Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Vierzehntes Kapitel.
Über die Dauer und deren einfache Modi.

§ 1. Die Dauer ist verfliegende Ausdehnung. – Es giebt eine andere Art des Abstandes oder der Länge, deren Idee wir nicht von den bleibenden Teilen des Raumes erhalten, sondern von den verfliegenden und beständig untergehenden Teilen der Succession; diese nennen wir Dauer, deren einfache Modi in ihren verschiedenen Längen bestehen, wovon wir bestimmte Ideen haben, wie Stunden, Tage, Jahre etc., Zeit und Ewigkeit.

§ 2. Ihre Idee entsteht aus der Reflexion auf den Zug unserer Ideen. – Die Antwort eines großen Mannes an jemand, der ihn fragte, was die Zeit sei: » si non rogas, intelligo« (was so viel sagt wie: »je mehr ich mich darauf lege, über sie nachzudenken, um so weniger verstehe ich sie«), könnte uns davon überzeugen, daß die Zeit, die alle Dinge enthüllt, sich selbst nicht entdecken läßt. Von der Dauer, der Zeit und der Ewigkeit denkt man nicht ohne Grund, daß etwas sehr Abstruses in ihrer Natur liege. Die Schwierigkeit auf die Frage, was die Zeit sei, eine Antwort zu geben, entspringt aus dem Vorurteil, daß sie etwas außerhalb unseres Bewußtseins und unabhängig von demselben Bestehendes sein müsse. Daß dies ein Irrtum sei, ist jedoch für die Zeit leichter einzusehen, als für den Raum. Denn wäre die Zeit etwas transcendent Reales, dann würde die Vergangenheit nicht, wie im Bewußtsein, ein regressus in infinitum, sondern ein progressus ex infinito mit der Gegenwart als jeweiligem Endpunkt sein. Das aber wäre eine vollendete Unendlichkeit, d. h. ein sich selbst widersprechender Begriff, der nichts Reales bedeuten kann. Locke hat deshalb ganz recht, wenn er die Reflexion auf den Zug der Ideen durch unser Bewußtsein als Quelle der Zeitvorstellung bezeichnet, und etwas anderes sagen auch Kants Definitionen nicht, daß die Zeit die Form der inneren Anschauung oder des inneren Sinnes sei. Genauer als beide Ausdrucksweisen wäre es aber, die Zeit als Form unserer Erinnerung zu bezeichnen, während der Raum die Form unserer Sinneswahrnehmung ist. Wahrnehmung und Erinnerung sind die beiden Grundthatsachen des Bewußtseins, für die sich keine weitere Erklärung oder Ableitung aus etwas Voraufgehendem geben läßt. In beiden ist die subjektive Funktion mit dem objektiven Inhalt ursprünglich so eng und unmittelbar verbunden, daß man nicht jener einen transcendentalen Ursprung a priori, und diesem einen transcendenten a posteriori zuschreiben darf. Abstrahiert man von den Unterschieden des mannigfachen und wechselnden Inhalts beider, so bleiben als leere Formen für die Sinneswahrnehmung der Raum, für die Erinnerung die Zeit zurück, die beide Produkte des abstrakten Denkens sind. Das Eigentümliche der Erinnerung besteht nun aber darin (und dies tritt in Lockes Ausführungen über die »Dauer« nicht genügend hervor), daß die »verfliegenden« ( fleeting) Ideen trotz ihres Verschwindens als Wahrnehmungen doch als Vorstellungen im Bewußtsein gegenwärtig bleiben, und zwar mit dem Stempel der Vergangenheit und des früher oder später Dagewesenseins versehen. Hieraus entsteht die Zeitvorstellung, die sich bloß durch die Betrachtung des Zuges der flüchtigen Ideen ohne Erinnerung nicht bilden könnte. Die Vergangenheit ist allein die wirkliche (mit Erinnerungen erfüllte) Zeit; die Gegenwart nur deren jeweiliger Endpunkt, wo neue Wahrnehmungen sich aufdrängen, um, als solche verschwindend, in das Reich der Erinnerungen überzugehen; die Zukunft nur die Voraussicht der stetigen Zunahme der Vergangenheit. Unsere Sinne liefern uns (scheinbar wenigstens) das Rohmaterial der äußeren Wahrnehmungen, während die Erinnerung die Wahrnehmungen (innere wie äußere) als gegeben voraussetzt, darum ist es nicht passend, die Zeit als Form des inneren Sinnes (statt der Erinnerung) zu bezeichnen, insofern hierunter nur die Fähigkeit verstanden wird, unsere Vorstellungen, Gedanken, Gefühle etc. – überhaupt alle Bewußtseinserscheinungen, die nicht außerhalb unseres Gehirns lokalisiert sind – als einzelne Existenzen aufzufassen. Denn die bloße Auffassung oder Wahrnehmung dieser Erscheinungen führt uns nicht schon deshalb, weil sie unräumlich sind, zum Begriff der Zeit, vielmehr werden sie gerade ebenso wie die äußeren Sinneswahrnehmungen erst durch die zu der Auffassung hinzutretende Erinnerung zu etwas in der Zeit Existierendem, und es liegt um so weniger Grund dazu vor, die Bewußtseinsform der Zeit speciell und ausschließlich aus dem inneren Sinn herzuleiten, als die Erinnerung im allgemeinen für die äußeren oder räumlichen Wahrnehmungen lebhafter, deutlicher und fester ist als für die inneren oder unräumlichen. Ist aber der Ausdruck »Form des inneren Sinnes« unpassend, so ist es nicht minder der Ausdruck »Form der inneren Anschauung«, denn »Anschauung« bezeichnet eigentlich die Wahrnehmung durch den Gesichtssinn, und der metaphorische Gebrauch dieses Wortes hier erklärt sich nur daraus, daß an die Stelle der Erinnerung ein »innerer Sinn« gesetzt worden ist. Wie weit dieselben aber auch davon entfernt scheinen mögen, für uns begreiflich zu sein, so zweifle ich doch nicht daran, daß, wenn wir ihre Spur bis zu ihrem Ursprunge recht verfolgen, die eine der beiden Quellen alles unseres Wissens, nämlich der Sinneswahrnehmung und der Selbstbeobachtung, imstande sein werde, uns diese Idee ebenso klar und deutlich zu liefern, wie viele andere, die für weit weniger dunkel gelten, und wir finden werden, daß selbst die Idee der Ewigkeit aus demselben gemeinsamen Ursprung mit unseren übrigen Ideen herrührt.

§ 3. Um Zeit und Ewigkeit recht zu verstehen, müssen wir mit Aufmerksamkeit untersuchen, welche Idee wir von der Dauer haben, und wie wir dazu gelangt sind. Jedem, der bloß beobachten will, was in seinem eigenen Geiste vor sich geht, wird es einleuchtend, daß, so lange er wachend ist, in seinem Bewußtsein ein Zug von Ideen stattfindet, die beständig aufeinander folgen. Die Reflexion auf diese Erscheinungen verschiedener Ideen, einer nach der anderen, in unserm Bewußtsein liefert uns die Idee der Succession, und den Abstand zwischen irgend welchen Teilen dieser Succession oder zwischen der Erscheinung von irgend welchen zwei Ideen in unserem Bewußtsein nennen wir Dauer; denn während wir denken, oder während wir nacheinander verschiedene Ideen in unser Bewußtsein aufnehmen, wissen wir, daß wir existieren, und so nennen wir das mit der Succession irgend welcher Ideen in unserem Bewußtsein gleiches Maß haltende Dasein (oder die Fortsetzung des Daseins) unserer selbst oder von irgend etwas anderem, unsere eigene Dauer oder die Dauer von etwas anderem mit unserm Denken zugleich Bestehenden.

§ 4. Daß wir unsere Vorstellung von Succession und Dauer aus dieser Quelle gewonnen haben, nämlich aus der Reflexion auf den Zug der Ideen, die wir eine nach der anderen in unserm Bewußtsein auftreten sehen, scheint mir klar, indem wir die Dauer nicht anders wahrnehmen als durch Betrachtung des Zuges der Ideen, die der Reihe nach vor unserem Verstande erscheinen. Wenn diese Succession von Ideen aufhört, so hört unsere Wahrnehmung der Dauer damit ebenfalls auf, was jedermann während eines gesunden Schlafes deutlich an sich selber erfährt, mag er eine Stunde oder einen Tag, einen Monat oder ein Jahr dauern; von dieser Dauer der Dinge, während er schläft oder nicht denkt, hat er durchaus keine Wahrnehmung, vielmehr ist sie für ihn ganz verloren gegangen, und zwischen dem Augenblick, in dem sein Denken aufhörte, und dem Augenblick, in dem es wieder begann, scheint ihm nichts mitten inne zu liegen. Und ebenso würde es ohne Zweifel einem Wachenden ergehen, wenn es ihm möglich wäre, nur eine einzige Idee in seinem Geiste festzuhalten ohne Abwechselung und Succession anderer; auch sehen wir, daß jemand, der seine Gedanken mit großer Spannung auf einen Gegenstand richtet, so daß er auf die Succession der sein Bewußtsein durchlaufenden Ideen nur wenig achtet, während er von dieser ernsten Erwägung in Anspruch genommen ist, einen guten Teil ihrer Dauer nicht in Rechnung zieht, und die Zeit für kürzer hält, als sie war. Wenn aber der Schlaf gewöhnlich durch einen Abstand getrennte Teile der Dauer vereinigt, so geschieht das, weil während der Zwischenzeit keine Succession von Ideen in unserem Bewußtsein stattfindet; denn wenn jemand während des Schlafes träumt, und sich eine Mannigfaltigkeit von Ideen, eine nach der anderen, in seinem Geiste bemerkbar macht, so hat er während eines solchen Traumzustandes eine Wahrnehmung der Dauer und ihrer Länge, wodurch es für mich sehr einleuchtend wird, daß die Menschen ihre Ideen der Dauer von ihren Reflexionen auf den Zug der Ideen ableiten, deren Aufeinanderfolge in ihrem Bewußtsein sie beobachten, und daß sie ohne diese Beobachtung keine Vorstellung der Dauer haben könnten, was auch immer in der Welt vorgehen möchte.

§ 5. Die Idee der Dauer leidet, während wir schlafen, auf die Dinge Anwendung. – Allerdings kann jemand, der aus der Reflexion auf die Succession und die Anzahl seiner eigenen Gedanken die Vorstellung oder Idee der Dauer gewonnen hat, diese Vorstellung auf Dinge anwenden, die, während er nicht denkt, existieren, ebenso wie der, welcher durch sein Gesicht oder den Tastsinn von Körpern die Idee der Ausdehnung gewonnen hat, diese auf Entfernungen anwenden kann, in denen kein Körper sichtbar oder fühlbar ist; und deshalb kann jemand, obgleich er keine Wahrnehmung von der Länge der Dauer hat, die, während er schlief oder nicht dachte, vergangen ist, doch weil er den Wechsel der Tage und Nächte beobachtet, und die Länge ihrer Dauer anscheinend regelmäßig und sich gleich bleibend gefunden hat, auf Grund der Annahme, daß der Wechsel, während er schlief oder nicht dachte, auf dieselbe Weise vor sich gegangen ist, wie er zu anderen Zeiten stattzufinden pflegte: deshalb kann jemand, sage ich, die Länge der Dauer, während er schlief, sich vorstellen und berücksichtigen. Wenn aber Adam und Eva (als sie allein in der Welt waren Es soll wohl heißen: als sie eben erst geschaffen waren.) anstatt ihres gewöhnlichen nächtlichen Schlafes ganze 24 Stunden in ununterbrochenem Schlafe zugebracht hätten, so wäre die Dauer dieser 24 Stunden unwiderruflich für sie verloren gegangen und in ihrer Zeitrechnung für immer ausgefallen.

§ 6. Die Idee der Succession ist nicht von der Bewegung abstrahiert. – Durch Reflexion auf das nacheinander Erscheinen verschiedener Ideen in unserem Bewußtsein erwerben wir somit die Vorstellung der Succession: und wenn jemand meinen sollte, daß wir diese vielmehr aus unserer Beobachtung der Bewegung vermittelst unserer Sinne erhielten, so wird er vielleicht meiner Ansicht werden, wenn er erwägt, daß auch die Bewegung in seinem Geiste eine Idee von Succession auf keine andere Weise hervorbringt, als indem sie dort einen fortdauernden Zug unterscheidbarer Ideen veranlaßt; denn jemand, der einen sich tatsächlich bewegenden Körper betrachtet, nimmt doch überhaupt keine Bewegung wahr, wenn diese nicht einen beständigen Zug successiver Ideen hervorruft; z. B. ein Schiffer, der an einem schönen Tage außerhalb der Sehweite des Landes von einer Windstille befallen ist, mag eine ganze Stunde lang auf die Sonne, die See oder das Schiff blicken, und an keinem von diesen irgend eine Bewegung wahrnehmen, obgleich es gewiß ist, daß zwei davon und vielleicht alle drei sich während jener Zeit um eine bedeutende Strecke fortbewegt haben. Sobald er aber bemerkt, daß eins von ihnen seinen Abstand von irgend einem anderen Körper verändert hat, sobald diese Bewegung irgend welche neue Idee in ihm hervorbringt, alsdann bemerkt er, daß eine Bewegung stattgefunden hat. Immer aber, wenn jemand, in dessen Umgebung alle Dinge stillstehen, so daß er gar keine Bewegung wahrnimmt, während dieser Stunde der Ruhe nachgedacht hat, wird er die mannigfachen Ideen seiner eigenen Gedanken in seinem eigenen Sinne eine nach der anderen haben erscheinen sehen, und dadurch Succession beobachten und entdecken, wo er keine Bewegung erkennen konnte.

§ 7. Und darin liegt, denke ich, der Grund, weshalb sehr langsame Bewegungen, obgleich sie fortdauernd stattfinden, von uns nicht bemerkt werden, weil bei ihrem Fortrücken von einem sinnlich wahrnehmbaren Teil zu einem anderen der Abstandswechsel so langsam vor sich geht, daß er bei uns erst von Zeit zu Zeit nach längeren Pausen neue Ideen verursacht; und da somit kein andauernder Zug neuer, unmittelbar aufeinander folgender Ideen in unserem Bewußtsein entsteht, wird uns die Bewegung nicht wahrnehmbar, die aus einer beständigen Succession besteht, während wir eine solche Succession ohne eine beständige Succession aus ihr entspringender wechselnder Ideen nicht wahrnehmen können.

§ 8. Andererseits wird auch, wenn Dinge sich so schnell bewegen, daß sie auf unsere Sinne nicht in mehren unterscheidbaren Abständen ihrer Bewegung deutlich einwirken, und deshalb keinen Ideenzug im Bewußtsein hervorrufen, deren Bewegung nicht bemerkt; denn, wenn sich etwas in kürzerer Zeit, als unsere Ideen in unserem Geiste aufeinander zu folgen pflegen, in einem Kreise rundum bewegt, so wird seine Bewegung nicht bemerkt, vielmehr scheint es ein ganzer geschlossener Kreis von seinem Stoffe oder seiner Farbe zu sein, und nicht ein in Bewegung befindliches Stück eines Kreises.

§ 9. Der Ideenzug hat einen gewissen Grad von Schnelligkeit. – Ich überlasse es anderen, sich hieraus ein Urteil darüber zu bilden, ob es nicht wahrscheinlich sei, daß unsere Ideen, während wir wach sind, in unserem Bewußtsein einander in gewissen Abständen folgen, nicht unähnlich den Bildern im Innern einer Laterne, die durch die Hitze der Kerzenflamme herumgedreht werden. Wenn auch diese ihre Erscheinung in einem Zuge vielleicht mitunter schneller und mitunter langsamer erfolgen mag, so ist doch, wie ich glaube, der Unterschied hierin bei einem wachenden Menschen nicht sonderlich groß; es giebt anscheinend für die Schnelligkeit und Langsamkeit, womit die Ideen in unserem Bewußtsein aufeinander folgen, gewisse Grenzen, über welche hinaus sie sich weder verzögern noch beschleunigen können.

§ 10. Der Grund, den ich für diese sonderbare Konjektur habe, ist aus der Beobachtung entnommen, daß wir unter den auf irgend einen unserer Sinne gemachten Eindrücken eine Aufeinanderfolge nur bis zu einem gewissen Grade hin wahrnehmen können, und daß, wenn diese außerordentlich schnell ist, die Empfindung der Succession selbst in solchen Fällen verloren geht, in denen augenscheinlich eine reale Succession stattfindet. Man denke sich, daß eine Kanonenkugel durch ein Zimmer fliege, und auf ihrem Wege ein Glied oder einen Körperteil eines Menschen mit sich nehme, dann ist auch ohne Beweis klar, daß sie die beiden Wände des Zimmers nacheinander treffen muß. Es leuchtet auch ein, daß sie einen Teil des Fleisches zuerst und einen anderen hernach berühren muß, und so successive weiter; und doch, glaube ich, hat niemand, der jemals den Schmerz eines solchen Schusses fühlte, oder den Schlag gegen die beiden voneinander entfernten Wände hörte, irgend welche Aufeinanderfolge, sei es in dem Schmerz oder in dem Ton eines so schnellen Stoßes wahrnehmen können. Solch einen Teil der Dauer wie diesen, worin wir keine Succession wahrnehmen, nennen wir einen Augenblick, und er nimmt in unserem Bewußtsein nur die Zeit einer einzigen Idee ein ohne die Nachfolge einer anderen, weshalb wir in ihm überhaupt keine Succession bemerken.

§ 11. Dasselbe findet auch statt, wo die Bewegung so langsam ist, daß sie einen zusammenhängenden Zug frischer Ideen den Sinnen nicht so schnell darbietet, wie der Geist fähig ist, neue in sich aufzunehmen, und somit die Wahrnehmung der Bewegung verloren geht, weil andere Ideen unseres eigenen Denkens Raum gewinnen, zwischen den unseren Sinnen durch den bewegten Körper dargebotenen in unser Bewußtsein einzutreten. Da der Körper, obwohl er sich thatsächlich bewegt, doch seinen Abstand von gewissen anderen Körpern nicht so schnell in bemerkbarem Maße ändert, wie die Ideen unseres Geistes von Natur einander im Zuge folgen, so scheint der Gegenstand still zu stehen, wie das an den Uhrzeigern, den Schatten von Sonnenuhren und anderen konstanten aber langsamen Bewegungen augenfällig ist, wobei wir die Bewegung selbst nicht wahrnehmen, obgleich wir nach gewissen Pausen an der Veränderung des Abstandes erkennen, daß sie stattgefunden hat.

§ 12. Dieser Zug dient als Maß für andere Successionen. – Deshalb scheint mir die beständige und regelmäßige Aufeinanderfolge der Ideen eines wachenden Menschen gleichsam das Maß und die Richtschnur aller anderen Successionen zu sein; wenn von diesen irgend eine den Schritt unserer Ideen überholt, wie wenn zwei Töne oder Schmerzempfindungen etc. in ihrer Aufeinanderfolge der Dauer von nur einer Idee gleichkommen, oder aber wenn eine Bewegung oder Succession so langsam ist, daß sie mit den Ideen in unserem Bewußtsein oder der Geschwindigkeit, womit diese einander folgen, nicht Schritt hält, wie wenn eine oder mehre Ideen in ihrem ordentlichen Verlauf uns zwischen denen in den Sinn kommen, die dem Gesichte durch die verschiedenen wahrnehmbaren Abstände eines bewegten Körpers dargeboten werden, oder zwischen aufeinander folgenden Tönen oder Gerüchen: auch dann geht die Wahrnehmung einer konstant fortgesetzten Succession verloren, und wir erkennen sie nur mit gewissen Lücken von Ruhe dazwischen.

§ 13. Der Geist kann nicht lange eine Idee unveränderlich festhalten. – Wenn es sich so verhält, daß, so lange wir überhaupt Ideen in unserm Geiste haben, sie sich beständig verändern, und in ununterbrochener Succession wechseln, so würde es, könnte wohl jemand sagen, dem Menschen unmöglich sein, an irgend etwas lange zu denken. Wenn damit gemeint ist, daß jemand eine und dieselbe einzelne Idee lange Zeit hindurch ohne irgend welche Veränderung in seinem Geiste festhalten soll, so denke ich in der That, daß dies unmöglich ist, wofür ich keinen anderen Grund als die Erfahrung angeben kann (weil ich nicht weiß, wie die Ideen unseres Geistes entstehen, aus welchen Materialien sie gebildet sind, woher sie ihr Licht erhalten haben, und wie es zugeht, daß sie sich uns zeigen), und ich fordere jeden auf, zu versuchen, ob er eine irgend wie beträchtliche Zeitlang in seinem Geiste eine einzelne Idee ohne eine zweite unverändert festhalten kann.

§ 14. Um den Versuch zu machen, möge er irgend eine Figur, irgend welchen Grad des Lichtes oder der Weiße oder, was ihm sonst beliebt, nehmen, und ich glaube, er wird es schwer finden, alle anderen Ideen aus seinem Bewußtsein fern zu halten; vielmehr werden manche, sei es von anderer Art, oder verschiedene Betrachtungsweisen der gewählten (von denen jede eine neue Idee ist) in seinen Gedanken unausgesetzt aufeinander folgen, mag er sich auch nach bestem Vermögen davor hüten.

§ 15. Alles, was hiebei in seiner Macht steht, ist, glaube ich, bloß darauf zu merken und zu beachten, welche Ideen es sind, die vor seinem Verstande vorüberziehen, oder auch noch deren Art zu bestimmen, und solche herbei zu rufen, für die er ein Verlangen oder Bedarf hat; dagegen kann er meiner Meinung nach die beständige Aufeinanderfolge neuer Ideen nicht verhindern, obgleich er für gewöhnlich die Wahl hat, ob er sie sorgsam beobachten und in Betracht ziehen will.

§ 16. Die Ideen, gleichviel wie sie entstehen mögen, enthalten keine Wahrnehmung einer Bewegung. – Ob die mannigfachen Ideen im menschlichen Bewußtsein durch gewisse Bewegungen entstehen, will ich hier nicht untersuchen; dessen aber bin ich gewiß, daß in ihrer Erscheinung keine Idee von Bewegung enthalten ist, und wenn wir nicht die Idee der Bewegung anders woher erhielten, so würden wir, meine ich, sie überhaupt nicht haben; das genügt für meinen gegenwärtigen Zweck und zeigt hinlänglich, daß die Kenntnis, die wir von den nacheinander in unserem Bewußtsein auftretenden Ideen nehmen, uns die Idee der Succession und Dauer verschafft, und wir ohne sie solche Ideen überhaupt nicht haben würden. Also ist es nicht die Bewegung, sondern der ununterbrochene Zug der Ideen durch unsern Geist, während wir wach sind, woher wir die Idee der Dauer erhalten; die Bewegung macht uns diese, wie oben gezeigt worden, nur dadurch bemerkbar, daß sie in unserm Geiste eine beständige Succession von Ideen verursacht; und wir erhalten eine ebenso klare Idee von Succession und Dauer ohne die Idee irgend welcher Bewegung durch den Zug anderer in unserem Geiste aufeinander folgender Ideen als durch den Zug von Ideen, der von der ununterbrochen sichtbaren Veränderung des Abstandes zwischen zwei Körpern verursacht wird, und den wir von der Bewegung empfangen; wir würden deshalb die Idee der Dauer ebensogut haben, wenn eine Bewegung überhaupt nicht wahrnehmbar wäre.

§ 17. Zeit ist die durch Ausmessung bestimmte Dauer. – Nachdem er so die Idee der Dauer gewonnen hat, besteht das, was der Geist naturgemäß zunächst thun muß, darin, irgend ein Maß für diese allem gemeinsame Dauer zu erwerben, wonach er deren verschiedene Längen beurteilen, und die Ordnung, worin eine Mehrzahl von Dingen existiert, deutlich erkennen könne, weil ohne ein solches ein großer Teil unseres Wissens verworren, und ein großer Teil der Geschichte ganz nutzlos bleiben würde. Diese Betrachtung der Dauer, als in gewisse Abschnitte eingeteilt und durch gewisse Maße oder Epochen bezeichnet, nennen wir, denke ich, im eigentlichen Sinne Zeit.

§ 18. Ein gutes Maß der Zeit muß deren ganze Dauer in gleiche Abschnitte teilen. – Bei dem Messen einer Ausdehnung ist nichts weiter nötig als die Anlegung des benutzten Musters oder Maßes an das Ding, dessen Ausdehnung wir kennen lernen wollen. Bei dem Messen der Dauer ist dies jedoch nicht möglich, weil sich zwei verschiedene Stücke der Dauer nicht aneinander legen lassen, um sich wechselseitig als Maß zu dienen, und während nur die Dauer als Maß der Dauer dienen kann, gleichwie nur die Ausdehnung als Maß der Ausdehnung, können wir doch nicht ein festes unveränderliches Maß der Dauer, die in einer beständig verfliegenden Succession besteht, bei uns führen, wie wir mit verschiedenen Längen der Ausdehnung thun können, z. B. Zollen, Fußen, Ellen etc., die auf dauernden materiellen Stücken angemerkt sind. Diese Bemerkungen Lockes beziehen sich eigentlich nicht – wie man dem Wortlaut nach annehmen müßte – auf die Messung räumlicher und zeitlicher Größen, sondern auf die Herstellung oder Gewinnung von Maßstäben dafür. Wenn wir die Dauer eines Vorganges, z. B. einer Sonnenfinsternis, messen wollen, dann beobachten wir neben ihr einen gleichzeitigen anderen Vorgang (die Bewegung des Uhrzeigers auf einem Ziffernblatt), wir merken uns die Punkte dieses anderen Vorganges, die mit dem Beginn und dem Ende der Sonnenfinsternis gleichzeitig sind, und bestimmen dann die Dauer der Sonnenfinsternis nach der Dauer der gleichzeitigen Bewegung des Uhrzeigers, die sich uns in dem von diesem auf dem Ziffernblatte durchlaufenen Raume darstellt. Dies Verfahren ist ganz dem analog, wodurch wir eine räumliche Ausdehnung messen, z. B. wenn wir, um die Breite unseres Tisches kennen zu lernen, einen Metermaßstab darauflegen. Man könnte in jenem Falle sagen, daß wir unsere Wahrnehmung und Erinnerung der Bewegung des Uhrzeigers auf dem Ziffernblatt an unsere Wahrnehmung und Erinnerung der Bewegung des Mondes vor der Sonne anlegten, und so die letztere mit der ersteren mäßen. Ebenso messen wir auch mit den noch ganz natürlichen Maßstäben von Tag und Nacht, Monat und Jahr immer nur gleichzeitige andere Vorgänge, niemals frühere oder spätere. Und wir können ebenso leicht und bequem einen Zeitmesser (unsere Taschenuhr) bei uns führen und anwenden wie einen Raummesser (Zollstock oder Centimetermaß). – Wenn es sich dagegen darum handelt, solche Maßstäbe zu gewinnen oder herzustellen, dann ist diese Aufgabe für den Raum (die Form der Anschauung) allerdings weit leichter zu lösen als für die Zeit (die Form der Erinnerung). Für den Raum bedarf es nur des anschaulichen Bildes einer in gleiche Teile geteilten oder aus gleichen Stücken zusammengesetzten geraden Linie (die beweglich sein muß, wenn nicht die daran zu messenden Körper beweglich sind) und das ist auf mechanischem Wege herzustellen, in dem man irgend einen körperlichen Abstand, z. B. den der Spitzen eines geöffneten Zirkels, unverändert an einer geraden Linie entlang führt, und auf dieser seinen vorderen Punkt jedesmal markiert, wenn der hintere bis zu der früher markierten Stelle des vorderen vorgerückt ist. Für die Zeit dagegen bedarf es der Erzeugung einer Wahrnehmungs- und Erinnerungsreihe in uns, an der wir gleiche Abschnitte fortdauernd erkennen können, und das läßt sich nicht durch eine der eben erwähnten ähnliche mechanische Prozedur bewerkstelligen. Solche Wahrnehmungs- und Erinnerungsreihen entstehen, wie Locke richtig erkannt hat, in uns nur durch Beobachtung von Veränderungen, die sich periodisch gleichmäßig wiederholen, oder einen gewissen unveränderlichen Cyklus immer von neuem durchlaufen. Es brauchen das, wie Locke ausführt, nicht notwendig Ortsveränderungen oder Bewegungen zu sein; denken wir uns z. B. ein Licht von regelmäßig periodisch wechselnder Stärke oder Farbe, oder einen Ton von ebenso wechselnder Stärke oder Höhe und Tiefe, so könnten uns auch die als Zeitmesser dienen, aber die Bewegung hat, wenn sie von gleichmäßiger Geschwindigkeit ist, oder die gleichmäßigen Perioden des Geschwindigkeitswechsels sehr klein sind, den großen Vorzug, daß sie es möglich macht, die leichte und bequeme Teilbarkeit des Raumes für die Messung auch der Zeit zu verwerten, weil wir mit Recht annehmen dürfen, daß, wenn gleiche Kräfte unter gleichen Umständen räumlich gleiche Bewegungsgrößen hervorgebracht haben, diese auch ihrer Zeitdauer nach gleich sein müssen. Als ein zweckmäßiges Zeitmaß kann also nur etwas dienen, dessen ganze Dauer durch beständig wiederholte Perioden in augenscheinlich gleich lange Abschnitte geteilt ist. Stücke der Dauer, die nicht durch solche Perioden eingeteilt sind, oder als dadurch eingeteilt und gemessen betrachtet werden, fallen eigentlich nicht unter den Begriff der Zeit, was sich in solchen Redensarten zeigt wie z. B.: »vor aller Zeit«, und: »wenn es keine Zeit mehr geben wird«.

§ 19. Die Umläufe der Sonne und des Mondes sind die besten Zeitmaße. – Da die täglichen und jährlichen Umläufe der Sonne vom Beginn der Natur an konstant, regelmäßig und überall für alle Menschen wahrnehmbar gewesen sind, und füreinander gleich gehalten werden, so sind sie mit gutem Grunde als Maß der Dauer benutzt worden. Weil aber der Unterschied der Tage und Jahre von der Bewegung der Sonne abhing, so hat dies zu der irrtümlichen Annahme geführt, daß Bewegung und Dauer sich gegenseitig zum Maß dienten; denn, da sich die Menschen bei dem Messen der Zeitdauer an die Ideen von Minuten, Stunden, Tagen, Monaten, Jahren etc. gewöhnt hatten, und fanden, daß sie bei jeder Erwähnung einer Zeit oder Dauer sofort an diese Zeitabschnitte dachten, die alle nach der Bewegung der Himmelskörper abgemessen waren: so waren sie geneigt, Zeit und Bewegung zu konfundieren, oder wenigstens zu denken, daß beide in notwendiger Verbindung miteinander ständen, während doch irgend eine konstant periodische Erscheinung oder Veränderung von Ideen in scheinbar gleich langen Zwischenräumen der Dauer, wenn sie beständig und allgemein wahrnehmbar wäre, die Zeitabschnitte ebensogut unterschieden haben würde wie die zu dem Ende benutzten. Denn angenommen, daß die Sonne, die von einigen für ein Feuer gehalten worden ist, in demselben Zeitabstand, worin sie jetzt täglich denselben Meridian passiert, angezündet würde, und zwölf Stunden hernach wieder ausginge, und daß sie in dem Zeitraum eines jährlichen Umlaufs erst merklich an Glanz und Wärme zu- und dann wieder abnähme, würden nicht solche regelmäßige Erscheinungen für alle, die sie beobachten könnten, ebensogut ohne wie mit Bewegung dazu dienen, die Abstände der Dauer auszumessen? Denn, wenn die Erscheinungen beständig und allgemein wahrnehmbar wären, und sich in gleich langen Perioden wiederholten, so würden sie den Menschen auch bei mangelnder Bewegung ebensogut als Zeitmaß dienen.

§ 20. Jedoch nicht, weil sie Bewegungen, sondern weil sie periodische Erscheinungen sind. – Denn das Gefrieren des Wassers oder das Blühen einer Pflanze würde, wenn es in gleich langen Perioden überall auf der Erde wiederkehrte, den Menschen ebensogut zur Berechnung ihrer Jahre dienen können, wie die Bewegungen der Sonne; und in der That sehen wir, daß einige Volksstämme in Amerika nach der Ankunft gewisser Vögel bei ihnen zu bestimmten Jahreszeiten und deren Wegziehen zu anderen Zeiten ihre Jahre zählten. Denn ein Fieberanfall, die Empfindung von Hunger oder Durst, ein Geruch oder ein Geschmack oder irgend eine andere beständig in gleichen Perioden wiederkehrende Idee, die sich die allgemeine Aufmerksamkeit zuzöge, würde unfehlbar ein Maß für den Verlauf der Succession sein, und die Zeitabstände unterscheidbar machen. So sehen wir, daß blind geborene Menschen die Zeit ganz gut nach Jahren rechnen, deren Umläufe sie nicht mit Hilfe von Bewegungen unterscheiden können, die für sie nicht wahrnehmbar sind: und ich frage, ob ein Blinder, der seine Jahre nach der Wärme des Sommers oder der Kälte des Winters, nach dem Geruch einer Frühlingsblume oder dem Geschmack einer herbstlichen Frucht unterschiede, nicht ein besseres Zeitmaß haben würde, als die Römer vor der Reform ihres Kalenders durch Julius Cäsar hatten oder manche andere Völker, deren Jahre trotz der Bewegung der Sonne, die sie zu benutzen behaupteten, sehr unregelmäßig sind? Und es erhöht die Schwierigkeit der Chronologie nicht wenig, daß die genauen Längen der Jahre, wonach verschiedene Nationen rechneten, schwer zu ermitteln sind, indem sie bedeutend voneinander und, wie ich sagen zu dürfen glaube, sämtlich von der präcisen Bewegung der Sonne abweichen. Und wenn die Sonne sich von der Schöpfung bis zur Sündflut beständig im Äquator bewegte, und so ihr Licht und ihre Wärme gleichmäßig zu allen bewohnbaren Teilen der Erde in lauter gleich langen Tagen verbreitete ohne ihre jährlichen Abweichungen zu den Wendekreisen, wie ein kürzlich verstorbener geistreicher Schriftsteller annimmt, so meine ich, kann man sich nicht leicht vorstellen, Es soll wohl heißen: »so, meine ich, kann man sich ungeachtet der Bewegung der Sonne nicht leicht vorstellen, daß in der etc.« daß (ungeachtet der Bewegung der Sonne) in der antediluvianischen Welt die Menschen von Anfang an nach Jahren gerechnet, oder ihre Zeit nach Perioden abgemessen haben sollten, die sich an keinen augenfällig sichtbaren Merkmalen unterscheiden ließen.

§ 21. Die Gleichheit zweier Teile der Dauer läßt sich nicht mit Sicherheit erkennen. – Aber, wird man vielleicht sagen, wie könnte man ohne eine regelmäßige Bewegung wie die der Sonne oder irgend eine andere jemals erkennen, daß solche Perioden gleich seien? Darauf antworte ich: die Gleichheit von irgend welchen anderen wiederkehrenden Erscheinungen ließe sich auf dieselbe Weise erkennen, wie die der Tage erkannt, oder anfangs vermutet worden ist, was nur geschah, indem sie nach dem Zuge der Ideen beurteilt wurden, die in den Zwischenzeiten durch den Sinn der Menschen hindurchgegangen waren; weil man mit Hilfe dieses Ideenzuges eine Ungleichheit unter den natürlichen, aber keine unter den künstlichen Tagen entdeckte, nahm man an, daß die künstlichen Tage oder νυχθήμερα gleich seien, was genügte, um sie als Maß dienen zu lassen, obgleich eine genauere Untersuchung seitdem eine Ungleichheit unter den täglichen Umläufen der Sonne ergeben hat, und wir nicht wissen, ob nicht die jährlichen ebenfalls ungleich sind. Wegen ihrer mutmaßlichen und anscheinenden Gleichheit dienen jedoch diese ebensogut zur Zeitberechnung (wenn auch nicht zu einer genauen Messung der Teile der Dauer), als wenn sich beweisen ließe, daß sie einander genau gleich seien. Wir müssen deshalb sorgfältig zwischen der Dauer selbst und den Maßstäben unterscheiden, die wir benutzen, um ihre Länge zu beurteilen. Die Dauer selbst muß betrachtet werden, als wenn sie in einem beständigen, gleichen, einförmigen Laufe dahinflösse, aber von keinem ihrer von uns gebrauchten Maßstäbe läßt sich dasselbe wissen, auch können wir nicht davon versichert sein, daß die Abschnitte oder Perioden, worin sie eingeteilt sind, untereinander gleiche Dauer haben; denn wie man auch zwei aufeinander folgende Längen der Dauer messen möge, niemals läßt sich ihre Gleichheit beweisen. Die Bewegung der Sonne, deren die Welt sich so lange und mit so großer Zuversicht als eines genauen Maßes für die Dauer bediente, hat sich, wie gesagt, in ihren verschiedenen Teilen als ungleich erwiesen; und obgleich die Menschen seit kurzem von dem Pendel als einer beständigeren und regelmäßigeren Bewegung als die der Sonne oder (richtiger gesagt) der Erde, Gebrauch gemacht haben, so würde es doch, wenn jemand gefragt würde, woher er mit Sicherheit wisse, daß die beiden aufeinander folgenden Schwingungen des Pendels gleich seien, sehr schwer sein, den Fragenden Hinter to satisfy him ist hinzuzudenken who asked. hievon als unfehlbar zu überzeugen, weil wir keine Gewißheit darüber erlangen können, daß die uns unbekannte Ursache jener Bewegung stets gleichmäßig wirken werde, und wir wissen, daß das Medium, worin das Pendel sich bewegt, nicht konstant dasselbe bleibt, während ein Wechsel in der einen oder der anderen Beziehung die Gleichheit der Schwingungsdauer beeinträchtigen, und dadurch die Sicherheit und Genauigkeit der Messung mit Hilfe der Bewegung ebensogut zerstören kann, wie die nach irgend welchen sonstigen Perioden anderer Erscheinungen, wobei die Vorstellung der Dauer gleichwohl klar bleibt, wenn auch keiner von unseren Maßstäben derselben sich als genau erweisen läßt. Weil demnach zwei Abschnitte der Succession nicht aneinander gelegt werden können, so ist es unmöglich, ihre Gleichheit jemals mit Gewißheit zu erkennen. Alles, was wir thun können, um einen Maßstab der Zeit zu gewinnen, ist, dazu solche Dinge zu wählen, die beständig aufeinander folgende Erscheinungen in anscheinend gleich langen Perioden zeigen, für deren anscheinende Gleichheit wir kein anderes Maß haben, als das von dem Zuge unserer eigenen Ideen in unserm Gedächtnis aufgestellte, in Verbindung mit andern Gründen der Wahrscheinlichkeit, die uns von ihrer Gleichheit überzeugen.

§ 22. Die Zeit dient nicht als Maßstab für die Bewegung. – Sonderbar erscheint es mir, daß, während augenscheinlich alle Menschen die Zeit an der Bewegung der großen und sichtbaren Weltkörper maßen, dieselbe gleichwohl als »das Maß der Bewegung« hat definiert werden können, wohingegen es jedem, der nur im mindesten darüber nachdenkt, einleuchten wird, daß, um die Bewegung D. h. ihre Geschwindigkeit. zu messen, der Raum ebenso notwendig in Betracht gezogen werden muß wie die Zeit, und wer noch ein wenig weiter sieht, finden wird, daß, wenn jemand die Bewegung so schätzen oder messen will, daß er über sie D. h. ihre Kraft. ein richtiges Urteil gewinne, auch die Masse des bewegten Körpers notwendig in Rechnung gezogen werden muß. Und in der That trägt die Bewegung zur Messung der Dauer auf keine andere Weise bei, als indem sie die Wiederkehr gewisser sichtbarer Ideen in anscheinend gleich langen Perioden beständig zuwege bringt. Denn wäre die Bewegung der Sonne so ungleich wie die eines von unsteten Winden getriebenen Schiffes, zuweilen sehr langsam, und unregelmäßig zu anderen Zeiten sehr schnell, oder wäre sie zwar von beständig gleicher Schnelligkeit, aber nicht kreisförmig, und brächte nicht dieselben Erscheinungen wieder hervor, so würde sie uns gar nicht mehr nützen, um die Zeit zu messen, wie die anscheinend ungleichmäßigen Bewegungen eines Kometen thun.

§ 23. Minuten, Stunden, Tage und Jahre sind nicht notwendige Maßstäbe der Dauer. – Minuten, Stunden, Tage und Jahre sind demnach für die Zeit oder die Dauer nicht notwendiger als Zolle, Fuße, Ellen und Meilen, auf irgendeinem Stoffe angemerkt, es für die Ausdehnung sind. Denn, obgleich wir in diesem Teile des Weltalls durch ihren beständigen Gebrauch als der durch die Umläufe der Sonne bezeichneten Perioden oder bekannter Teile von solchen Perioden, in unserem Geiste die Ideen von solchen Längen der Dauer festgestellt haben, die wir auf alle Zeitabschnitte anwenden, deren Längen wir in Betracht ziehen wollen, so mag es doch andere Teile des Weltalls geben, wo diese unsere Maßstäbe ebensowenig gebraucht werden, wie unsere Zolle, Fuße oder Meilen in Japan; gleichwohl muß es etwas ihnen Analoges auch dort geben, denn ohne gewisse, regelmäßige, periodische Wiederholungen könnten wir die Länge irgend einer Dauer weder selbst messen noch andern angeben, wenn auch zur selbigen Zeit die Welt ebenso voll von Bewegung wäre wie jetzt, nur in keinem Teile zu regelmäßigen und anscheinend gleich langen Umläufen gestaltet. Die verschiedenen Maßstäbe, die zum Zweck der Zeitrechnung gebraucht werden mögen, ändern jedoch die Vorstellung der Dauer, die den zu messenden Gegenstand bildet, gar nicht, ebensowenig wie die verschiedenen Muster eines Fußes und einer Elle die Vorstellung der Ausdehnung bei denen ändern, die sich dieser verschiedenen Maßstäbe bedienen.

§ 24. Unsere Maßstäbe der Zeit sind auf vorzeitliche Dauer anwendbar. – Wenn der Geist einmal ein solches Zeitmaß wie den jährlichen Umlauf der Sonne gewonnen hat, so kann er dasselbe auf eine Dauer anwenden, während der jener Maßstab selbst nicht existierte, und womit er in seinem wirklichen Dasein nichts zu thun hatte. Denn, wenn jemand sagen würde, Abraham sei im 2712. Jahr der Julianischen Periode geboren, so ist das ebenso verständlich, als wenn man von der Schöpfung der Welt an rechnet, obwohl es so weit rückwärts keine Bewegung der Sonne und überhaupt keinerlei Bewegung gab. Denn, obwohl man annimmt, daß die Julianische Periode mehre hundert Jahre früher beginne, als es wirklich durch Sonnenumläufe bezeichnete Tage, Nächte oder Jahre gab, so rechnen wir doch ebenso richtig, und messen damit die Dauer ebensogut, als wenn die Sonne wirklich zu jener Zeit existiert, und dieselbe regelmäßige Bewegung wie jetzt innegehalten hätte. Die Idee der einem Jahresumlauf der Sonne gleichen Dauer läßt sich in unseren Gedanken ebenso leicht auf eine Dauer anwenden, während der es keine Sonne oder Bewegung gab, wie die hier von Körpern entnommene Idee eines Fußes oder einer Elle in unseren Gedanken auf Entfernungen jenseits der Grenzen der Welt anwendbar ist, wo überhaupt keine Körper existieren.

§ 25. Denn angenommen, es seien 5639 Meilen oder Millionen Meilen von hier bis zu dem entferntesten Weltkörper (denn da das Weltall endlich ist, so muß dieser sich in einem gewissen Abstande befinden), wie wir ja annehmen, es seien 5639 Jahre von heute bis zur ersten Existenz irgend eines Körpers beim Beginn der Welt: so können wir in unseren Gedanken den Maßstab eines Jahres auf die Dauer vor der Schöpfung, oder über die Dauer von Körpern oder Bewegung hinaus, ebenso anwenden, wie den Maßstab einer Meile auf den Raum jenseits der äußersten Körper, und mit jenem in unseren Gedanken die Dauer ebensogut da messen, wo es keine Bewegung gab, wie mit diesem den Raum da, wo es keine Körper giebt.

§ 26. Würde man mir hier entgegenhalten, daß ich bei dieser Weise, die Zeit zu erläutern, eine unzulässige Voraussetzung gemacht habe, nämlich daß die Welt weder ewig noch unendlich sei, so erwidere ich, daß es für meinen gegenwärtigen Zweck nicht nötig ist, hier Beweisgründe dafür anzuführen, daß die Welt sowohl hinsichtlich der Dauer wie der Ausdehnung endlich sei; da dies aber mindestens ebenso begreiflich ist, wie das Gegenteil, so steht es mir wohl ebensogut frei, ihre Endlichkeit vorauszusetzen, wie jemand anders das Gegenteil thun mag, und ich bezweifle nicht, daß jeder, der es versuchen will, sich in seinem Sinne den Anfang der Bewegung leicht vorstellen kann, wenn auch nicht den Anfang jeder Dauer, und so in seiner Betrachtung der Bewegung zu einem Haltpunkt und non ultra kommen mag. Ebenso kann er in seinen Gedanken der Körperwelt und der ihr zukommenden Ausdehnung Schranken setzen, aber nicht dem leeren Raume, weil die äußersten Grenzen des Raumes und der Dauer über den Bereich des Denkens hinausliegen, so gut wie die äußersten Grenzen der Zahl die weiteste Fassungskraft des Geistes übersteigen, und alle aus demselben Grunde, wie wir an einem andern Orte sehen werden.

§ 27. Ewigkeit. – Durch dieselben Hilfsmittel also und aus derselben Quelle, woher wir die Idee der Zeit bekommen, erhalten wir auch die Idee, die wir Ewigkeit nennen; nämlich, nachdem wir die Idee der Succession und Dauer dadurch gewonnen haben, daß wir auf den Zug unserer eigenen Ideen achten, der in uns entweder durch das natürliche Erscheinen solcher Ideen, die beständig von selbst in unsere wachen Gedanken kommen, oder aber durch äußere, nacheinander auf unsere Sinne einwirkende Gegenstände verursacht worden, und nachdem wir aus den Umläufen der Sonne die Ideen von gewissen Längen der Dauer gewonnen haben, können wir in unseren Gedanken solche Längen der Dauer, so oft uns beliebt, aneinanderfügen, und sie, so zusammengefügt, auf vergangene oder künftige Größen der Dauer anwenden; und wir können hiemit ohne Grenzen oder Schranken in infinitum fortfahren, und so die Länge der jährlichen Bewegung der Sonne auf eine Dauer anwenden, von der wir annehmen, daß sie stattgefunden habe, bevor die Bewegung der Sonne oder irgend eine andere Bewegung da war, was nicht schwieriger oder ungereimter ist, als die Vorstellung, die ich von der Bewegung eines Schattens auf dem Sonnenzeiger während einer Tagesstunde habe, auf die Dauer von etwas während der vergangenen Nacht anzuwenden, z. B. auf das Brennen einer Kerze, was jetzt von jeder thatsächlichen Bewegung völlig gesondert ist; und es ist für die Dauer jener Flamme während einer Stunde in der vergangenen Nacht ebenso unmöglich, mit irgend einer gegenwärtigen oder zukünftigen Bewegung zugleich zu existieren, wie für irgend einen Teil der Dauer, die vor der Weltschöpfung stattfand, mit der gegenwärtigen Bewegung der Sonne zusammen da zu sein. Das hindert aber nicht, daß ich, im Besitz der Idee von der Länge der Bewegung des Schattens auf einer Sonnenuhr zwischen den Zeichen zweier Stunden, in meinen Gedanken die Dauer des Kerzenlichtes in der vergangenen Nacht ebenso deutlich messen kann, wie die Dauer von irgend etwas jetzt Existierendem, und es liegt darin nicht mehr als der Gedanke, daß, wenn die Sonne damals auf den Sonnenzeiger geschienen, und sich mit derselben Geschwindigkeit wie jetzt bewegt hätte, der Schatten auf der Sonnenuhr von dem einen Stundenstrich zu dem anderen fortgerückt wäre, während die Kerzenflamme brannte.

§ 28. Da die Vorstellung einer Stunde, eines Tages oder Jahres nur meine Idee von der Länge gewisser periodischer regelmäßiger Bewegungen ist, von denen niemals die derselben Art alle auf einmal existieren, sondern nur in den aus meiner Sinneswahrnehmung oder Selbstbeobachtung hergeleiteten Ideen, die ich in meinem Gedächtnisse von ihnen bewahre, so kann ich sie in meinen Gedanken ebenso leicht und mit demselben Rechte auf eine jeder Art von Bewegung voraufgegangene Dauer anwenden als auf irgend etwas, was der augenblicklich stattfindenden Bewegung der Sonne nur um eine Minute oder einen Tag voraufgegangen ist. Alle vergangenen Dinge sind gleichmäßig und vollständig zur Ruhe gelangt, und sind, was diese Art ihrer Betrachtung anbelangt, alle eins, mögen sie vor dem Beginn der Welt dagewesen sein, oder erst gestern; indem das Messen irgend einer Dauer vermittelst einer gewissen Bewegung ganz und gar nicht von der wirklichen Koexistenz jenes Dinges und dieser Bewegung oder irgend welchen anderen Umlaufsperioden abhängt, sondern davon, daß ich eine klare Idee von der Länge einer bekannten periodischen Bewegung oder anderen Zeitabschnitten im Sinne trage, und diese auf die Dauer des Dinges, die ich messen will, anwende. Locke verwechselt oder vermischt hier wie auch schon im vorigen und ferner im folgenden Paragraphen die Messung der Dauer eines wirklichen Vorgangs oder der Zwischenzeit zweier wirklichen Ereignisse mit einer bloßen Schätzung derselben und mit der bloßen Fiktion eines Vorganges, sowie seiner Dauer oder seines Zeitabstandes von einem anderen wirklichen oder auch nur fingierten Ereignisse. Solche Fiktionen einer Zeitdauer bestehen freilich nur darin, daß wir unsere Vorstellung des Zeitmaßes, z. B. eines Jahres, in unseren Gedanken beliebig vervielfältigen; aber niemand kann mit der Vorstellung, die er am Tage von der Zeit gewonnen hat, während welcher der Schatten des Zeigers einer Sonnenuhr von einem Stundenstrich bis zum nächsten vorrückt, bei Nacht die Dauer des Brennens einer Kerze messen. Ein solcher Versuch würde höchstens zu einer unsicheren und ungenauen Schätzung führen. Um die Dauer eines Vorgangs oder die Zwischenzeit zweier Ereignisse wirklich zu messen, dazu gehört notwendig die Beobachtung eines gleichzeitigen anderen Vorgangs, dessen Beschaffenheit ihn zum Zeitmaß geeignet macht, also z. B. um in der Nacht die Dauer des Brennens einer Kerze zu messen, die Beobachtung des gleichzeitigen Ganges einer Taschen-, Pendel-, Sand- oder Wasseruhr. Vgl. die Anmerkung zu § 18. Dies gilt auch von historischen Zeitbestimmungen, denn, wenn wir z. B. sagen, zwischen dem Tode Alexanders des Großen und dem Julius Cäsars seien 278¾ Jahre verflossen, so halten wir uns dazu nicht deshalb für berechtigt, weil wir unsere Vorstellung von der Dauer eines Jahres auf jenen Zeitraum »anwenden« könnten, und sich dabei die Zahl 278¾ als Divisionsquotient ergäbe, sondern weil wir aus den aus jenem Zeitraum auf uns gekommenen historischen Überlieferungen den Schluß ziehen, daß zwischen den beiden gedachten Ereignissen von den damals lebenden Menschen wirklich 278¾ scheinbare Jahresumläufe der Sonne um die Erde beobachtet worden sind.

§ 29. Daher sehen wir, daß einige Menschen annehmen, die Dauer der Welt vom Beginn ihres Daseins an bis zu dem gegenwärtigen Jahre 1689 betrage 5639 Jahre, oder sei 5639 jährlichen Umläufen der Sonne gleich, während andere sie viel höher schätzen, wie die alten Ägypter, die zu Alexanders Zeit 23 ,000 Jahre seit der Regierung der Sonne zählten, und gegenwärtig die Chinesen, die das Alter der Welt auf 3 ,269 ,000 Jahre oder noch mehr berechnen; und wenn ich auch diese längere Dauer der Welt nach ihrer Schätzung nicht für thatsächlich wahr halte, so kann ich sie mir doch ganz gut mit ihnen vorstellen, und ebenso richtig verstehen und sagen, die eine sei länger als die andere, wie ich verstehe, daß Methusalems Leben länger als Enochs war. Und wenn die gewöhnliche Rechnung von 5639 Jahren wahr sein sollte (was sie ebensogut sein kann wie irgend eine andere der erwähnten), so hindert mich das gar nicht daran, mir vorzustellen, was andere meinen, wenn sie die Welt tausend Jahre älter machen, weil jeder mit derselben Leichtigkeit sich vorstellen (ich sage nicht »glauben«) kann, daß die Welt 50 ,000 Jahre alt sei als 5639, und sich ebensogut eine Dauer von 50 ,000 als von 5639 Jahren denken kann. Daraus erhellt, daß um die Dauer von irgend etwas mit der Zeit zu messen, es nicht erforderlich ist, daß jenes Ding mit der Bewegung, woran wir es messen, oder irgend einem anderen periodischen Umlauf zugleich existiert habe; vielmehr genügt es zu diesem Zwecke, daß wir die Idee der Länge von irgend welchen periodischen Erscheinungen haben, die wir in unserm Sinne auf eine Dauer anwenden können, womit die Bewegung oder Erscheinung niemals zugleich existiert hat.

§ 30. Denn wie ich in der von Moses überlieferten Schöpfungsgeschichte mir vorstellen kann, daß das Licht drei Tage lang existierte, bevor die Sonne da war oder sich bewegte, bloß indem ich mir denke, die Dauer des Lichtes vor der Erschaffung der Sonne sei so lang gewesen, daß sie dreien täglichen Umläufen derselben gleich gekommen wäre, wenn sich die Sonne schon damals ebenso wie jetzt bewegt hätte, so kann ich auf dieselbe Weise eine Idee davon haben, daß das Chaos oder die Engel eine Minute, eine Stunde, einen Tag, ein Jahr oder tausend Jahre früher geschaffen wurden, als es Licht oder irgend welche fortdauernde Bewegung gab. Denn wenn ich mir vor der Existenz oder Bewegung irgend eines Körpers nur eine Dauer von einer Minute vorstellen kann, so kann ich eine Minute mehr hinzufügen, bis ich zu sechzig komme, und mit derselben Weise des Hinzufügens von Minuten, Stunden oder Jahren (d. i. der oder den Teilen der Sonnenumläufe oder irgend welchen anderen Perioden, wovon ich die Idee habe) in infinitum fortfahren, und eine Dauer voraussetzen, die über so viele solcher Perioden hinausreicht, wie ich nur rechnen kann, ich mag deren hinzufügen, so lange ich will; und das, denke ich, ist unsere Vorstellung der Ewigkeit, von deren Unendlichkeit wir keinen anderen Begriff haben, als von der Unendlichkeit der Zahl, die wir auch beständig vergrößern können, ohne damit zu Ende zu kommen.

§ 31. Und somit, denke ich, ist es klar, daß wir aus jenen beiden oben erwähnten Quellen alles Wissens, nämlich Selbstbeobachtung und Sinneswahrnehmung, die Idee der Dauer und der Maßstäbe dafür erhalten. Denn:

1. Gelangen wir zu der Idee der Succession, indem wir beobachten, was in unserem Bewußtsein vor sich geht, wie unsere Ideen dort beständig in einem Zuge einige verschwinden und andere zu erscheinen beginnen.

2. Gewinnen wir die Idee der Dauer, indem wir einen Abstand zwischen den Teilen dieser Succession beobachten.

3. Indem wir gewisse Erscheinungen in bestimmten regelmäßigen und anscheinend gleich langen Perioden sinnlich wahrnehmen, erlangen wir die Ideen von bestimmten Längen oder Maßen der Dauer, wie Minuten, Stunden, Tagen, Jahren etc.

4. Weil wir fähig sind, diese Zeitmaße oder Ideen von feststehenden Längen der Dauer in unserm Sinne, so oft wir wollen, zu wiederholen, können wir dazu kommen, uns eine Dauer vorzustellen, wo nichts wirklich fortdauert oder besteht; und so denken wir uns morgen, nächstes Jahr oder sieben Jahre weiter.

5. Weil wir fähig sind, die Ideen von irgend welcher Zeitlänge, wie von einer Minute, einem Jahre oder einem Menschenalter, in unseren Gedanken, so oft wir wollen, zu wiederholen und sie einander hinzuzurechnen, ohne dem Ende solcher Addition jemals irgendwie näher zu kommen als dem Ende der Zahl, die wir immer noch vermehren können: so gelangen wir zu der Idee der Ewigkeit als der zukünftigen ewigen Dauer unserer Seelen sowohl wie der Ewigkeit jenes unendlichen Wesens, das notwendig immer existiert haben muß. Diese Nutzanwendung der Idee der Ewigkeit würde freilich noch einer näheren Rechtfertigung bedürfen.

6. Durch die Betrachtung irgend eines Teiles der unendlichen Dauer als abgegrenzt durch periodische Maße kommen wir zu der Idee dessen, was wir im allgemeinen die Zeit nennen.


 << zurück weiter >>