Ludwig I. von Bayern
Gedichte
Ludwig I. von Bayern

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Molo di Gaeta.

IX. Elegie.

Nacht.

Schweigend wird von der friedlichen Nacht die Erde umfangen,
    Einsam weilet der Blick auf der entschlummernden Welt;
Sie entschlummerten auch, all' die Unzähligen, welche
    Einstens gelebet in ihr, kaum daß noch Spuren davon.
Vieles verging und Jedes vergeht, nichts währet auf Erden,
    Alles vertilget die Zeit. Fühle mein künftiges Seyn,
Sehne, ergriffen, zu dir hin, All' umfassendes Ew'ges!
    Friedlich scheint auf das Meer Wehmuth erregender Mond,
Schimmert auf die unendliche Fläche in zahllosen Flimmern,
    Kräuslender Wellen Gespiel nahet sich sanft dem Gestad,
Flüstert hinein in die Stille, im Gleichmaaß nahend und weichend;
    In der ganzen Natur immer ist Ebbe, ist Flut.
Schnelle folgen die Tage, die Menschen, die Reiche einander;
    Schwindet das Einzelne gleich, währet das Ganze dennoch,
Währet und schreitet beständig voran dem Vollkommenen näher,
    Das Vollkommene weilt nie auf der Erde jedoch,
Aber ein Funke der Gottheit lebt die unsterbliche Seele.
    Selige Klarheit bist du, milde Hesperische Nacht!
Naher der ewigen Heimath unter dem südlichen Himmel
    Fühlen wir uns, es verliert da sich in Ahnung der Geist.

Morgen.

Es entstieg in majestätischer Feyer dem Meere
Leuchtend des Tages Gestirn. Wie in dem Anblick des All's
Sehnend bei Nacht ich verweilte, so bey dem Aufgang der Sonne.
Herrlich, o! herrlich bist du, heilige große Natur.
Alles erwachet zu freudig erneuertem glänzendem Leben;
Aufgethan ist mir eine beglückende Welt.
Vor mir liegt die (einst Großgriechenlands) reizende Küste,
Dort ist Parthenope noch, rauchend der alte Vesuv;
Durch die, von der Sonne durchschimmert verklärenden Düfte
Wolkig entsteiget sein Dampf zu dem ätherischen Raum.
Heiterer, kühlender Morgen, es folgt dir Schwüle des Tages,
Fröhlicher Jugend die Last, welche das Alter beschwert.
O! Italien, selber das Irdische scheinet uns irdisch
Nimmer in dir, du stimmst alles zum Heiligen um.
Ja! ich liebe und sehne, ich ahne, ich glaube und liebe;
Hier, hier lebet der Mensch! lebet ein Seliger schon.
Aus der Schönheit der Schöpfung erheben wir uns zu dem Schöpfer,
Staunen und beten ihn an, beten und staunen auf's Neu.
Endlos gleich dem Meere erstrecket vor mir sich die Zukunft,
Trunken wie's Auge, verliert nun sich die Seele entzückt!


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