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Wie Leufried an eines Grafen Hof in die Küche kam und Küchenbube ward, auch wie ihn der Meister Koch sehr liebgewann, weiter von seinem schönen Singen.

Leufried zog mit großem Leid von dannen; denn er wußte wohl, sein Vater und seine Mutter würden ihn mit großem Kummer suchen, wie auch geschah. Seinem Herrn, dem Kaufmann, war auch herzlich leid um den Knaben, besonders als er den Brief in seinem Schulsack fand, wodurch ihm denn alle Hoffnung benommen wurde, daß der Knabe wiederkommen möge. Nicht minder trauerten seine Schulgesellen um ihren König; dies blieb also.

Leufried, der gute Junge, zog so lange, bis er sein bares Geld, das ihm in guten Jahren geworden war, ganz verzehrt hatte. Er war auch gar weit aus dem Land, so daß er hoffen konnte, es werde ihn niemand mehr erfragen. Er kam in eine schöne Stadt, darin ein mächtiges Schloß war, da hielt ein Graf Hof. Leufried dachte in seinem Sinn, möchte mir das Glück soviel Gnad verleihen, daß ich auf das Schloß an Hof kommen möchte, ich wollt mich ganz muckerlich fleißig. halten, damit ich mit der Zeit ein reisiger berittener, tapferer. Knecht werden möchte. In solchen Gedanken ging er für die Pforte des Schlosses.

Nun war kurz vorher dem Meister Koch ein Küchenbube entlaufen. Sobald Leufried vor die Pforte kam, klopfte er an, fragte den Pförtner, ob man keines jungen Knaben in dem Schloß bedürfe. Der Pförtner gab ihm gute Antwort, sagte ihm, er solle eine Weile warten, er wolle ihn dem Koch ansagen. Dann kam er wieder mitsamt dem Koch. Sobald dieser aber Leufried ersehen, sagte er: »Lieber Sohn, ich sorge, du seist mir zu jung, sonst wollte ich's mit dir wagen.«

»Lieber Meister«, sagte Leufried, »Ihr sollt Euch meine Jugend und kleine Person nicht irren lassen, ich will Eure Befehle so tapfer ausrichten, als sei ich gleichwohl noch so groß.«

Der Koch verwunderte sich ob der klugen Rede des Jungen, nahm ihn bei der Hand und führte ihn in die Küche. Darin übte sich Leufried gar tapferlich; denn alles, was ihm sein Meister unter die Hand gab, griff er so frisch an, als wenn er all seine Tage dabeigewesen wäre. Auch sang er so fröhlich zu seiner Arbeit, daß er allen die Zeit kürzte, welche um ihn waren. Sein Meister gewann ihn lieb und wert, nicht weniger alles Hofgesinde.

Wenn er nun zur Sommerszeit seine Geschäfte nach dem Abendmahl verrichtet hatte, war es seine Gewohnheit, hinten am Schloß in einem schönen Garten ein oder zwei Liedlein mit heller Stimme zu singen, welchem Gesang jedermann fleißig zuhorchte; denn Leufried, der Jüngling, hatte eine gar liebliche und süße Stimme.

Der Graf hatte eine schöne Tochter mit Namen Angliana. Die hatte ihr Zimmer hinten am Schloß, darin lebten bei ihr viel schöne Jungfrauen, welche ihr als einer Meisterin aller Zucht und Höflichkeit zugesellt waren; denn ihre selige Mutter hatte sie in allem wohl unterrichtet. Sie hatte den Preis aller künstlichen Arbeiten, als im Sticken, Stricken, Nähen oder was nur in Seide und Gold kann gebildet werden, und übertraf wohl die Arachne, welche sich unterstand, mit der Pallas um die Wette zu wirken; mit Gesang und Saitenspiel, Lauten und Harfen wäre sie der Sappho selbst nicht gewichen. Sie war auch mit jedermann freundlich und gegen alles Hofgesinde sanftmütig. Da, wie gesagt, die Fenster ihres Gemaches in jenen Garten gingen, so hatte sie nicht wenig Freude von des Jünglings Gesang; der Graf aber konnte ihn in seinem Gemach nicht hören.

Dies ging so den Sommer fort, bis jetzt der Herbst vergangen und der trübe Winter mit seinen dicken und schwarztrüben Wolken daherzog. Da ward Leufried nicht mehr in dem Garten gehört. Wenn aber das Hofgesinde Winterszeit in den Stuben Kurzweil trieb, brachten sie Leufried stets mit guten Worten dahin, daß er seine Stimme hören ließ, woran dann sein Meister Koch eine große Freude hatte. So kam Leufried in solchen Verkehr mit den Hofleuten, daß sie ihm viel und mancherlei Reiterliedlein zustellten; auch fing er den Winter bereits selbst an, künstliche kunstvolle. Texte und Liedlein zu dichten, hatte auch außerhalb seines Geschäftes kein anderes Sinnen noch andere Gedanken. Man hatte ihn so lieb, daß ein jeder um ihn sein wollte, und es ward ihm von den jungen Edelleuten manch gutes Geschenk gemacht, daß er in kurzem zu schönen Mitteln kam. Wenn ihm dann etwas verehrt ward von Gold oder Geld, gab er es allemal seinem Meister aufzubewahren, und wenn er genug zusammengebracht, ließ er sich schöne Kleider machen, so daß er neben seiner Hofkleidung sehr köstliche und schöne Kleider immer erhielt. Dies bleibe jetzt also, ferner wollen wir sagen, was sich weiter mit Leufried begeben hat.


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