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Wie Leufried während dem Nachtimbiß von einem Diener des Forstherrn überfallen ward und wie er sich seiner mit großer Not erwehrte und zuletzt doch mit dem Hündlein davonkam.

Es ist von alters her ein Sprichwort: Ein frommer Wirt ist seines Gastes Herrgott, bei einem Schalk findet man ein rauhes Lager. Also geschah auch dem guten Jüngling. Er versah sich keines Argen, sondern glaubte, er hätte einen guten Wirt erlangt, der aber war sein Verräter. Sogleich auf des Wirtes Nachricht sandte der Forstherr einen seiner Diener, und dieser war ein auserlesener, mutwilliger Reiter. Leufried saß an dem Tisch und hatte den Hund bei sich auf der Bank liegen. Der Knecht kam hinein und rief den Hund bei seinem Namen Treu. Der Hund aber wollte nicht von Leufried aufstehen; dies verdroß den Reiter gar hart. Da trat er zu Leufried und sprach ganz hochmütiglich:

»Du elender Jüngling, wie darfst du so frevel sein, meinem Herrn seinen liebsten Hund gewaltsam hinwegzuführen, ich sage dir, es soll dir nimmer guttun. Das bedenke und gib den Hund von dir, wenn du anders deine Haut ganz behalten willst.«

»Guter Gesell«, sprach Leufried, »du beschuldigst mich einer schmählichen Sache, die ich nicht erleiden mag; denn ich habe den Hund nicht mutwillig entführt, sondern er ist mir, als ich mich im Wald verirrt, zugelaufen, hat mich auf den rechten Weg gebracht und ist bei mir geblieben aus freiem Willen, ohne alle Bande und Strick, und läuft ganz frei mit mir.«

»Dafür soll dich alles Übel treffen«, sagte der Reiter, »ich merke wohl, du brauchst Künste mit diesem Hund, die sollen dir zu großem Schaden geraten.« Und mit diesen Worten zückte er seinen Fausthammer und meinte Leufried zu Boden zu schlagen. Der aber war nicht faul, sprang vom Tisch auf, zückte sein gutes Schwert und drang fast sehr hart auf den Reiter, so daß ihm dieser aus seinen Streichen weichen mußte. Da sprang der verräterische Wirt dem Reiter zu und wollte ihn beschützen, aber Leufried drang mit so großem Grimm auf den Wirt ein und schlug ihn mit dem ersten Streich dermaßen auf das Haupt, daß er mit einem lauten Schrei zu Boden sank. Der Reiter war indes entsprungen. Leufried wollte ihm nach, aber er hatte schon sein Roß gefunden und sich von dannen gemacht, im Dorf aber einen solchen Lärm von der Sache angestellt, daß die Bauern alle zusammengelaufen waren. Da Leufried dies sah, gedachte er bei sich selbst: Hier ist nicht lange harren, setzte geschwind zu Pferd und machte sich von dannen; denn er sorgte, hätten ihn die Bauern gefangen, es hätte ihm große Not daraus erwachsen können.

Da nun der Reitknecht ohne den Hund zu seinem Herrn kam, ward dieser sehr zornig über ihn. Der Knecht aber getraute sich nicht zu sagen, wie es ihm eigentlich ergangen war, sonst wäre er in großes Gespött gekommen, darum ließ er alles beim Nächsten bleiben und faßte sich kurz in seiner Erzählung. Dergleichen Eisenbeißer finden sich wohl noch zur Zeit, welche alle Welt in einem Streich vermeinen umzubringen, wenn sie aber ihren Mann vor sich haben, schlagen sie gewöhnlich mit den Fersen drein. So tat dieser Reiter; denn er brauchte seines Pferdes Füße für Harnisch und Wehr. Das bleibe also.

Leufried, der gute Jüngling, war ohne Urlaub seines Wirts davongeritten, hat auch niemanden nach dem nächsten Weg gefragt, doch behalf er sich mit einem Kompaß, den er mit sich führte, daran er ungefähr abnehmen konnte, ob er in der Richtung seiner Heimat reiste. Also ritt er nach seinem Kompaß bis zu einem Brüderhaus, darin war ein alter Bruder, ein frommer und guter, getreuer Mann. Leufried rief mit lauter Stimme vor dem Bruderhäuslein:

»Ist jemand hierin, der tue so freundlich an mir und weise mich auf die rechte Straße; denn ich bin des Weges unerfahren.«

Der Waldbruder kam behend herfür, empfing Leufried gar freundlich, fragte ihn, wohinaus seine Reise ging; des ihn Leufried gründlich berichtete.

»Guter Freund«, sagte der Bruder, »Ihr seid etwas von der Straße geritten. Auch könnt Ihr wahrhaftig in drei Stunden nicht zu einer Herberge gelangen. Darum bitte ich Euch, steigt ab. Ich will Euch einen Bissen Brot und Fleisch, auch einen Trunk frisches Wasser geben, damit Ihr Euch ein wenig erlaben mögt.«

Dies nahm Leufried mit großem Dank an und stieg vom Pferd. Der Bruder deckte ihm ein Tischlein unter einem grünen Baum vor seinem Häuslein und trug gar gutes, wohlschmeckendes Brot und Fleisch auf. So deuchte es Leufried, er hätte seit langem nicht so wohl gezecht; denn es war jetzt über Mittag, und sein Hunger gar groß. Dem Pferd gab der Bruder ein Mäßlein Gerste und bedachte auch das Hündlein wohl. Als Leufried sich so gut ersättigt hatte, fragte er den Waldbruder um seine Zeche, der aber wollte nichts nehmen. Da schenkte ihm Leufried einiges Geld und ritt, nachdem sie sich einander freundlich gegrüßt hatten, des Weges, den ihm der gute Bruder gezeigt hatte.

Wir wollen ihn ruhig vollends heimreiten lassen und jetzt ein wenig sagen von seinem Vater und seiner Mutter, auch von seinem Herrn, dem Kaufmann, der ihn erzogen, wie es ihnen nach Leufrieds Abschied ergangen: denn wir sie schier lange verlassen haben.


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