Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Pompeji.

X. Elegie.

In das fröhliche Treiben, in blühende Fülle des Lebens
    Griff erstarrend die Hand plötzlichen Todes hinein,
Daß ein ganzes Geschlecht vertilget im Keime geworden;
    Zeigest im Kleinen hiemit einstens der Menschheit Geschick.
Grab bist du, Pompeji, der eigenen Gräber geworden
    Und die Urne bewahrt selber die Asche noch heut.
Namlose Wehmuth wohnet in dir, du todte, ich sehe
    Wirkung des Lebens, es selbst wich für beständig aus dir;
Schulen bestehen, es stehen die Tempel; für Römer, für Griechen
    Ragen Theater empor; auch das Gefängniß ist da.
Holde Gemälde erfüllen die Wände jedwelchen Gemaches.
    Freundlich geziert ist der Hof, lieblich geschmückt ist das Haus,
Und mit besseren Werken, als jetzo der Fürsten Paläste.
    Alles bezeuget hieselbst thätiges reges Gedräng',
Großes Getümmel der Menschen, und Fleiß und Freude des Lebens;
    In den Straßen der Stadt drückte das Wagengeleis
Tief in das Pflaster sich ein, aus Lava bestehet es selber.
    Fruchtlos warnende Spur früher Verheerungen schon.
Bäche fließen noch durch, es liegt noch darüber die Brücke,
    Gips in irdnem Gefäß ist zu verzieren bereit;
Waaren enthalten die Laden, es sind die Farben zu kaufen;
    Alles erblicke ich hier, außer den Lebenden nur;
Ausgestorben sind die Straßen und Häuser. Verborgen
    Sechszehn Jahrhunderte lang ruhte vergessen die Stadt.
Die Zerstörung wüthete immer und wüthet auf Erden,
    Aber getreu erhält mütterlich sorgsam ihr Schoos;
Nimmer berühret die Zeit das Bewahrte. Die Menschen belehrend,
    Zeigst du der jetzigen Welt, wie die vergangene war;
Wie es geordnet gewesen, so ist's in der Erde enthalten,
    Für den Gedanken besteht unter derselben es fort;
Ihr entrissen Bruchstücke, nicht in die Gegenwart passend.
    Berge der Vorwelt Rest vor dem entweihenden Blick!
Ihr nur fehlet, Bewohner, es mangeln die Menschen alleine,
    Alles sonsten ist da, kommet, o! kommet herbey,
Kommet und nehmet Besitz von dem Eigenthum, aber vergeblich!
    In das Leben nicht mehr kehret das Todte zurück.


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