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Es tönt der Weisheit Stimme auf den Gassen,
Vor allem Volk will sie sich hören lassen:
Wie lang, ihr Thoren, wollt ihr Einfalt lieben?
Zu lang, ihr Spötter, habt ihr Spott getrieben.
Wie lang, ihr Tröpfe, fürchtet ihr das Wissen?
Laßt euch von mir befrein aus Finsternissen.
Mit mir hat Gott die Schöpfung angefangen,
Ich bin zuerst aus ihm hervorgegangen.
Ich ward gebildet vor der Zeit Beginn,
Erst nach mir stellte Gott die Erde hin.
Ich ward geboren vor den Wassertiefen,
Bevor die fluthgefüllten Quellen liefen,
Bevor gelegt der Erde Fundament,
Bevor sich Hügel noch und Thal getrennt,
Bevor aus allen ungezählten Schollen
Zum Erdenrunde Land und Feld geschwollen.
Als Gott die Wölbung auf die Fluth gestellt
Als Himmel, war schon Ich dort ihm gesellt.
Als er vertheilt die lichten Wolken droben,
In ihnen für die Quellen Fluth erhoben,
Als Er das Meer in feste Ränder dämmte
Damit es nicht die Länder überschwämmte;
Als Er der Erde Unterbau gegründet,
War Ich mit ihm als Künstlerin verbündet.
Denn durch die Weisheit hat der Herr gestaltet
Die Erde, und das Himmelszelt entfaltet,
Durch Wissen jenes Wasser angestaut
Das aus dem Schooß der Wolke niederthaut.
Als Lustkind mußt' ich ihm zur Seite bleiben,
Vor seinen Augen meine Spiele treiben.
Nun spiel' ich fort in seinem Weltgebäude
Und an den Menschen hab' ich meine Freude.
Drum hört mich, Söhne, daß euch Segen folgt,
Es ärntet Heil wer meinen Wegen folgt.
Der Perlen Schmuck erreicht den meinen nicht,
Mein Glanz erbleicht vor Edelsteinen nicht.
Denn meine Rechte führt zum langen Leben,
Gold kann die Link' und Ruhmesprangen geben.
Wer Mich erfaßt, der hat die Frucht gepflückt
Vom Lebensbaum, weil meine Zucht beglückt,
Weil Wonnen meinem Weg beschieden sind
Und meine Pfade voll von Frieden sind. |