Wilhelm Jordan
Strophen und Stäbe
Wilhelm Jordan

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Rheinweinlied.

(1863.)

          Rheinwein her, das Herz zu wärmen,
Wann ich trinke will ich schwärmen.
Nur auf deutschen Rebenhügeln
Wächst der Stoff zu Seelenflügeln.
Was ich wünsche will ich hoffen
Und beglückt als eingetroffen.
Wenigstens im Rausch erfahren.
Süße Jugendwiederkehr,
Rheinwein her,
Rheinwein her aus heißen Jahren.

Rheinwein her, doch nicht gemeine
Gläser zu dem Götterweine,
Die auf schwachem Fuße wackeln;
Nein, aus ächten Bacchusfackeln
Leuchte mir der Gluthverströmer;
Holet rheingrün lichte Römer
Drin der Saft voll Sonnenfunken
Wie geschmolzener Smaragd
Lockend lacht;
Römer her, und nun getrunken.

Rheinwein, Frömmling, trink' und lerne
Daß wir auf dem schönsten Sterne
Jetzt im höchsten Himmel schweben,
Jetzt das beste Leben leben.
Trink', und aller deiner Sünden
Ablaß wird sich dir verkünden;
Edler fühlst du, kühner, treuer;
Denn die Seele schlackenrein
Ohne Wein
Glüht des Rheinweins Fegefeuer.

Rheinwein rollt in meinen Adern –
Kann ich mit der Welt noch hadern?
In die Brust strömt heitrer Friede
Und die Kehle drängt's zum Liede.
Mein sein, schönstes Mädchen, mein sein
Mußt du dennoch! Aus dem Rheinwein
Seh ich hold dein Antliz winken,
Dich, dem süßen Sacrament
Immanent,
In mein Herz hinab zu trinken.

Rheinwein her und angestoßen;
Denn es gilt dem einen großen
Starken, freien Vaterlande!
Nieder mit der alten Schande!
Lodern laßt aus jedem Stamme
Himmelhoch die heilge Flamme.
Schürt sie mit der Zwerge Stelzen;
Aus des Schellenbaums Metall
Soll ihr Schwall
Eine große Glocke schmelzen.

Rheinwein her und angeklungen,
Recht gewollt ist halb gelungen.
Unsrer Gläser Klang bedeute
Jenes Festes Vorgeläute
Das die große Glocke krönet
Bis ihr Weltruf weckend dröhnet
Und verkündet allen Landen
Von der Alpen ewgem Schnee
Bis zur See
Daß das Reich nun auferstanden.

Rheinwein her aus heißen Jahren,
Rheinwein soll uns offenbaren
Was wir Bestes in uns tragen
Daß wir's wollen, daß wir's wagen.
Nur auf deutschen Rebenhügeln
Wächst der Stoff zu Seelenflügeln;
Trinken heißt uns edel schwärmen.
Zünde, süßes Traubenblut,
Thatengluth; –
Rheinwein her, das Herz zu wärmen.


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