Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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171.

Leeds, den 14. Januar 1882.

Letzte Woche hatte ich in London mehrere Tage lang Indikatordiagramme von einer unserer größeren Maschinen zu nehmen, die einen »Weltjahrmarkt« elektrisch beleuchtet, das heißt die Kraft zu messen, welche das neue Licht erfordert. Um Mißverständnissen vorzubeugen, sei erwähnt, daß wir mit dem elektrischen Licht selbst nichts zu tun haben, sondern nur die nötigen Dampfmaschinen liefern. Elektrische Lampen gibt es bekanntlich bereits eine große Anzahl. So haben wir in dem »Weltjahrmarkt« der Agrikulturhalle zu Islington das System von Brush, im Savoytheater das von Siemens und Swan, in einer der großen Eisenbahnstationen Londons das von Weston zu versorgen, in der eignen Fabrik Brush. Mit all diesen Herren ist man in fortwährendem Streit hinsichtlich der Kraft, die eine Lampe erfordert. Die Elektriker bemühen sich natürlich, dem Publikum ihr Licht als möglichst billig anzupreisen, und verlangen deshalb verhältnismäßig schwache Maschinen, die sodann über ihre Kräfte angestrengt werden müssen. Das ärgert die Dampfmaschinenbauer und schadet beiden, und so bin ich seit einiger Zeit damit beschäftigt, mit Hilfe genauer Messungen den strittigen Punkt festzustellen.

Es ist eine interessante, wenn auch keine angenehme Arbeit, allein ich vertausche gegenwärtig den Nebel und Rauch von Leeds gern mit dem Rauch und Nebel von London. Meine Verhältnisse in der Fabrik werden fühlbar unangenehmer, und ich fange an, die Ursache zu begreifen. Greigs Jungen sollen so rasch als möglich in Stellungen eingeführt werden, denen sie nicht gewachsen sind. Hierfür muß Platz geschaffen werden, und dies geht nicht anders als durch rücksichtsloses Eingreifen in das Arbeitsfeld der älteren Generation. Über kurz oder lang muß ich mit diesen Verhältnissen rechnen. Den Zweck, den Greig dabei verfolgt, kann man einem Vater nicht gerade verargen. Es war dieselbe Geschichte zu allen Zeiten und ist es in der ganzen Welt. Ärgerlich ist nur, daß Greig, mit dem ich fast zwanzig Jahre lang in Friede und Freundschaft gearbeitet habe, wie vielleicht niemand in seiner Nähe, keinen andern Weg findet, mir dies deutlich zu machen als dadurch, daß er den kleinlichen Schikanen seiner Jungen freies Spiel läßt. Ich überlege mir hin und her, ob ich es zu einem offenen Kampf kommen lassen will, oder ob – aber die Sache will überlegt sein und hat keine Eile.


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