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Wie Florina große Sorge trug, die Liebe ihrer Jungfrau möge an den Tag kommen, und sie mit gar züchtigen Worten strafte.

Da nun Florina mit Angliana in ihr Gemach gekommen war, begann sie je länger, je mehr der Sache nachzudenken.

Diese Veränderung bemerkte Angliana gar bald und sprach zu ihr:

»Meine liebe Florina, meine Vertrauteste unter allen meinen Jungfrauen, was verursacht dich doch auf diesen Tag zu solchem Trauern, da du mich doch nie in größeren Freuden als heute gesehen hast? Weißt du nicht, daß man spricht, mit Betrübten soll man trauern, mit Fröhlichen soll man fröhlich sein? Warum freust du dich denn nicht auch mit mir, da du doch vernommen hast, daß der, den ich vor aller Welt über alle Welt. liebe, mich auch liebt; denn du bist ja zugegen gewesen, da ich ihm und er mir stete und ewige Treue versprochen. Ich habe dich auch allein darum zu mir genommen, daß du diese meine Liebe wissen möchtest und dich mit mir erfreuen, du aber machst mich wahrlich mit deiner bekümmerten Gestalt etwas unmutig, so daß ich gedenke, du trauerst um Leufried, den ich mir als meinen allerliebsten ami (franz.) Freund. erwählt habe.«

Mit diesen Worten beschloß Angliana ihre Rede. Florina seufzte tief und sprach:

»O Jungfrau, das Mißtrauen, das Ihr jetzt in mich habt, trifft mich nicht. Stets bin ich Euch getreu und verschwiegen gewesen, aber ich habe nicht gedacht, daß die Sache so weit kommen sollte, daß Ihr Euch mit Leufried ohne Vorwissen Eures Herrn und Vaters vermählen solltet. Und dies ist allein eine Ursache meines Trauerns, wenn ich bedenke, wie oft ich der Bote zwischen Euch und dem Jüngling gewesen bin, aber Euer beider großer Liebe zueinander ist mir gänzlich verborgen gewesen. Wenn ich auch gleich Euren guten Willen für ihn wohl merkte, so habe ich dessen Grund doch allein in seiner Geschicklichkeit und Treue, Euch zu dienen, gesucht. Sonst hätte ich mich gewiß nimmermehr erboten, Euch einige Botschaften auszurichten. Gedenkt, allerliebste Jungfrau, welch großer Kummer kann mir daraus entspringen, sollte Euer Herr und Vater dergleichen von mir erfahren; ohne Gnade müßte ich den Hof schimpflich verlassen. Ach mir Armen, wie wollte ich dann die Schande gegen meine Eltern verantworten, ich dürfte ihnen gewiß nie wieder unter die Augen treten. Darum habe ich, liebe Jungfrau, nicht wenig Ursache zu trauern, Gott wolle, Leufried wäre von mir nie erkannt gekannt. worden. Daß Ihr aber mich im Verdacht habt, als bewege mich der Verlust des Jünglings zum Unmut, das ist fern von mir; denn ich habe nie eine besondere Holdschaft zu ihm getragen, bin ihm auch nie feind gewesen. Da er mehr als irgendein anderer Jüngling in Euren Gemächern verweilte, uns auch oft mit seinem Wohlsingen und seinem scherzhaften Gespräch die Zeit gekürzt, habe ich ihn fast gern gehört; bin derhalben desto williger gewesen, den Jüngling, so Ihr mir's befohlen, zu berufen, besonders wenn er von fremden Landen zurückkehrte, habe auch ich nie gedacht, daß Ihr anders als ich gegen ihn gesinnt wäret, auch ist keine Jungfrau in Eurer Gesellschaft, der ich des Jünglings halben etwas anderes zugetraut hätte. Darum, liebste Jungfrau, wollet selbst betrachten, ob ich füglich Ursache habe zu trauern oder nicht.«

Angliana empfing aus Florinas Reden einigen Schrecken und fürchtete, sie möge sich von ihr wenden und sie in ihrer Liebe nicht mehr unterstützen, da sie ohne den Dienst der Jungfrau ihrem liebsten Jüngling unmöglich etwas entbieten konnte und sich auch keiner anderen ihrer Jungfrauen zu vertrauen wagte. Sie begann deswegen freundlich zu ihr zu reden und sprach:

»Gehabe dich wohl und sei aller deiner Sorgen los, du meine allergetreuste Florina! Dir soll kein Übel noch Arges jemals daraus entstehen, da noch niemand auf Erden als ich, Leufried und du um diese Liebe weiß. Auch zweifle ich gar nicht, Leufried wird meine Liebe und das treue Versprechen, das ich ihm getan, keinem Menschen offenbaren. Solches bin ich auch von dir gewiß, und sollte ich auch so unglücklich sein, daß mein Vater des Handels inne würde, will ich alles doch dahin spielen, daß du auf keine Art in Verdacht kommen kannst. Nur bitte ich dich, breche deine Treue nicht an mir und bleibe meine getreue Ratgeberin. Sei auch ganz versichert, daß ich mit meiner Gescheitigkeit meinen Vater noch einst dahin bringen will, daß er mir Leufried mit seiner vollen Gunst und aus freundlichem Willen zu einem lieben Gemahl geben soll.«

»Das gebe und schicke Gott«, sagte Florina, »größere Freude könnte mir im Leben nicht werden. Damit aber, liebste Jungfrau, wir nie von falschen Schwätzern vermeldet werden, so vertraut keinem Menschen mehr etwas von dieser Liebe, auch legt Leufried ans Herz, daß er sich Eurer Liebe und Gunst nicht zuviel überhebe, sondern sich nach wie vor gegen alles Hofgesinde freundlich halte. Doch soll er seinen Zutritt, den er stets in das Frauenzimmer gehabt, nicht vermindern, sondern im alten Brauch halten, sonst könnte leicht ein Verdacht kommen, und mir nur allein sollt Ihr Eure Sendungen an ihn vertrauen. So sollt Ihr gewiß sein, daß ich es alle meine Tage nimmer offenbaren will.«

So beredeten sich die zwei Jungfrauen und machten einen festen Anschlag, bei dem es in Zukunft bleiben sollte.


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