Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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26.

Oxford, den 16. Juli 1870.

Der Altenburger Pflug zieht in regelrechter Arbeit seine Furchen durch den ungarischen Boden. Ich konnte ihn mit einem frohen »Vivat sequens!« verlassen. Auf meiner Rückreise erregten zu Hohenheim meine Vorschläge das erwartete ungeteilte Entsetzen. Der Gedanke, auch der schwäbischen Erde die Wohltaten der Dampfkultur näher zu bringen, wurde mit einer gewissen freudigen Ergebung, wie ein totgeborenes illegitimes Würmchen, alsbald verscharrt. Dafür sah ich meinen alten Freund aus der Berger Zeit, Groß, der hochinteressante Kinderspielwaren in der Form von Pflugmodellen baut, damit eine wachsende Familie ernährt und nicht begreift, wie einer ein Leben, wie das meinige, überlebt. Auch meine liebe Base A. war mit den Hohenheimer Verhandlungen unzufrieden; da sie mich bei Gelegenheit der Dampfpflügerei in Schwaben verheiraten möchte. Mein Schutzengel, der bei Lebzeiten ein alter Junggeselle gewesen sein muß, hat doch höllisch aufzupassen. Aber er hat Charakter und – Erfolg.

In Brüssel erfuhr ich von de Mesnil, daß demnächst die Verträge unterzeichnet werden sollen, wodurch die belgische Touagegesellschaft sich mit einer deutschen Zentralgesellschaft verschmilzt, deren Hauptsitz in Köln sein wird.

Von London konnte ich ohne Aufenthalt nach Oxford gehen, wo die diesjährige Ausstellung der englischen Landwirtschaftsgesellschaft abgehalten wird, um zu sehen, was sie uns Neues bringt. Oxford ist die eigentümlichste und in ihrer Art schönste Stadt Englands. Die Verhältnisse der berühmten Universität, grundverschieden von denen einer deutschen Hochschule, haben sie mit einer Reihe von Palästen geschmückt, welche halb Klöstern, halb Burgen gleichen und von prächtigen Gärten und Parken umgeben sind. In ihrer Nähe finden weder Industrie noch Handel eine Stätte. Sämtliche Aussteller sind entrüstet über die matte, entnervende Luft, die ihnen aus jedem der klösterlichen Winkel entgegenweht. Allerdings sind zurzeit Ferien. Es wäre sonst doch wohl etwas lebendiger.

Nachschrift.

Wie ein Blitzstrahl trifft uns soeben die Nachricht, die ganz Europa durchzittert und vor der alle andern Interessen in nichts verschwinden. Die Abendzeitungen sind voll Entrüstung gegen Frankreich, dem man die Schuld am Ausbruch des Kriegs beimißt. An eine Beteiligung Englands denkt jedoch niemand, selbst wenn Belgien angegriffen würde. Alles ist voll fieberischer Erwartung. Man fühlt in solchen Zeiten, wie selbst menschliche Entschlüsse und Handlungen in der Hand einer zermalmenden Notwendigkeit ruhen, die kein einzelner zu meistern, kaum annähernd voraus zu berechnen vermag. »Scharf und kurz«, ist alles, was man hier von den nächsten Wochen erhofft.


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