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Wie Leufried sich einen Mönchsrock machen ließ und einen künstlichen weißen Bart dann in den Wald des Grafen ritt, sein Pferd bei einem Waldbruder stehenließ.

Nicht lange nach Walters Wegreiten ging Leufried zu einem Gewandschneider und ließ sich eine Kutte und Kapuze machen von wüstem, grobem grauem Kotzentuch. Dann sah er sich nach einem langen künstlichen venedigischen Barte um und ritt mit diesem Tag und Nacht in kurzer Zeit zu dem großen Forste, der nahe bei seines Herrn Schloß lag. In demselbigen Walde wohnte ein frommer Klausner, der vorzeiten der liebste Diener von des Grafen Vater gewesen war, ein freudiger und sehr kühner Held, der in Stürmen und Schlachten viele umgebracht hatte. Einst drückte ihn sein Gewissen, und er meinte, er möge nicht selig werden, wenn er sich nicht von der Welt absondere, klagte das mit weinenden Augen seinem Herrn und meldete ihm seinen Entschluß, in die Wildnis zu gehen. Dem Grafen gefiel sein Willen gar wohl, und er sprach zu ihm:

»Wähle dir eine der zwei reichen und schönen Abteien in meiner Grafschaft, um darin ein Laienbruder zu werden, beide liegen in rauhen und finsteren Wäldern.«

Er antwortete aber:

»Bewahre mich Gott vor dem Klosterleben, welches voll allen Überflusses ist, wie uns der hochgelehrte Bruno von Bamberg in seinem Buch, der Renner genannt (weil er alle Stände der Welt darin durchrennt), gründlich zu verstehen gibt. In diesem Buche habe ich von meinem und aller Reiter und Hofleute Stand wohl gelesen, so daß mich Reiterordens noch Hoflebens nicht mehr gelüstet. So ich mir aber unter zweien eines erwählen sollte, hoffte ich, die Seligkeit eher im Hofleben als im Mönchsleben zu erlangen. Denn ich habe nie anderes bei ihnen gefunden als Ehrgeiz. Ein jeder wollte gern am Brett sein; ist einer Prokurator oder Superior, so sinnt er von Stund an darauf, Prior oder Abt zu werden. Neid und Haß wohnen mit Haufen bei ihnen, ja was ich in der Welt fliehen will, würde ich im Kloster finden. Darum vergönnt mir, in dem großen Forst ein Hüttlein zu bauen, wie ich dann das mit Reis und Laub wohl zu machen weiß.«

Da ließ ihm der Graf im Wald eine Kapelle und ein Bruderhäuslein bauen, ihm auch täglich seine Nahrung vom Hofe zukommen. Zu diesem Bruder kam Leufried des Nachts geritten bei hellem Mond, und es war nicht weit von Mitternacht, als er vor die Zelle kam. Er klopfte züchtiglich an. Der Bruder aber konnte ihn nicht hören; denn er war noch an seinem Gebet in der Kapelle, die stand ein wenig tiefer in den Wald hinein. Die Zelle stand an einem Felsen, daraus ein lustiger Brunnen sprang. Leufried dachte: Ich mag den guten Bruder nicht weiter bemühen, ich will weiter in den Wald hineinreiten zu der Köhlerhütte, vielleicht sind die Köhler in ihr Dorf gegangen, so finde ich doch Stallung und Heu für mein Pferd.

Also trabte er gemachsam durch den Wald. Als er aber nicht lange geritten war, sah er einen hellen Glanz durch die Bäume scheinen, darob er sich nicht wenig verwunderte.

»Nun bin ich«, sagte er, »noch nicht bei der Köhlerhütte; was Feuer oder Licht mir hier entgegenscheint, so hat mich auch niemand können verraten; denn niemand weiß von meinem Anschlag. Sind es aber meines Herrn Diener, welche die Nacht vielleicht auf der Jagd bleiben, wie soll ich mich da verhalten? Es möchten vielleicht etliche unter ihnen sein, so auch ihr Wartgeld Aufpasserlohn. auf mich hätten, daß sie mich erschlagen sollten. Wohlan, es sei, wie es wolle, so muß es gewagt sein.«


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