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Wie der Schildbube mit dem Essen kam, und seine große Freude, als er Leufried ersah.

Es war in dem Walde einen Roßlauf weit von dem Ort, da Reichard seine Zelle hatte, ein sehr hoher Stein auf einer glatten Säule. Auf denselbigen ward dem Bruder alle Morgen seine genannte Speis gebracht von dem Schildbuben oder einem anderen an dem Hof. Der Stein war oben gemacht wie ein Kasten, darüber man einen anderen, dünnen Stein deckte, damit die Vögel und andere geschwinde Tiere dem Bruder in seiner Abwesenheit die Speise nicht hinwegnehmen möchten. Denn also war die Ordnung, so man den Bruder bei dem Stein nicht fand, legte der das Essen darein, so es darbrachte, und ritt darnach wiederum seine Straße. Es geschah auch oft, daß er das Essen auf zwei Tage zusammenkommen ließ; sodann, der das Essen in den Stein brachte, das alte noch fand, nahm er dasselbige heraus und stellte das frische hinein. Solches geschah allein darum, daß man den Bruder an seiner Andacht und seinem Gebet nicht verhindern sollte.

Reichard samt dem Jüngling gingen zu dem Stein. Leufried aber tat seine Kappe an, damit, so ein anderer dann der Bube käme, er nicht erkannt würde. Sie saßen aber nicht lange bei gemeldetem Stein, da kam der Knabe mit der Speis.

Reichard hat ihn seiner Gewohnheit nach freundlich empfangen und gefragt, was für neues Gespräch zu Hof sei.

»Ich habe«, sagte der Bube, »gute Botschaft gehört; denn ohngefähr in vier Tagen sind meinem Herrn Briefe gekommen von dem teuren Jüngling Leufried, der soll jetzt zu Lissabon sein an des Königs Hof. Denn sein geschworener Bruder Walter hat mir das alles selbst gesagt.«

»Ach«, sagte Reichard, »mein lieber Sohn, dir hab's gesagt, wer da woll, so sag ich dir für eine ganze Wahrheit, daß er zu Lissabon nicht ist, weiß auch kein Mensch in Lissabon, wohin er gekommen sei. Des bin ich gut berichtet; denn sobald Walter und der Bote von Lissabon hinweggeritten sind, ist Leufried an dem Hof verloren worden.«

»Ach, das erbarme Gott«, sagte der Knabe, »so sorge ich, daß er durch heimliche List, so mein Herr auf ihn gemacht, vielleicht gefangen oder aber gar zugrunde gegangen ist.«

Fing damit kläglich an zu weinen.

Als nun Reichard und Leufried sein getreues Herz ersahen, hat der Bruder angefangen und gesagt:

»Die Wahrheit, lieber Sohn, habe ich dir gänzlich gesagt; daß ihm auch also sei, so nimm wahr, hier ist Leufried.«

Damit zog er ihm die Kappe von seinem Haupt. Der Junge vor Freuden nicht mehr auf dem Pferd bleiben mochte, er sprang zur Erden, empfing Leufried mit großen Freuden und sagte:

»O Leufried, sollte meine gnädige Jungfrau jetzund dich so nahe wissen, ich glaube, sie würde aus großer Freude in eine Krankheit fallen; denn ihr Verlangen nach dir ist nicht auszusprechen. Aber ihr Kummer, den sie gehabt, hat sich zum Teil in Trost verwandelt; denn sobald dein Bruder Walter für meinen gnädigen Herrn gekommen und mein Herr deinen Brief gelesen, hat er denselben mit Walter seiner Tochter zugeschickt, damit sie ohne allen Argwohn dich noch im Leben glaube. Es hat auch Walter meine gnädige Jungfrau aller Sachen berichtet, wie ich euch beide bei nächtlicher Weil vor dem mörderischen Verräter gewarnt habe, weshalb mir dann meine Jungfrau von der Stunde an viel Gutes erwiesen hat. So ist auch auf den heutigen Tag alles Hofgesinde in sehr großen Freuden. Das ganze Frauenzimmer ist in großem Jubilieren, dieweil sie dich noch frisch und gesund wissen; denn wir alle in gemeiner Schar haben von deinetwegen großen Kummer und Leid gehabt, jetzund aber wissen sie allesamt deine Wohlfahrt.«

Dieser Rede freute sich Leufried sehr, gab nun auch erst dem Schreiben, so ihm von dem Grafen zugekommen, gänzlichen Glauben. Jedoch beharrte er auf seinem Fürhaben, nicht eher am Hof zu wohnen, er hätte dann zuvor dem König etliche Zeit an seinem Hof gedient. Er bat den Knaben mit allem Ernst, er solle ihn weder gegen Walter noch keinen anderen Menschen vermelden, damit er seinem Fürnehmen desto stattlicher möchte nachkommen. Das versprach ihm der Bube, und wie es ihm Zeit gedeucht, saß er wieder auf sein Pferd und ritt gen Hof; denn es war eben um die Zeit, daß man zu Hof zu Tisch läuten sollte, wie denn Brauch ist.


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