Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Jacques Maritain, Du régime temporel et de la liberté.

Paris: Desclée de Brouwer et Cie (1933). X, 272 S.

Eine Auseinandersetzung mit den Schriften von Maritain ist außerhalb des Katholizismus sinnlos. Der Autor schließt sich derart eng an die Gesellschafts- und Geschichtsphilosophie der katholischen Kirche an, daß eine Debatte mit ihm einer mit kirchlichen Autoritäten gleichkommt. Im übrigen verschweigt Maritain nirgends, von diesen und insbesondere von den scholastischen Denkern bestimmt zu sein. Der erste Teil des vorliegenden Buchs »Une philosophie de la liberté« macht sich zur Aufgabe, der moralischen Hierarchie des Katholizismus, an deren Spitze der Heilige steht, im gegenwärtigen gesellschaftlichen Dasein Raum zu schaffen. Der Befreiung durch die Technik wird die Befreiung durch Askese gegenübergestellt. Im ersteren Falle unternimmt der Mensch es, das Naturgeschehen im Sinn der physikalisch-chemischen Gesetzlichkeiten zu beeinflussen; im zweiten Fall ist es sein inneres Universum, dem der Mensch die Gesetzlichkeiten der Vernunft (verbunden mit den Ordnungen der Gnade) auferlegt. Man kann dem Verfasser nicht den Vorwurf machen, daß er die Probleme hinter konzilianten Formulierungen verbirgt. Vielmehr sind Auslassungen wie die folgende für ihn kennzeichnend: »Une cité terrestre capable de mettre à mort pour crime d'hérésie montrait un plus grand souci du bien des âmes et une idée plus haute de la noblesse de la communauté humaine, ainsi centrée sur la vérité, qu'une cité qui ne sait plus châtier que pour des crimes contre les corps; étant supposé qu'on me châtie, on honore plus ma qualité d'homme en me brûlant pour mes idées qu'en me pendant ou guillotinant pour un acte de mes mains.« – Der zweite Teil bringt unter dem Titel »Religion et culture« Ergänzungen des früheren gleichnamigen Buches des Verfassers. Die Frage nach dem konkreten politischen Ideal des katholischen Christen wird aufgeworfen; dieses Ideal wird, mit einer gewissen ideologischen Reserve gegen die kapitalistische Wirtschaftsordnung, vor allem aber mit einer polemischen Wendung gegen den Kommunismus, als das einer inneren Erneuerung gekennzeichnet. – Der dritte Teil des Buches beschäftigt sich mit der dieser Erneuerung entsprechenden Erneuerung der politischen Mittel und einer Kritik der Gewalt. Er enthält eine mit gewissen Einschränkungen versehene Apologie Gandhis und führt auch im übrigen näher als die vorangehenden scholastischen Diskussionen an die gegenwärtige politische Sachlage heran. Maritain muß sich die Schwierigkeiten einer katholischen Renaissance eingestehen: »En fin de compte le vocabulaire chrétien est ainsi devenu pour de vastes portions de la classe ouvrière quelque chose de tellement étranger, que d'engager seulement le dialogue est à présent tout un problème.« Aber, so meint der Autor, zur Zeit der Jungfrau von Orléans war es um die irdischen Dinge auch nicht besser bestellt. Und so darf man auch heute hoffen. »Des saints ... peut-être surgiront au milieu de ces masses.«


 << zurück weiter >>