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§ 1. Von den Ideen sind einige klar und deutlich, andere dunkel und verworren. – Nachdem ich den Ursprung unserer Ideen gezeigt, über ihre verschiedenen Arten einen Überblick genommen, den Unterschied zwischen den einfachen und den zusammengesetzten betrachtet und bemerkt habe, wie die zusammengesetzten in Modi, Substanzen und Relationen zerfallen, was alles – meine ich – notwendig von jemandem gethan werden muß, der sich gründlich damit bekannt machen will, wie der Geist bei seiner Auffassung und Erkenntnis der Dinge vorgeht, wird man vielleicht denken, daß ich lange genug bei der Prüfung der Ideen verweilt habe. Gleichwohl muß ich um die Erlaubnis bitten, noch einige weitere Betrachtungen über dieselben darzubieten. Die erste ist, daß einige klar und andere dunkel, einige deutlich und andere verworren sind.
§ 2. Erläuterung des Unterschiedes von klar und dunkel mit Hilfe des Gesichtssinnes. – Da die geistige Wahrnehmung sich am füglichsten durch Wörter ausdrücken läßt, die sich auf den Gesichtssinn beziehen, so werden wir am besten verstehen, was unter Klarheit und Dunkelheit unserer Ideen gemeint ist, wenn wir darauf reflektieren, was wir an Gegenständen des Gesichtssinnes klar und dunkel nennen. Da das Licht uns sichtbare Gegenstände offenbar macht, so bezeichnen wir als dunkel das, was nicht Licht genug empfängt, um uns die an ihm wahrnehmbaren und bei besserer Beleuchtung zu unterscheidenden Umrisse und Farben bis ins kleinste hinein offenbar werden zu lassen. Ebenso sind unsere einfachen Ideen klar, wenn sie solcher Art sind, wie die Objekte selbst, von denen sie herrühren, bei guter Beschaffenheit unserer Sinnes- oder Wahrnehmungsorgane sie liefern oder liefern können. Solange das Gedächtnis sie ebenso festhält, und dem Geiste jedesmal, wenn dieser Gelegenheit zu ihrer Betrachtung findet, vergegenwärtigen kann, sind sie klare Ideen. Soweit ihnen entweder von der ursprünglichen Genauigkeit irgend etwas fehlt, oder sie von ihrer ersten Frische etwas verloren haben und gleichsam mit der Zeit verblaßt oder unrein geworden sind, soweit sind sie dunkel. Da komplexe Ideen aus einfachen gebildet werden, so sind sie klar, wenn die in ihrer Zusammensetzung begriffenen Ideen klar sind, und die Anzahl und Ordnung der einfachen zu einer komplexen gehörigen Ideen bestimmt und sicher ist.
§ 3. Ursachen der Dunkelheit. – Die Ursachen der Dunkelheit scheinen bei einfachen Ideen entweder Stumpfheit der Organe, oder Schwäche und Flüchtigkeit der von den Objekten gemachten Eindrücke, oder aber eine Schwäche des Gedächtnisses zu sein, das sie nicht so, wie sie empfangen wurden, festhalten kann. Denn, – um nochmals auf sichtbare Objekte zurückzukommen, damit sie uns diesen Gegenstand zu begreifen helfen, – wenn die Wahrnehmungsorgane oder Vermögen wie von der Kälte allzuhart gewordenes Wachs den Eindruck des Siegels bei gewöhnlicher Stärke des Druckes nicht annehmen wollen, Die Konstruktion des Satzes ist mangelhaft, indem die Verba: will not receive und will not hold grammatisch mit den Substantiven the organs or faculties of perception verbunden werden müssen, während sie dem Sinne nach zu wax gehören. oder wie Wachs bei zu großer Erweichung ihn ungeachtet des richtigen Druckes nicht behalten, Die Konstruktion des Satzes ist mangelhaft, indem die Verba: will not receive und will not hold grammatisch mit den Substantiven the organs or faculties of perception verbunden werden müssen, während sie dem Sinne nach zu wax gehören. oder aber wenn das Wachs zwar die geeignete Temperatur hat, das Siegel jedoch nicht mit hinlänglicher Kraft gehandhabt wird um einen deutlichen Eindruck hervorzubringen: in jedem dieser Fälle wird der von dem Siegel hinterlassene Eindruck dunkel sein. Ich denke es bedarf keiner Anwendung dieses Bildes um es klar zu machen.
§ 4. Was deutlich und verworren heißt. – Wie die Idee klar ist, wovon der Geist eine so vollständige und augenscheinliche Wahrnehmung hat, wie er von einem äußeren Objekt empfängt, was auf ein wohlbeschaffenes Organ gehörig einwirkt, so ist die Idee deutlich, deren Unterschied von allen anderen der Geist wahrnimmt, und verworren ist eine solche Idee, die sich nicht genügend von einer anderen unterscheiden läßt, von der sie doch verschieden sein sollte.
§ 5. Ein Einwurf. – Wenn nur eine solche Idee verworren ist, die sich nicht genügend von einer anderen unterscheiden läßt, von der sie verschieden sein sollte, dann wird es schwer halten, – mag vielleicht jemand sagen, – irgendwo eine verworrene Idee aufzufinden. Denn eine Idee möge beschaffen sein, wie sie wolle, so kann sie doch nicht anders sein, als wie der Geist sie ausgefaßt hat, und eben diese Auffassung unterscheidet sie hinlänglich von allen anderen Ideen, die nicht andere, d. h. verschieden, sein können, ohne als solche erkannt zu sein. Keine Idee kann also von einer anderen, von der sie verschieden sein sollte, ununterscheidbar sein, es sei denn, man wollte, daß sie sich von sich selber unterscheiden solle; denn von allen andern ist sie augenscheinlich verschieden.
§ 6. Verworren sind die Ideen mit Rücksicht auf ihre Namen. – Um diese Schwierigkeit zu beseitigen, und uns zum richtigen Verständnis dessen zu verhelfen, was die Verwirrung verursacht, die den Ideen irgendwann zur Last gelegt werden kann, müssen wir erwägen, daß Dinge, die unter verschiedenen Namen aufgeführt werden, für hinlänglich verschieden gelten, um unterschieden zu werden, so daß jede Art mit ihrem besonderen Namen bezeichnet und bei jeder Gelegenheit besonders erörtert werden mag; und nichts ist einleuchtender, als daß von dem größten Teile verschiedener Namen angenommen wird, er bedeute verschiedene Dinge. Da nun jede unserer Ideen augenscheinlich mit sich selber identisch, und von allen anderen Ideen außer ihr selbst verschieden ist, so liegt die Ursache, die sie verworren macht, darin, wenn sie noch durch einen anderen Namen als den für sie gebrauchten ebensogut bezeichnet werden kann, indem der Unterschied, der die (diesen beiden verschiedenen Namen unterzuordnenden ) Dinge auseinander hält, und einige von ihnen eher dem einen, andere eher dem anderen dieser Namen zuweist, beiseite gelassen wird, und so die Unterscheidung ganz verloren geht, die durch diese verschiedenen Namen aufrecht erhalten werden sollte.
§ 7. Die Fehler, wodurch Verwirrung entsteht. – Die Fehler, die gewöhnlich den Anlaß zu dieser Verwirrung geben, sind, wie ich glaube, hauptsächlich folgende:
I. Die Bildung von zusammengesetzten Ideen aus zu wenig einfachen. – Erstens, wenn eine komplexe Idee (denn die komplexen Ideen sind der Verworrenheit am meisten ausgesetzt) aus einer zu geringen Anzahl einfacher Ideen und nur aus solchen gebildet ist, die sie mit anderen Dingen gemein hat, wobei die Unterschiede, die ihr einen Anspruch auf einen besonderen Namen geben, ausgelassen werden. Wer z. B. eine Idee hat, die nur aus den einfachen Ideen eines gefleckten Tieres besteht, der hat nur eine verworrene Idee von einem Leoparden, indem sie dadurch von einem Luchs und manchen anderen Arten gefleckter Tiere nicht hinlänglich unterschieden ist. So daß eine solche Idee, obgleich sie den eigentümlichen Namen »Leopard« führt, von den mit den Namen »Luchs« oder »Panther« bezeichneten nicht unterscheidbar ist, und ebensogut unter den Namen »Luchs« wie unter den Namen »Leopard« fallen kann. Wie viel die Gewohnheit, Wörter durch allgemeine Ausdrücke zu definieren, dazu beiträgt, die Ideen, die wir vermittelst ihrer bezeichnen wollen, verworren und unbestimmt zu machen, überlasse ich der Erwägung anderer. So viel ist klar, daß verworrene Ideen den Sprachgebrauch unsicher machen, und den Vorteil bestimmter Namen verschwinden lassen. Wenn die Ideen, wofür wir verschiedene Ausdrücke gebrauchen, nicht ihren besonderen Namen entsprechende Unterschiede haben, und mithin durch jene nicht unterschieden werden können, dann sind sie in Wahrheit verworren.
§ 8. II. Oder das unordentliche Zusammenwerfen der einfachen Ideen. – Zweitens, ein anderer Fehler, der unsere Ideen verworren macht, besteht darin, daß die Einzelheiten, die eine Idee ausmachen, wenn sie auch der Anzahl nach genügen, doch in der Art durcheinander geworfen sind, daß man nicht leicht unterscheiden kann, ob die Idee dem ihr gegebenen Namen eher angehört als irgend einem anderen. Nichts ist besser geeignet, uns diese Verworrenheit begreiflich zu machen, als eine Art von Gemälden, die gewöhnlich als überraschende Kunststücke gezeigt werden, worin die Farben, so wie sie mit dem Pinsel auf die Tafel selbst aufgetragen sind, höchst seltsame und ungewöhnliche Figuren darbieten, und in ihrer Stellung keinerlei Ordnung erkennen lassen. Diese so aus Teilen ohne sichtbare Symmetrie oder Ordnung hergestellte Zeichnung ist an und für sich nicht mehr etwas Verworrenes als das Gemälde eines bewölkten Himmels, was doch niemand für ein verworrenes Bild hält, obgleich darin ebensowenig eine Ordnung der Farben oder Figuren zu finden ist. Worin liegt denn der Grund davon, daß jene als verworren erscheint, wenn der Mangel an Symmetrie dies nicht bewirkt? wie er es offenbar nicht thut, denn eine zweite Zeichnung, die lediglich als Kopie der ersten angefertigt würde, könnte nicht verworren genannt werden. Meine Antwort ist: sie erscheint deshalb als verworren, weil ihr ein Name beigelegt wird, wozu sie ebensowenig erkennbar paßt, wie zu irgend welchem anderen; z. B. wenn gesagt wird, sie sei das Bild eines Menschen oder Cäsars, dann hält jedermann sie mit Recht für verworren, weil aus ihrer Beschaffenheit nicht erkennbar ist, daß sie besser zu dem Namen Mensch oder Cäsar paßt als zu dem Namen Pavian oder Pompejus, unter denen man andere Ideen versteht, als die mit Mensch oder Cäsar bezeichneten. Wenn aber ein cylindrischer Spiegel in richtiger Stellung jene unregelmäßigen Striche auf der Tafel in die gehörige Ordnung und ihr rechtes Verhältnis gebracht hat, dann hört die Verwirrung auf, und das Auge sieht sofort, daß sie einen Menschen oder Cäsar darstellen, d. h. daß sie zu diesen Namen passen, und von einem Pavian oder Pompejus, d. h. von den mit diesen Namen bezeichneten Ideen, hinlänglich unterscheidbar sind. Gerade ebenso steht es mit unseren Ideen, die gleichsam Bilder von Dingen sind. Keine dieser Zeichnungen des Geistes, wie auch ihre Teile zusammengesetzt sein mögen, kann verworren genannt werden (denn sie sind deutlich erkennbar so, wie sie sind), bevor sie irgend einem geläufigen Namen untergeordnet wird, dem sie, soweit sich erkennen läßt, nicht mehr angehört wie irgend einem anderen Namen von anerkanntermaßen verschiedener Bedeutung.
§ 9. III. Oder ihre Veränderlichkeit und Unbestimmtheit. – Ein dritter Mangel, der unseren Ideen häufig die Bezeichnung als verworren zuzieht, besteht darin, daß eine von ihnen unsicher und unbestimmt ist. So können wir Leute treffen, die mit dem Gebrauch der gewöhnlichen Wörter ihrer Sprache nicht warten, bis sie deren genaue Bedeutung kennen gelernt haben, und die Idee, wofür sie diesen oder jenen Ausdruck anwenden, fast so oft wechseln, wie sie ihn benutzen. Wer dies jedesmal, wenn er an eins von beiden denkt, aus Ungewißheit darüber thut, was er aus seiner Idee von Kirche oder Götzendienst weglassen oder darin einschließen soll, und nicht an irgend einer genauen Kombination von dazu gehörigen Ideen beständig festhält, von dem sagt man, daß er eine verworrene Idee vom Götzendienst oder von der Kirche habe; obgleich dies noch aus demselben Grunde geschieht, wie in dem vorigen Falle, nämlich weil eine veränderliche Idee (wenn wir sie als eine Idee gelten lassen wollen) nicht einem Namen mehr angehören kann, als einem anderen, und so die Bestimmtheit einbüßt, zu deren Bezeichnung unterschiedene Namen dienen.
§ 10. Ohne Bezug auf Namen lassen sich verworrene Ideen kaum denken. – Aus dem Gesagten läßt sich erkennen, wie sehr Namen, die für beständige Zeichen von Dingen gelten, und durch ihren Unterschied an sich verschiedene Dinge vorstellen und auseinanderhalten sollen, durch eine verborgene und unbemerkte Beziehung, worin der Geist seine Ideen zu ihnen setzt, Gelegenheit dazu bieten, Ideen für deutlich oder verworren zu erklären. Dies wird vielleicht vollständiger verstanden werden, nachdem das, was ich im dritten Buche über die Wörter sagen werde, gelesen und erwogen sein wird. Ohne Beachtung solch einer Beziehung von Ideen auf verschiedene Namen als Zeichen verschiedener Dinge, wird es jedoch schwer sein zu sagen, was eine verworrene Idee ist. Und deshalb ist, wenn jemand eine Art von Dingen oder ein einzelnes von allen anderen verschiedenes Ding durch irgend einen Namen bezeichnet, die komplexe Idee, die er mit diesem Namen verbindet, um so deutlicher, je mehr die Ideen, woraus sie gebildet wird, ins einzelne gehen, und je größer und bestimmter deren Anzahl und Ordnung ist. Denn, je mehr sie von diesen enthält, um so mehr wahrnehmbare Unterschiede hat sie auch, wodurch sie von allen zu anderen Namen gehörigen Ideen, auch den ihr zunächst liegenden, gesondert und getrennt gehalten wird, und das dient zur Verhütung jeder Vermengung mit ihnen.
§ 11. Eine Verwirrung betrifft immer zwei Ideen. – Da die Verwirrung es schwierig macht, zwei Dinge, die getrennt bleiben sollten, auseinander zu halten, so betrifft sie immer zwei Ideen und vorzugsweise solche, die einander sehr nahe stehen. Wenn wir deshalb vermuten, daß eine Idee verworren sei, so müssen wir immer prüfen, mit welcher anderen sie Gefahr läuft vermengt zu werden, oder von welcher sie sich nicht leicht sondern läßt; und als solche wird sich immer eine Idee finden, die zu einem anderen Namen gehört, mithin ein anderes Ding sein sollte, wovon jene jedoch nicht hinlänglich unterschieden ist, indem sie entweder damit identisch oder ein Teil davon ist, oder wenigstens ebensogut mit diesem Namen belegt werden kann, wie die andere demselben untergeordnet wird, und somit von dieser anderen Idee nicht in dem Maße verschieden ist, wie die verschiedenen Namen andeuten.
§ 12. Die Ursachen der Verwirrung. – Das ist, wie ich meine die den Ideen eigentümliche Verworrenheit, die immer eine verborgene Beziehung auf Namen mit sich führt. Wenigstens ist, wenn es noch eine andere Verworrenheit der Ideen giebt, diese die, wodurch am meisten Unordnung in den Gedanken und Reden der Menschen entsteht, indem es meistens die unter Namen eingeordneten Ideen sind, worüber die Menschen für sich selber nachdenken, und immer die, worüber sie sich mit anderen unterreden. Und deshalb bleibt da, wo man glaubt es mit zwei durch verschiedene Namen bezeichneten verschiedenen Ideen zu thun zu haben, diese aber sich nicht ebensogut unterscheiden lassen wie die Laute, die sie vertreten, eine Verwirrung niemals aus, während überall, wo irgend welche Ideen ebenso unterschieden sind wie die Ideen der beiden Laute, womit sie bezeichnet werden, keine Verwirrung zwischen ihnen entstehen kann. Das Mittel, dieser vorzubeugen, ist, so genau wie möglich in einer komplexen Idee alle Bestandteile gesammelt zu vereinigen, wodurch sie sich von anderen unterscheidet, und auf die in so bestimmter Anzahl und Ordnung vereinigten beständig denselben Namen anzuwenden. Da dies aber weder zu der Bequemlichkeit oder der Eitelkeit der Menschen paßt, noch irgend einem andern Zwecke dient als dem der nackten Wahrheit, die nicht immer als Ziel ins Auge gefaßt wird, so bildet eine solche Genauigkeit eher einen Gegenstand des Wunsches als der Hoffnung. Und weil die schwankende Anwendung von Namen auf unbestimmte, veränderliche und fast überhaupt keine Ideen sowohl zur Verhüllung unserer Unwissenheit wie auch dazu dient, andere in Verlegenheit und Verwirrung zu bringen, was für Gelehrsamkeit und überlegene Einsicht gilt, so ist es kein Wunder, daß die meisten Menschen sich selbst ihrer bedienen, während sie sich darüber beklagen, wenn es von anderen geschieht. Obwohl ich aber glaube, daß kein geringer Teil der in den Begriffen der Menschen bemerkbaren Verwirrung sich durch Sorgfalt und scharfes Denken vermeiden ließe, bin ich doch weit davon entfernt, sie überall für absichtlich zu halten. Manche Ideen sind so verwickelt und aus so vielen Teilen zusammengesetzt, daß das Gedächtnis nicht leicht gerade genau dieselbe Kombination einfacher Ideen unter einem Namen behält, und noch viel weniger sind wir imstande, stets genau zu erraten, für welche komplexe Idee jemand anders einen gewissen Namen zu gebrauchen pflegt. Aus dem ersten dieser Umstände ergiebt sich Verwirrung in dem eigenen innern Denken und Meinen eines Menschen; aus dem letzteren häufige Verwirrung in der Unterredung und Diskussion mit anderen. Da ich jedoch im folgenden Buche ausführlicher über die Wörter, ihre Mängel und Mißbräuche gehandelt habe, so werde ich hier nicht mehr davon sagen.
§ 13. Zusammengesetzte Ideen können zum Teil deutlich, und zum Teil verworren sein. – Da unsere komplexen Ideen aus Sammlungen und somit einer Mannigfaltigkeit von einfachen gebildet sind, so können sie demgemäß sehr klar und deutlich in einem Teile und sehr dunkel und verworren in einem anderen sein. Jemand, der von einem Chiliaedron oder einem Körper von tausend Seiten spricht, mag von dessen Figur nur eine sehr verworrene Idee haben, obgleich die der (Seiten-)Zahl sehr deutlich ist, so daß er, weil er über den von der Zahl 1000 abhängigen Teil seiner komplexen Idee zu reden und zu demonstrieren vermag, zu dem Glauben geneigt ist, daß er eine deutliche Idee von einem Chiliaeder habe, obwohl er offenbar von dessen Figur keine hinlänglich deutliche Idee hat, um es danach von einem Körper mit nur 999 Seiten zu unterscheiden. Daß dies unbemerkt bleibt, verursacht nicht geringe Irrtümer in den Gedanken der Menschen und Verwirrung in ihren Reden.
§ 14. Wenn hierauf nicht geachtet wird, so entsteht Verwirrung in unseren Schlußfolgerungen. – Wer von der Figur eines Chiliaeders eine deutliche Idee zu haben glaubt, der möge zur Probe ein anderes Stück desselben gleichförmigen Stoffes – z. B. Gold oder Wachs – von gleicher Größe nehmen und ihm eine Figur von 999 Seiten geben, dann wird er, wie ich nicht bezweifle, imstande sein, diese beiden Ideen durch die Anzahl der Seiten voneinander zu unterscheiden und mit Bezug auf sie deutliche Folgerungen und Beweise aufzustellen, so lange er seine Gedanken und Schlüsse auf den Teil jener Ideen beschränkt, der mit der Seitenzahl gegeben ist, wie z. B. daß die Seiten der einen sich in zwei der Zahl nach gleiche Hälften teilen ließen, die der anderen dagegen nicht. Wenn er sie aber nach ihrer Figur zu unterscheiden versucht, so wird er dabei sofort in Verlegenheit geraten, und, glaube ich, nicht imstande sein, bloß nach den Figuren dieser beiden Stücke Gold in seinem Geiste zwei voneinander unterschiedene Ideen zu gestalten, wie er könnte, wenn von denselben Stücken Gold das eine in eine kubische, das andere in eine fünfseitige Figur gebracht wären. Bei solchen unvollständigen Ideen sind wir sehr zu Selbsttäuschungen und zu Streit mit anderen geneigt, namentlich wenn sie eigentümliche und geläufige Namen haben. Denn da wir bezüglich des Teiles der Idee, der uns klar ist, zweifelsfrei sind, und der uns geläufige Name auf die ganze mit Einschluß des unvollkommenen und dunklen Teiles angewandt wird, so sind wir geneigt, ihn für den verworrenen Teil zu gebrauchen, und aus ihm für den dunklen Teil seiner Bedeutung ebenso zuversichtlich Folgerungen abzuleiten, wie wir das aus dem anderen Teile thun.
§ 15. Die Ewigkeit als Beispiel. – Da wir den Namen »Ewigkeit« häufig im Munde führen, so sind wir geneigt zu denken, daß wir eine positive erschöpfende Idee von ihr haben, was soviel sagen will, als daß es keinen Teil jener Dauer giebt, der nicht deutlich in unserer Idee enthalten wäre. Allerdings mag, wer so denkt, eine klare Idee der Dauer haben; er mag auch eine klare Idee von einer sehr großen Länge der Dauer haben; er mag auch eine klare Idee von der Vergleichung dieser großen Länge mit einer noch größeren haben; da es ihm aber nicht möglich ist, in seine Idee von irgend welcher Dauer, sie möge so groß sein, wie sie wolle, den ganzen Umfang einer Dauer einzuschließen, die er als endlos betrachtet, so ist der Teil seiner Idee, die immer noch jenseits der Grenzen jener langen Dauer liegt, die er sich vorstellt, sehr dunkel und unbestimmt. Und daher kommt es, daß wir bei Erörterungen und Schlußfolgerungen über die Ewigkeit oder sonst etwas Unendliches so leicht grobe Fehler machen und uns in offenbare Absurditäten verwickeln.
§ 16. Die Teilbarkeit der Materie. – Bei der Materie haben wir eine klare Idee von der Kleinheit ihrer Teile nicht weit über die kleinsten hinaus, die für einen unserer Sinne vorkommen, und wenn wir deshalb über die Teilbarkeit der Materie in infinitum reden, so haben wir zwar klare Ideen von Teilung und Teilbarkeit, und haben auch von den durch Teilung aus einem Ganzen gebildeten Teilen klare Ideen, aber wir haben nur sehr dunkle und verworrene Ideen von Molekülen oder kleinsten Körperchen, die noch weiter geteilt werden sollen, wenn sie durch frühere Teilungen schon auf eine Kleinheit reduziert sind, die weit über die Wahrnehmung irgend eines von unseren Sinnen hinausgeht; somit haben wir klare und deutliche Ideen nur davon, was Teilung im allgemeinen oder in abstracto ist, und von dem Verhältnis eines Ganzen und seiner Teile zu einander, aber von der Größe eines Körpers, der nach einer bestimmten Progression ins Unendliche geteilt sein soll, haben wir, glaube ich, überhaupt keine klare oder deutliche Idee. Denn ich frage, ob jemand, wenn er das kleinste Staubatom nimmt, was er jemals gesehen hat, die Idee des hunderttausendsten und des millionsten Teiles desselben voneinander unterscheiden kann (abgesehen von der Zahl, die mit der Ausdehnung nichts gemein hat)? oder, falls er glaubt, daß er seine Ideen bis zu diesem Grade verfeinern kann, ohne sie aus dem Gesichte zu verlieren, dann möge er einer jeden von diesen Zahlen noch zehn Nullen hinzufügen. Einen solchen Grad der Kleinheit anzunehmen, ist nicht unvernünftig, weil eine soweit fortgesetzte Teilung ihn dem Ziele der unendlichen Teilung nicht näher bringt, als die erste Teilung in zwei Hälften. Für meinen Teil muß ich gestehen, daß ich von der verschiedenen Größe oder Ausdehnung solcher Körper keine klar unterschiedenen Ideen, vielmehr von einem jeden von ihnen nur eine sehr dunkle habe. Wenn wir deshalb von einer Teilung der Körper ins Unendliche sprechen, so meine ich, daß unsere Idee von der Verschiedenheit ihrer Größen, die das Subjekt und die Grundlage der Teilung ist, schon nach einem geringen Vorwärtsgehen verworren zu werden anfängt, und sich fast im Dunkel verliert. Denn eine Idee, die nur die Größe darstellen soll, muß sehr dunkel und verworren sein, wenn wir sie nur mit Hilfe der Zahl von einer anderen zehnmal so großen unterscheiden können, so daß wir sagen dürfen, wir haben klar unterschiedene Ideen von zehn und eins, aber keine unterschiedenen Ideen von zwei solchen räumlichen Größen. Daraus erhellt, daß, wenn wir von einer unendlichen Teilbarkeit der Materie oder der Ausdehnung sprechen, wir nur von Zahlen unterschiedene und klare Ideen haben, wogegen die klar unterschiedenen Ideen der Ausdehnung nach einem gewissen Fortschritt der Teilung ganz verloren gehen, und wir von solchen kleinsten Teilchen überhaupt keine deutlichen Ideen haben, vielmehr wie bei allen unseren Ideen von etwas Unendlichem schließlich auf die der stets vermehrbaren Zahl zurückkommen, ohne dadurch jemals zu einer deutlichen Idee von aktuell unendlich kleinen Teilen gelangen zu können. Wir haben allerdings eine klare Idee von der Teilung, so oft wir daran denken, aber dadurch erlangen wir ebensowenig eine klare Idee von unendlich kleinen Teilen der Materie, wie wir eine klare Idee von einer unendlich großen Zahl dadurch erlangen, daß wir stets imstande sind, zu irgend welcher uns gegebenen Zahl immer noch neue Zahlen hinzuzufügen; denn die endlose Teilbarkeit giebt uns ebensowenig eine klare und deutliche Idee von aktuell unendlich kleinen Teilen, wie die endlose Vermehrbarkeit (Addibilität, wenn ich so sagen darf) uns eine klare und deutliche Idee von einer aktuell unendlich großen Zahl giebt, indem beide nur in dem Vermögen bestehen, die Zahl, wie groß sie auch schon sein möge, immer noch weiter zu vermehren; so daß wir von dem, was noch hinzugefügt werden kann (und darin besteht die Unendlichkeit), nur eine dunkle, unvollkommene und verworrene Idee haben, woraus oder worüber wir ebensowenig mit Sicherheit oder Klarheit Schlüsse ziehen oder Untersuchungen anstellen können, wie in der Arithmetik über eine Zahl, wovon wir keine solche deutliche Idee haben wie von 4 oder 100, sondern nur die relative und dunkle, daß sie, mit irgend einer anderen verglichen, immer noch größer sei; und wir haben ebensowenig eine klare und positive Idee derselben, wenn wir sagen oder uns denken, sie sei größer oder mehr als 400 ,000 ,000, als wenn wir sagen würden, sie sei größer als 40 oder 4; weil 400 ,000 ,000 zu dem Ende der Addition oder der Zahl in keinem näheren Verhältnis steht als 4. Denn, wer nur 4 zu 4 hinzulegt und so weiter geht, wird ebensobald an das Ende aller Addition gelangen wie der, welcher 400 ,000 ,000 zu 400 ,000 ,000 hinzufügt. Und gleichermaßen hat bei der Ewigkeit eine positive vollständige Idee von ihr ebensowohl der, welcher nur von vier Jahren eine Idee hat, wie der, welcher eine von 400 ,000 ,000 Jahren hat, denn, was über eine jede von diesen beiden Zahlen hinaus von der Ewigkeit übrigbleibt, ist dem einen so klar wie dem anderen, d. h. keiner von beiden hat davon überhaupt irgend eine klare positive Idee. Denn wer nur vier Jahre zu vieren hinzufügt u. s. w., wird ebensofrüh zur Ewigkeit gelangen wie der, welcher 400 ,000 ,000 Jahre hinzufügt u. s. w., oder, wenn es ihm gefällt, den Zuwachs, so oft er will, verdoppelt, indem der übrigbleibende Abgrund immer ebensoweit über das Ende aller dieser Progressionen hinausreicht, wie über die Länge eines Tages oder einer Stunde; denn nichts Endliches läßt sich zu dem Unendlichen in irgend ein Verhältnis setzen, und das gilt deshalb auch von unseren Ideen, die alle endlich sind. Ebenso verhält es sich mit unserer Idee der Ausdehnung, sowohl wenn wir sie durch Hinzufügung vergrößern, wie wenn wir sie durch Teilung verkleinern, und unsere Gedanken bis zum unendlichen Raume erweitern wollen. Nach einigen wenigen Verdoppelungen der größten Ideen von Ausdehnung, die wir gewöhnlich haben, verlieren wir die klar unterschiedene Idee eines solchen Raumes; sie wird zu einer verworren großen mit einem Überschuß von noch mehr Größe, und wenn wir hierüber argumentieren oder diskutieren wollen, so geraten wir stets in Verlegenheit, weil verworrene Ideen, wenn wir aus ihrem verworrenen Teile Gründe entnehmen und Schlüsse ziehen wollen, uns stets in Verwirrung bringen.