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Vierundzwanzigstes Kapitel.
Über kollektive Ideen von Substanzen.

§ 1. Eine Idee. – Außer diesen zusammengesetzten Ideen von verschiedenen einzelnen Substanzen, wie vom Menschen, Pferde, Golde, Veilchen, Apfel etc. besitzt der Geist auch komplexe Sammelideen von Substanzen, die ich so nenne, weil solche Ideen aus vielen einzelnen als in eine Idee vereinigt zusammen betrachteten Substanzen gebildet sind, und die so verbunden als eine einzige angesehen werden; z. B. die Idee einer solchen Ansammlung von Männern, daß sie eine Armee bilden, ist, obgleich sie aus einer großen Anzahl unterschiedener Substanzen besteht, ebensogut eine Idee wie die eines Mannes, und die große mit dem Namen »Welt« bezeichnete Sammelidee aller Körper, die es giebt, ist ebensogut eine Idee wie die Idee irgend eines kleinsten Stoffteilchens in ihr, indem es für die Einheit einer Idee genügt, daß sie als eine Darstellung oder ein Gemälde betrachtet wird, mag dies auch aus noch so vielen Einzelheiten zusammengesetzt sein.

§ 2. Durch das Vermögen der Zusammensetzung im Geiste gebildet. – Diese kollektiven Ideen von Substanzen bildet der Geist ( mind) durch sein Vermögen der Zusammensetzung, indem er entweder einfache oder komplexe Ideen getrennt D. h. so, daß trotz ihrer Vereinigung und in derselben jede eine besonders für sich bestehende Idee bleibt. Vielleicht ist jedoch several statt severally zu lesen, und zu übersetzen: »indem er mehrere entweder einfache oder komplexe Ideen zu einer vereinigt.« zu einer vereinigt, wie er durch dasselbe Vermögen die komplexen Ideen einzelner Substanzen bildet, die aus einem Aggregat verschiedener in einer Substanz vereinigten einfachen Ideen bestehen; und wie der Geist, indem er die wiederholten Ideen der Einheit zusammenfügt, den kollektiven Modus oder die komplexe Idee irgend einer Zahl, z. B. eines Schocks oder eines Großes etc. bildet, ebenso bildet er durch Zusammenfügung verschiedener einzelnen Substanzen kollektive Ideen von Substanzen, z. B. ein Trupp, eine Armee, ein Schwarm, eine Stadt, eine Flotte, die – wie man finden wird – jedermann seinem eigenen Geiste durch eine Idee als einen Anblick darstellt, und so unter dieser Vorstellung jene verschiedenen Dinge als völlig eins wie ein Schiff oder ein Atom betrachtet. Auch ist es nicht schwerer zu begreifen, wie eine Armee von 10000 Mann als wie ein Mensch eine Idee ausmachen soll, da es für den Geist ebensoleicht ist, die Idee einer großen Anzahl von Menschen in eine zu vereinigen und sie als eine zu betrachten, wie alle die verschiedenen Ideen, die die Komposition eines Menschen ausmachen, in eine einzelne zu vereinigen, und sie alle zusammen als eine anzusehen.

§ 3. Alle künstlich gebildeten Gegenstände sind kollektive Ideen. – Zu dieser Klasse der kollektiven Ideen gehören größtenteils die künstlich gebildeten Gegenstände, wenigstens solche unter ihnen, die aus verschiedenen Substanzen zusammengesetzt sind; und in der That, wenn wir alle diese kollektiven Ideen, wie Armee, Sternbild, Weltall, recht betrachten, wie sie zu ebensovielen einzelnen Ideen vereinigt sind, so sind sie nur die künstlichen Zeichnungen des Geistes, der weit voneinander entfernte und wechselseitig unabhängige Dinge in eine Gesichtslinie bringt, um sie besser betrachten und über sie verhandeln zu können, wenn sie in einen Begriff zusammengefaßt und mit einem Namen bezeichnet sind; denn es giebt keine so entfernte oder so entgegengesetzte Dinge, daß der Geist sie nicht durch diese Kunst der Zusammenfügung in eine Idee bringen könnte, wie an der mit dem Namen »Weltall« bezeichneten ersichtlich ist.


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