich empor.

Zu dem heitern, ewig blauen Himmel
Tönte ernst der heilige Gesang,
In die Ruhe hin aus dem Gewimmel,
Aus des Lebens vielverworrnem Drang.

Längstens diese Töne schon verhallten,
Stille weilt, wo Lebensfülle war;
Ach! das Schönste auch, es muß veralten,
Glänzend stand das Parthenon noch zwar.

Seine Zierden waren ihm geblieben,
Doch was Zeit und Rohheit nicht gethan,
Wurde vom Gebildeten getrieben.
Diesen Frevel unsre Augen sahn.

Nach der Insel hat man euch geführet,
Wo's im trüben Nebeldufte tagt,
Zu dem Volk, dem jeder Ruhm gebühret,
Außer dem, den ihm die Kunst versagt.

Werke jener frohen Blüthentage,
Zeugen der gewesenen schönen Welt,
Immer währt um euch der Wehmuth Klage;
Ach! zurücke sie euch nimmer stellt.

Nimmer kehrt sie wieder, stets verklungen
Bleibt die herrliche Vergangenheit,
Nur allein noch in Erinnerungen
Lebet jene seelenvolle Zeit.


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