Max Eyth
Im Strom unsrer Zeit. Zweiter Teil. Wanderjahre
Max Eyth

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161.

Leeds, den 13. April 1881.

Behaglich ist meine Lage derzeit keineswegs; denn ich sitze hübsch zwischen zwei Stühlen. Da vorauszusehen war, daß ich in Rumänien ein paar Wochen Zeit übrig haben würde und Warten in Bukarest dem qualvollsten Müßiggang gleichkommt, sollte ich nach Leeds zurückkehren, um hier verschiedene Kleinigkeiten in Ordnung zu bringen, die nun ins Unabsehbare zu wachsen drohen.

Gleichzeitig scheinen mir auch die Schwierigkeiten im inneren Betrieb der Fabrik zu wachsen. Es ist dies hoffentlich vorübergehend, augenblicklich aber auch für mich fühlbar genug.

Greig, dessen Tatkraft und praktischer Sinn in glänzender Weise sein mangelhaftes technisches Wissen ersetzt, und der tatsächlich die treibende Seele des Geschäfts geworden ist, hat nebenbei das zweifelhafte Glück, sechs Jungen von sehr verschiedenem intellektuellem und moralischem Wert zu besitzen, die allmählich zu Männern heranwachsen. Ich kenne jeden von Kindesbeinen an, und habe sie, wie Naturgewächse, in verschiedenem Grad gern. Das ändert aber an der Tatsache nichts, daß ihre Erziehung höchst mangelhaft ausfiel. Trotzdem ist es das natürliche Bestreben eines Vaters, möglichst für sie zu sorgen, und so werden diese Bursche und Bürschchen nach einem kurzen Aufenthalt in den Werkstätten in Stellungen eingeführt, in denen sie alles mögliche Unheil anrichten können. Die praktische Erziehung, die sie auf diese Weise erhalten, ist für die Fabrik ebenso kostspielig als gefährlich. Aber wer will einen Vater, der nahezu Alleinherrscher an dieser Stelle ist, mit Erfolg darauf aufmerksam machen, daß die Geldfrage noch das wenigste Bedenkliche an der Sache ist?

Auch im fernen Osten geht nicht alles, wie man wünschen möchte. Negropontes und Manos Apparate sind zwar abgegangen, und ein paar Wochen später schickten wir ihnen zwei Dampfpflüger nach – schlichte Yorkshireleute, die sich bis jetzt ausschließlich mit ihrem Provinzialdialekt durchs Leben geschlagen hatten. Aber auf dem Weg blieb der eine, an einer heftigen Lungenentzündung erkrankt, in Wien liegen. Der andre schreibt, daß er seinen Kameraden nicht mehr verlassen könne. Mittlerweile klagen wütende Telegramme aus Rumänien, daß von unsern Leuten nichts auftauche, so daß Fowler aus London schreibt, ich sollte augenblicklich abreisen, um die Rumänen zu beruhigen. Nun hat man mich aber in Leeds derart mit Arbeiten beehrt, die erledigt werden müssen, ehe ich gehe, daß davon keine Rede sein kann. Hätte ich nicht gelernt, auch zwischen zwei Stühlen vorübergehend auf selbstgezimmerten Einbeinen zu sitzen – es wäre zum Aus-der-Haut-Fahren; woran ich allerdings trotzdem öfters denke.


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