Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Nicht lang darnach kam Neidelhart
Und klagt dem Helden, er wer hart
Durch teglich Arbeit worden schwach.
Bat in darauf, daß er all Sach
Die Nacht wollt han in gůter Acht
Und nach Notdurft bestellen die Wacht
Allenthalb in dem ganzen Heer,
Besetzen die Tor und die Weer.
Sprach: »Ich will mich schlafen legen
Und meiner Rů ein klein pflegen.
Die nechst künftige Nacht will ich
Wider wachen auch fleißiglich.«
Der Held der saget im das zů,
Er sollt sich legen an sein Rů
Und alle Sorg lassen faren,
Dann er keinen Fleiß wollt sparen.
Zů diser Wacht rust sich der Held.
Nun hett Neidelhart vorhin bestellt
Etlich Fůßknecht mit argem Wan,
Die auf den Helden sollten gan
Und seiner Person gůt haben acht,
Tragen gespannt Armbrost auf der Wacht.
Erschussen si den Held zů Tod,
So wollt er in vil Guldein rot
Geben. Die Knecht sagten das zu,
Neidelhart lag an seiner Ru.
Als nun die finster Nacht her gieng,
Der Held treulich wachen anfieng,
Besichtiget all Ort gar wol,
Wie dann ein Wachtmeister tun soll,
Ob ein jeder hielt sein Bescheid,
Damit niemands widerfür Leid.
Zům letzten kam er an ein Ort,
Da stůnden etlich Fůßknecht dort.
Alsbald sie den Held vernamen,
Schlůgen sie von Stund zůsammen
Mit einem übergroßen Bracht.
Teurdank in im selber gedacht:
Ich můß besehen, was das müg sein;
Ich glaub, die Bůben sein voll Wein.
Mit demselben lief er si an,
Fand si mit gespannten Armbrosten stan
Mit irem aufgelegten Pfeil.
Der Held der kam auf si mit Eil;
Si wollten gleich geschossen han,
Da übereilt si der teur Mann,
Underlief in alle ir Wer,
Daß si die nit mochten brauchen mer,
Stillet dardurch alles Geschrei
Und des Neidelharts Verretrei.
Des Morgens, als es Tage ward,
Da kam der untreu Neidelhart,
Erschrak darab von Herzen fast,
Daß er Teurdank, den edlen Gast,
Frisch und ganz gesund vor im sach.
Seim Herzen leiders nie geschach,
Redt heimlichen mit im selber:
Was Gelück mag doch neur han der!
Dann all mein Anschlegen und List
Er mir allzeit zů geschickt ist.
Gieng darauf zů dem Helden drat,
Ein gůten Morgen er im bat,
Fragt in aus seinem falschen Mund,
Wie es umb alle Sachen stund.
Der Held antwort: »Es ist noch gůt,
Dieweil mich Gott helt in seiner Hut;
Aber heint giengs mir übel hie.«
Neidelhart sprach: »Mein Herr, als wie?«
Teurdank saget im alle Sach,
Was im wer beschenen an der Wach,
Daß ers übereilt hett allsambt
Und ir Weer gerissen aus der Hand.
Neidelhart stellt sich mit Gefer,
Als erschreck er ab der Sach seer,
Fing an und zum Held also sprach:
»Ich will sie strafen umb die Sach
Und sie martern lassen fürwar
So lang, bis ich von in erfar,
Warumb si solchs haben getan.«
Damit er tet zů den Knechten gan,
Mit Zorn heimlich er zů in sprach:
»Wie habt Ir so heilos in der Sach
Gehandelt?« Antwort im der ein:
»Herr, auf meinen Eid ich vermein,
Gott der habs wellen haben nit,
Dann ich seiner Kunft mit Verdrieß bit,
Noch so hat mich die Nacht geblendt,
Daß ich in zůerst nit hab kennt.«
Der ein sprach: »Mein Büchs nit lan wollt,
Als sie billich tan haben sollt.
Indem übereilt uns der Herr,
Daß unser keinr kam zů der Weer,
Und mûßten all sein gefangen.
Also ist es uns ergangen.«
Neidelhart kam wider zum Held,
Sprach: »Herr, die Knecht haben erzelt
Mir bei irem geschwornen Eid
Den Grund der Sach und die Warheit,
Daß si haben Euch erkennt nit.
Ist drauf ir undertenig Bitt,
Ir wellt in geben Gnad und Huld,
Si bekennen gen Euch ir Schuld.«
Teurdank der begnad si von Stund,
Sprach: »Secht, daß si des nimmer tunt!«