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Maraschesti, den 20. Juni 1880.
Am Schluß meines neapolitanischen Aufenthalts überstürzten sich die geschäftlichen Begebnisse und flogen Briefe und Vorschläge, Gegenvorschläge und Vertragsentwürfe in einer Weise hin und her, daß ich nur aus meinen Notizbüchern herausfinde, wem und was ich damals geschrieben und getrieben habe. Und dann kam eine zwar kurze, aber so bunte und bilderreiche Reise, daß ich förmlich verwirrt hier ankam und mir die landwirtschaftliche Stille und die, um mich mild auszudrücken, weniger aufregenden Landschaftsbilder Rumäniens erst nach und nach wieder zu meinem moralischen und physischen Gleichgewicht verhelfen.
Neapel, Rom, Florenz, Venedig, Wien, Pest, Bukarest – ich sollte dies in drei bis vier Tagen hinter mir haben, habe mir aber doch sechsunddreißig Stunden für Rom erlaubt. Was gewiß Hunderte beschrieben haben, die ihr Leben daran rückten, will ich nach einem solchen Sturm nicht mit der Feder berühren. Mein Aufenthalt in der Stadt der Sieben Hügel, währenddessen ich kaum Atem zu holen wagte, um keine Zeit zu verlieren, war ein warnendes Beispiel, wie man das ewige Rom nicht sehen darf, anderseits aber auch ein nachahmenswertes Vorbild, wie man den fliegenden Augenblick am Schopf packen und ihm soviel Haare ausreißen soll als möglich, selbst wenn es ein paar der eignen kostet. Über hundertmal gehörte Strohwahrheiten kommt man allerdings bei dieser Art des Genusses nicht hinaus. Und doch war die Stunde unter dem Riesendom von St. Peter und im vereinsamten Kolosseum, der Blick auf Florenz, die halbstündige Gondelfahrt im Mondschein von Venedig, der kurze Traum im Dunkel der Stephanskirche zu Wien gut, um mir den Kohlen- und Lavastaub aus der Seele zu fegen, den ich vom Vesuv mitgeschleppt hatte.