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Rudolf Meyer, Hecken- und Gartentheater in Deutschland im XVII. und XVIII. Jahrhundert. Emsdetten: Verlags-Anstalt Heinr. u. J. Lechte 1934. VIII, 298 S. (Die Schaubühne. 6.)
Im Jahre 1926 hat Artur Kutscher in der Festschrift »Die Ernte« für Muncker sich mit der Geschichte des Naturtheaters befaßt. Das war einer der ersten Versuche auf diesem abgelegenen Gebiet der Theatergeschichte. Aus Kutschers Schule ist denn auch die neueste Studie aus verwandtem Bereich hervorgegangen.
Die Studie grenzt ihren Gegenstand, das Hecken- und Gartentheater, streng gegen das Naturtheater ab. In dem letzteren, das durch Goethe in Tiefurt verwirklicht wurde, erblickt sie den geschichtlichen Erben des Gartentheaters. In Tiefurt wurde zum ersten Male eine dramatische Handlung »in die freie, zur Bühne erhobene Landschaft« gestellt »und auf die der ungefesselten Natur innewohnenden Kräfte bezogen«. Demgegenüber ist das Gartentheater, wie schon der Name andeutet, in einer disziplinierten Natur zu Hause. Die architektonische Gartenkomposition, die ihre Heimat in Frankreich hat und durch Le Nostre vertreten ist, war der gegebene Rahmen dieser Bühne. Ihre Benutzung stellte gewöhnlich nur einen unter vielen Punkten eines höfischen Festprogramms dar. Der Garten selbst wird im Barock ein Festraum. »Der französische Garten ist ein Palais, das paradoxerweise in Laubwerk, aber nach den Regeln des klassischen Stiles errichtet ist.« In ihm hatte das Gartentheater seinen vorgegebenen Ort, und zwar in der Gestalt eines Bosketts.
»Das Boskett ist ein in sich abgeschlossener Teil des Gartens, nach außen verschlossen und nur durch bestimmte Eingänge zugänglich, in seinem Innern zu einem Saal, einem Labyrinth, einer Grotte, einem Schauraum plastischer Bildwerke ausgestaltet, mit Springbrunnen, Wasserspielen, Figuren und seltenen Pflanzen geschmückt.« Oder in der Sprache der Zeit zu reden: »Solche Lust-Plätze (hier sind Bosketts ganz allgemein gemeint) werden nun größten Theils also formiret/ daß man auf denselbigen alle die jenige Plaisir mit Pancketen/ Täntzen/ Schau- und andern Spielen haben könne/ vor welche in grossen Schlössern auch besondere Säle und Zimmer angeordnet werden. Also werden erstlich rechte Theatra formiret aus geschnittenen Hecken/ damit man auf einer von Rasen gemachten Erhöhung so wohl die Scenen als die Anzieh-Kammern formiret. Gegenüber machet man um einen raumlichen Platz von Rasen übereinander erhöhete Bäncke/ darauf eine gute Zahl Zuschauer sitzen können. Die Herrschafft sitzet alsdann entweder auf dem Platz vor den Zuschauern/ oder nach Belieben und zur Abwechselung hinter denselbigen in besondern Cabinetten/ so aus dern Busch gehauen/ und mit Hecken-Werck zierlich ausgekleidet/ auch mit Oeffnungen gegen dem Theatro versehen werden.« Diese Stelle ist einem der deutschen Theoretiker der Gartenkunst entnommen, nämlich Leonhard Christoph Sturms »Vollständiger Anweisung/ grosser Herren Palläste untadelich/ und nach dem heutigen Gusto anzugeben« (Augsburg 1718). Mit Recht verweist der Verfasser im Zusammenhang der Theoretiker der Gartenkunst auf die Meister der sogenannten »Architektur, die nie gebaut wurde«. In der Tat hätte ein eingehenderer Hinweis auf die Architekturzeichnung, deren Blütezeit wie die der Gartentheater ins Spätbarock fällt, diesem Gegenstand vermutlich neue Aufschlüsse abgewonnen. Den Weg, der da zu beschreiten wäre, hat kürzlich Carl Linfert gewiesen. Carl Linfert, Die Grundlagen der Architekturzeichnung. In: Kunstwissenschaftliche Forschungen. Bd. 1. Berlin 1931. S. 133-246.
Die Beschränkung, die der Verfasser der vorliegenden Schrift in der geistesgeschichtlichen Analyse sich auferlegt, wäre dem Leser vielleicht weniger empfindlich, wenn er sein Buch nicht mit einer Fülle von archivarischem Kleinkram überlastet hätte. Wenn schon die Geschichte der Gartentheater, wie der Verfasser einsichtig feststellt, an dem großen Zusammenhang der Theatergeschichte keinen Teil hat, vielmehr eng mit der Entwicklung des höfischen Schaugepränges verbunden ist, so ist ihr doch mit Exkursen über die hunderte kleiner Dynasten, in deren Herrschaftsbereich Gartentheater entstanden sind, nicht gedient. Der Verfasser versucht den extrem positivistischen Wissenschaftsbegriff, von dem er in diesen Exkursen ausgeht, in einigen einleitenden Absätzen dem Leser näher zu bringen. Er verwahrt sich dagegen, »daß moderne Gesichtspunkte, gesellschaftskritische Ansichten des Tages in vergangene Jahrhunderte ... hineinprojiziert werden«. Er verspricht »alle modernen Vorurteile bei Seite zu lassen«. Aber diese höchst allgemeinen Formulierungen können ein Verfahren nicht decken, das mit den »Vorurteilen« auch Forschungsergebnisse ausscheidet. Wenn der Verfasser z. B. das steinerne Theater im Garten, das Ruinentheater »allein aus antikisierenden Bauvorstellungen, die von einer unhistorisch gerichteten Empfindsamkeit beherrscht werden«, zu erklären sucht, so hätten ihn schon die Feststellungen Borinskis in seinem Werk »Die Antike in Poetik- und Kunsttheorie« über die Bedeutung der Grotte und Ruine im Barock eines Besseren belehren können. Ebensowenig stichhaltig ist der Pragmatismus, der den italienischen Ursprung des Gartentheaters auf die Gunst des südlichen Himmels zurückführt, da doch der Verfasser selber die Feststellung macht, das Gartentheater sei den spanischen Schloßgärten immer fremd geblieben.
Ungeachtet dieser methodischen Fehler, ist die Arbeit durch die Fülle ihrer Nachweise und nicht zuletzt durch den gediegenen bibliographischen Anhang verdienstlich.