Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

(37) Wie auf den edlen Teurdank am Gembsenjeid ein
großer Stein gieng, der im seinen Hůt vom Haubt schlůg.

Unfallo sprach: »Ich weiß ein Ort,
Lieber Herr, glaubet meinem Wort,
Daselbs ist ein lüstig Gejeid.
Wo Ir dann wert darzů bereit
Und wollt Euch noch baß probiren,
Ich ließe Euch dahin füeren,
Daselbst Ir fast ein große Schar
Der Gembsen werdt finden furwar.«
Teurdank dem Held gefiel die Sach,
Unfallo zů eim Bauren sprach:
»Nimm zů dir den Gesellen dein,
Den du weißt verschwigen zů sein,
Und wartet oben an der Spitz
Auf disem Berg und brauchet Witz,
Dergestalt, wann Ir sehet gan
Teurdank, disen teurlichen Mann,
So werfet herab große Stein
Auf denselben Helden allein.
Welcher in dann wurfet zů Tod,
Dem will ich vil der Gulden rot
Geben für sein verdienten Lon.«
Der Baur sprach: »Herr, wir wellen hon
In den Sachen recht gůten Fleiß.«
Ein Gembsjeger den Helden weis
An das Gebürg. Alsbald er ging
Auf halben Weg, und sich anfing
Erstlichen das rechte Gejeid,
Merkten die zwen auf iren Bescheid
Und ließen über des Fels Wand
Der Bauren ein jeder zůhand
Ein großen Stein laufen daher.
Derselben einer mit Gefer
Den teuren Held, das edl Blůet,
Traf und schlůg im seinen Hůet
Vom Kopf und in die Erd ein Loch.
Der ander Stein felet sein felet sein: verfehlte ihn., doch
Trafe er den Gembsjegersknecht
Mit vollem Laufen also recht,
Daß er zu der Erd strauchen tet,
Gar nahend er im den Tod hett
Gebracht. Der Held bald merket das,
Darumb im aus dem Gebürg was
Gach zu steigen herab darvon,
Dann er merket wol, daß zů gon
Denselbigen Tag was mißlich.
Desgeleichen der Jeger sich
Darin auch nicht lang saumen tet,
Wiewol er großes Gelück hett,
Daß er sich nit fiel hinab zů Tod.
Als si nun kamen aus der Not,
Wurden si bed schon empfangen.
»Herr, wie hat es Euch ergangen,«
Sprach Unfallo, »auf dem Gejeid?«
Teurdank sprach: »Ein gůten Bescheid
Weiß ich Euch darvon zů geben.
All mein Tag ist mir mein Leben
Nie also in großer Gefar
Gestanden als heut. Glaubt fürwar,
Ein Stein der traf den Jeger, daß
Er vor Amacht Amacht: Ohnmacht. darnider saß.
Der ander schlůg mir ab mein Hůet;
Gott mich desselben Tags behůet;
Als ich das merkt, trat ich herab.«
Unfallo im drauf Antwort gab:
»Herr, das wer mir von Herzen leid,
Sollt Euch etwas auf disem Jeid
Widerwertigs begegnet sein.«
Darneben hett er Angst und Pein,
Daß er in sach frisch und gesund.
Sein List er wol verbergen kunnt,
Gab aus falschem Sinn gůte Wort,
Die waren Gift und tödlich Mord.
Teurdank im solchs nicht vertrauet.
Darneben der Unfallo schauet,
Wie er doch mocht dem teuren Mann
Etwo legen einen Spott an.
Darnach stund seines Herzen Gir,
Wie Ir dann hinfüran von mir
Werdt vernemen in diser Schrift,
Was er für Bosheit hat gestift.


 << zurück weiter >>