Wilhelm Jordan
Strophen und Stäbe
Wilhelm Jordan

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Krimhild.

            Ich lehrte dich kennen
Den Dichterkunstgriff,
Schimmernde Schönheit
Und leuchtendes Leben
Zu leihen den Schatten
Der fernen Vorzeit.
Nun bin ich bange,
Du wirst mir böse
Krimhildens halber.
Denn ich habe gehalten
Was einst ich gelobte:
Dir ewiges Leben
Im Liede zu leihn.
Was Horand dem Harfner
Und Sigfrid dem Helden
Die Seelen bezaubert
Sind Deine Züge.

Doch furchtbar entpuppt sich
Im Purpur der Fürstin,
Im Kriege um Kronen,
In schauerlichem Schicksal
Die holde Krimhilde
Zur schrecklichen Riesin,
Zur Göttin der Rache.

Du Gemüth voll Milde,
Du Seele voll Sanftmuth
Und zarten Zaubers,
Du darfst mir nicht zürnen
Wenn ich zögernd bekenne
Daß doch auch diese
Von mir gemalt ist
Nach deinen Zügen,
Nur in's Große gezeichnet,
Verzerrt ins Grause
Von den wilden Gewalten,
Die, im Busen des Weibes
Einmal entfesselt,
Die Furie formen,
Entsetzlicher wüthen
Und mitleidsloser
Zerstören und martern
Als der Haß und der Hochmuth
Mordender Männer.

Es ist ein Eckchen
In jeglichem Herzen
Der Hölle gehörig.
Da ruht im Keime,
Oft kaum erkennbar,
Der Baum des Bösen.
Ihm läßt ein Leben
In glatten Gleisen
Voll Glück und Liebe
Die Triebkraft vertrocknen
Und nur im Traume
Erwächst zuweilen
Sein wesenlos Wahnbild
Und entsetzt die Seele
Mit flüchtigen Schatten
Der Schuld und des Fluchs.

So dunkle Dinge
Träumtest auch Du schon,
Du Gemüth voll Milde,
Du Seele voll Sanftmuth
Und zarten Zaubers.
Als Herzendurchschauer
Gewahrt' ich die Schatten
Wann dir leichte Launen
Die Lippen umspielten,
Wann kurzes Schmollen
Sie Mir noch schmückte;
Denn wärst du ein Engel,
Das weißt du ja längst schon,
Ich liebte dich nimmer.

Und das ist des Dichters
Göttliche Gabe:
Das leichte Gekräusel
Der blumenumkränzten
Wellen im Weiher
Des friedlichen Gartens
Im Geist zu befreien
Vom bergenden Becken.
Die flimmernde Fläche
Des zitternden Spiegels,
Sie zeigt ihm in Spuren
Die rollenden Wogen
Des rauschenden Weltmeers
Wann die tobende Tiefe
Im Sturm das Gestade
Brandend umbrüllt.

O danke dem Himmel
Dein heiteres Dasein,
Dein lichtes Leben
Voll Glück und Liebe!
Denn strauchelnd umstrickt
Vom Netze der Nornen
Zu so schauerlich großem
Und grausigem Schicksal
Wärest du wahrlich
Ein Weib geworden,
So hold nun dein Herz ist,
Wie meine Krimhilde.

Drum darfst du nicht zürnen
Daß deine Züge
Mir dienten als Muster
Des minnigen Mädchens
Das im Kriege um Kronen,
Im Purpur der Fürstin
Sich furchtbar entpuppte
Zur schrecklichen Riesin,
Zur Göttin der Rache.
Du bleibe das Urbild
Voll blühender Anmuth
Und danke dem Dichter
Der deiner Gestaltung
Unsterbliches Leben
Im Liede verliehn.


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