Horch, Sonntagsglockengeläute
Vom fernen Inselstrand.
Den Fischer mit seiner Beute
Ruft es zurück an's Land.
Die See liegt wie geschliffen
Im hellen Sonnenschein,
Er sieht auf tiefen Riffen
Den kleinsten Kieselstein.
Da streckt der Hummer die Taster
Aus schattigem Hinterhalt,
Da wirbelt der Meeresaster
Lebendige Blumengestalt.
Vergißt er des Glockenklanges?
Sein Ruder sinkt; er lauscht
Was unten im Dickicht des Tanges
Sich regt und leise rauscht.
Zwischen den braunen Fächern
Schimmert es weiß wie ein Kleid.
Ihren feuchten Grottengemächern
Entsteigt die Meeresmaid.
»Du Glücklicher! singt sie, die Sonne
Verlieh dir feuriges Blut:
Mit menschlicher Liebeswonne
Erwärme die Tochter der Fluth.
»Mein Busen ist weicher denn Sammet
Und ist mein Umarmen auch kühl,
Bei keiner der Frauen durchflammet
Dich höheres Wonnegefühl.«
Du willst mich nur bethören
Zu sterben vor der Zeit;
Wie könnt' ich dir gehören,
Du schöne Meeresmaid?
Ich muß die Brust mir schwellen
Mit warmer Sonnenluft;
Dein feuchtes Reich der Wellen
Würde mir zur Gruft.
»Ich lehre dich Athem schöpfen
Auch unten auf tiefem Grund
Wo sich purpurn über den Köpfen
Uns wölbt ein dämmerndes Rund.
»Dort unten ist herrlich schreiten,
Da fühlst du die Schwere kaum.
So laß dich hinunter gleiten
Zu wunderbarem Traum.
»O sieh wie die See krystallen
Auf schimmerndem Grunde lacht;
Da bilden rothe Korallen
Gärten mit Luft von Smaragd.
»Da schwanken lebendige Puppen
Von Glas in schillerndem Schein,
Da blitzt es von silbernen Schuppen
Zwischen den Bäumen von Stein.
»Als Vögel der Tiefe durchschweben
Die Fische den dämmernden Wald
Und holdes harmonisches Beben
Auch unten die Wasser durchschallt.
»Ich singe weit schönere Lieder
Unten in tiefer See;
So komm und steige hernieder
Komm, stille mein Liebesweh.
»Komm, komm und laß mich erwarmen
An dir, – mein Busen ist kühl,
Doch du kostest in meinen Armen
Unsägliches Wonnegefühl.«
Wohl ahn' ich hingerissen
Die wilde Süßigkeit –
Ich darf dich doch nicht küssen,
Du schöne Meeresmaid.
Wie sehr dein süßes Locken
Entzündend mich berauscht –
Den Ton der Sonntagsglocken
Hat mein treues Ohr erlauscht.
Er klingt vom fernen Lande,
Er klingt vom heiligen Ort
Wo mich mit festem Bande
Gebunden mein Manneswort.
Die Orgel hör ich rauschen
Wie damals voll und laut
Und sehe mich wieder tauschen
Den Ring mit meiner Braut.
Da sieh, in reinem Glanze
Am Finger blinkt sein Gold! –
Wie war im Myrthenkranze
Mein Lieb so schön und hold.
Soll ich in wilden Genüssen
Verscherzen die Seeligkeit?
Ich darf dich nimmer küssen,
Du schöne Meeresmaid.
Fliege mein Nachen, fliege,
Trage mich heimathwärts –
Da beugt sie sich über die Wiege
Und drückt mein Kind an's Herz.
Und heller läuten die Glocken
Sein Auge strahlt von Glück.
Die Nixe taucht erschrocken
Und klagend in's Meer zurück. |