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Achtes Kapitel.
Einige fernere Betrachtungen über unsere einfachen Ideen.

§ 1. Positive Ideen aus privativen Ursachen. – Die einfachen Ideen der Sinneswahrnehmung anbelangend, so kommt dabei in Betracht, daß alles, was in der Natur so beschaffen ist, daß es durch Einwirkung auf unsere Sinne irgend welche Wahrnehmung im Geiste verursachen kann, dadurch im Verstande eine einfache Idee hervorbringt, die, gleichviel was ihre äußere Ursache sein möge, sobald sie von unserem Unterscheidungsvermögen aufgefaßt worden, vom Geiste so gut wie irgend welche sonst als eine im Verstande vorhandene, tatsächlich positive Idee angesehen und betrachtet wird, obgleich ihre Ursache vielleicht nur in dem Mangel einer Eigenschaft am Objekte besteht.

§ 2. So sind die Ideen von Wärme und Kälte, Licht und Dunkelheit, weiß und schwarz, Bewegung und Ruhe im Bewußtsein gleich klare und positive Ideen, obgleich einige der sie hervorbringenden Ursachen an den Gegenständen, woraus unsere Sinne diese Ideen ableiten, vielleicht nur in dem Mangel gewisser Eigenschaften bestehen. Alle diese betrachtet der Verstand bei seiner Auffassung derselben als verschiedene positive Ideen, ohne sich um die Ursachen zu bekümmern, die sie hervorbringen, indem das eine Untersuchung ist, die nicht die Idee angeht, sowie sie im Verstande besteht, sondern die Natur der außer uns existierenden Dinge. Dies sind zwei sehr verschiedene und wohl voneinander zu unterscheidende Punkte, indem es eine Sache ist, die Idee von weiß und schwarz wahrzunehmen und zu kennen, und eine ganz andere, zu prüfen, von welcher Art die Stoffteilchen und deren Anordnung auf der Oberfläche eines Körpers sein müssen, damit dieser weiß oder schwarz erscheine.

§ 3. Ein Maler oder Färber, der sich nie um ihre Ursachen bekümmert hat, hat die Ideen von weiß und schwarz und anderen Farben ebenso klar, vollkommen und deutlich und vielleicht noch deutlicher in seinem Verstande als der Philosoph, der sich mit der Betrachtung ihrer Naturen beschäftigt hat und zu wissen glaubt, inwiefern die eine oder die andere von ihnen ihrer Ursache nach positiv oder privativ ist; und die Idee von schwarz ist im Sinne des ersteren nicht weniger positiv als die von weiß, wenn auch die Ursache jener Farbe in dem äußeren Objekt nur ein Eigenschaftsmangel sein mag.

§ 4. Wenn es der Zweck meines gegenwärtigen Unternehmens wäre, die natürlichen Ursachen und Eigenheiten der Wahrnehmung zu untersuchen, so würde ich versuchen, es in folgender Weise zu erklären, weshalb eine privative Ursache in gewissen Fällen wenigstens eine positive Idee hervorbringen könne; nämlich weil alle Sinneswahrnehmung in uns nur dadurch zustande kommt, daß in unseren durch äußere Gegenstände mannigfach angeregten Lebensgeistern in verschiedenem Grade und auf verschiedene Art und Weise Bewegungen stattfinden, so muß die Abnahme irgend einer früheren Bewegung ebenso notwendig eine neue Sinnesempfindung hervorbringen wie die Veränderung oder Zunahme derselben, und somit eine neue Idee einführen, was nur von einer verschiedenartigen Bewegung der Lebensgeister in dem beteiligten Organe abhängt.

§ 5. Ob sich das so verhält oder nicht, will ich jedoch hier nicht entscheiden, sondern mich auf jedermanns eigene Erfahrung darüber berufen, ob nicht der Schatten eines Menschen, obgleich er nur aus der Abwesenheit von Licht besteht (und je stärker diese Abwesenheit ist, um so deutlicher wird der Schatten), wenn man ihn ansieht, eine ebenso klare und positive Idee in unserem Geiste verursacht wie der Mensch selbst, wenn er auch in vollem Sonnenschein dasteht? und ob nicht das Gemälde eines Schattens ein positives Ding ist? Wir haben allerdings negative Namen, die nicht direkt für positive Ideen stehen, sondern für deren Abwesenheit, wie z. B. geschmacklos, Stillschweigen, nichts etc., Wörter, die positive Ideen, z. B. Geschmack, Laut, etwas, mit einer Andeutung ihrer Abwesenheit bezeichnen.

§ 6. Positive Ideen aus privativen Ursachen. – Somit läßt sich mit Recht sagen, daß man die Dunkelheit sehen könne. Denn, nehmen wir ein vollkommen dunkles Loch an, aus welchem kein Licht reflektiert wird, so kann man gewiß dessen Figur sehen; ebenso, wenn es gemalt ist; und es fragt sich, ob die Tinte, womit ich schreibe, eine andere Idee hervorbringt. Die privativen Ursachen, die ich hier für positive Ideen angegeben habe, entsprechen der gewöhnlichen Ansicht; in der That aber wird es sich schwer entscheiden lassen, ob es wirklich irgend welche Ideen aus privativen Ursachen giebt, so lange nicht ausgemacht ist, ob Ruhe irgendwie mehr eine Privation ist als Bewegung.

§ 7. Ideen im Geiste, Eigenschaften an Körpern. – Um die Natur unserer Ideen besser zu ermitteln, und verständlich über sie zu reden, wird es nützlich sein, zwischen ihnen zu unterscheiden, insofern sie Ideen oder Wahrnehmungen in unserm Geiste oder Modifikationen der Materie in den Körpern sind, wodurch solche Wahrnehmungen in uns verursacht werden, damit wir nicht denken mögen (wie vielleicht gewöhnlich geschieht), daß sie genaue Abdrücke und Ebenbilder von etwas dem Gegenstande Inhärierendem seien, während die meisten der durch Sinneswahrnehmung gewonnenen im Geiste nicht mehr Ähnlichkeit mit etwas außer uns Existierendem haben wie die Namen, wodurch sie bezeichnet werden, mit unseren Ideen, die sie doch in uns hervorzurufen vermögen, wenn wir sie hören.

§ 8. Alles, was der Geist in sich selber wahrnimmt, oder was das unmittelbare Objekt der Wahrnehmung des Denkens oder des Verstandes ist, das nenne ich Idee; und die Kraft, eine Idee in unserem Bewußtsein hervorzubringen, nenne ich eine Eigenschaft des Gegenstandes, dem jene Kraft innewohnt. Weil z. B. ein Schneeball die Kraft hat, in uns die Ideen von weiß, kalt und rund hervorzubringen, so nenne ich die Kraft, diese Ideen in uns hervorzubringen, wie sie im Schneeball sind, Statt »as they (sc. ideas) are in the snowball« müßte man nach dem Voraufgehenden erwarten, »as it (sc. power) is in the snowball«, also statt »sind« oben im Text »ist« übersetzen; indessen liegt hier wohl kein Druck- oder Schreibfehler vor, sondern in dem etwas verworrenen Ausdruck spiegelt sich die Unklarheit des Gedankens, daß die von uns wahrgenommenen Objekte nicht bloß außerhalb unseres Gehirns, sondern auch außerhalb unseres Bewußtseins existierten, und von dorther auf unsere Sinnesorgane einwirkten. Eigenschaften, und wie sie Sinnesempfindungen oder Wahrnehmungen in unserem Verstande sind, nenne ich sie Ideen; wenn ich also mitunter auch von diesen Ideen so spreche, als wären sie in den Dingen selbst, so wünsche ich doch dahin verstanden zu werden, daß ich die Eigenschaften der Objekte meine, wodurch sie in uns hervorgebracht werden.

§ 9. Primäre Eigenschaften. – Die somit an den Körpern wahrgenommenen Eigenschaften sind erstens solche, die von dem Körper völlig untrennbar sind, in welchem Zustande er sich auch befinden möge; solche, die er bei allen Veränderungen und Umwandlungen, die er erleidet, trotz aller Gewalt, die auf ihn angewandt werden mag, beständig festhält, und solche, die unser Sinn immer an jedem Stoffteilchen vorfindet, das groß genug ist, um wahrgenommen werden zu können, und die der Verstand untrennbar von jedem Stoffteilchen findet, wenn es auch zu klein ist, um für sich allein mit unseren Sinnen wahrgenommen zu werden. Darin, daß sie ausnahmslos allen Körpern zukommen, und sich auch von einem bloß gedachten Körper nicht verneinen lassen, zeigt es sich, daß diese sogen, primären Eigenschaften keine konkreten Sinneswahrnehmungen (wie die sekundären des § 10), sondern aus diesen abstrahierte Vorstellungen oder Begriffe sind. Vgl. die Anmerkung zu Kapitel IX, § 9. Z. B. mein nehme ein Weizenkorn und teile es in zwei Teile, dann hat jeder Teil noch Solidität, Ausdehnung, Gestalt und Beweglichkeit; man teile es noch einmal und ihm verbleiben doch dieselben Eigenschaften; und so mag man die Teilung fortsetzen bis die Teile unsichtbar werden, aber jeder von ihnen behält gleichwohl alle jene Eigenschaften. Denn Teilung (die alles ist, was eine Mühle oder eine Mörserkeule oder irgend ein sonstiger Körper an einem anderen bewirkt, wenn er ihn in unsichtbare Partikeln auflöst) kann weder Solidität, Ausdehnung, Gestalt noch Beweglichkeit jemals einem Körper entziehen, sie macht vielmehr nur zwei oder mehr deutlich voneinander getrennte körperliche Massen aus dem, was vorher nur eine war, und alle diese unterschiedenen Massen machen, wenn sie als ebenso viele verschiedene Körper gerechnet werden, nach der Teilung eine gewisse Zahl aus. Diese nenne ich die ursprünglichen oder primären Eigenschaften des Körpers, die in uns, wie wir – meine ich – beobachten können, einfache Ideen hervorbringen, nämlich: Solidität, Ausdehnung, Gestalt, Farbe überhaupt läßt sich von den Körpern ebensowenig wegdenken wie Gestalt überhaupt, eine besondere Gestalt dagegen ebenso gut wie eine besondere Farbe. Bewegung oder Ruhe und Anzahl.

§ 10. Sekundäre Eigenschaften. – Zweitens solche Eigenschaften, die in Wahrheit an den Gegenständen selbst nur eine Kraft sind, durch deren primäre Eigenschaften, d. h. durch die Größe, Gestalt, Textur und Bewegung ihrer unsichtbaren Teile, Das ist keine direkt erkennbare Thatsache, abgesehen von den Tonschwingungen, sondern bloße Hypothese. Und können, was die Töne anbelangt, Gesichts- und Tastwahrnehmungen wirklich die Ursachen von Gehörwahrnehmungen sein? Findet hier nicht etwa eine Verwechselung von Ursache und Begleiterscheinung statt? mannigfache Sinneswahrnehmungen, wie Farben, Töne, Geschmacksarten etc., in uns hervorzubringen, die nenne ich sekundäre Eigenschaften. Ihnen könnte man noch eine dritte Klasse hinzufügen, die zugegebener Maßen nur Kräfte sind, obgleich sie ebensowohl reelle Eigenschaften an dem Gegenstande bilden, wie die, welche ich im Anschluß an die gewöhnliche Redeweise Eigenschaften nenne, jedoch der Unterscheidung halber sekundäre Eigenschaften. Denn die Kraft des Feuers, im Wachs oder Thon eine neue Farbe oder eine andere Festigkeit hervorzubringen, ist ebensogut eine Eigenschaft des Feuers wie seine Kraft, durch dieselben primären Eigenschaften, nämlich die Größe, Textur und Bewegung seiner unsichtbaren Teilchen in mir eine neue Idee oder Sinnesempfindung der Wärme oder des Brennens hervorzubringen, die ich vorher nicht fühlte.

§ 11. Wie die primären Eigenschaften ihre Ideen hervorbringen. – Die nächste zur Erwägung kommende Frage ist, auf welche Weise Körper in uns Ideen hervorbringen; und das geschieht augenscheinlich durch einen Stoß, die einzige Weise, in der wir uns Körper wirksam denken können.

§ 12. Wenn demnach äußere Objekte nicht in unser Bewußtsein eintreten, während sie darin Ideen hervorrufen, und wir doch jene ursprünglichen Eigenschaften an denen von ihnen wahrnehmen, die einzeln in den Bereich unserer Sinne fallen, so ist es einleuchtend, daß sich von dort her eine Bewegung durch unsere Nerven oder Lebensgeister, durch gewisse Teile unseres Leibes bis in das Gehirn oder den Sitz der Sinneswahrnehmung fortpflanzen muß, um hier in unserem Bewußtsein die eigentümlichen Ideen hervorzubringen, die wir von ihnen haben. Und da die Ausdehnung, Gestalt, Zahl und Bewegung der Körper von wahrnehmbarer Größe durch den Gesichtssinn in einer gewissen Entfernung erkannt werden können, so ist es einleuchtend, daß gewisse einzeln nicht wahrnehmbare Körper von ihnen bis zu den Augen gelangen und dadurch dem Gehirn eine Bewegung mitteilen müssen, welche die Ideen, die wir von ihnen in uns tragen, hervorbringt.

§ 13. Wie die sekundären Eigenschaften dasselbe thun. – Auf eben die Art, wie die Ideen der ursprünglichen Eigenschaften in uns hervorgebracht werden, können wir uns auch vorstellen, daß die Ideen der sekundären Eigenschaften entstehen, nämlich durch die Einwirkungen unsichtbarer Partikeln auf unsere Sinne. Denn, da es offenbar Körper und zwar einen guten Vorrat von Körpern gießt, von denen jeder so klein ist, daß wir durch keinen unserer Sinne ihre Größe, Gestalt oder Bewegung entdecken können, wie an den Partikeln von Luft und Wasser augenscheinlich ist, und andere, die noch viel kleiner sind als diese, vielleicht ebensoviel kleiner als die Partikeln von Luft und Wasser, wie diese kleiner sind als Erbsen oder Hagelkörner: so dürfen wir wohl annehmen, daß die verschiedenen Bewegungen und Gestalten, Größe und Anzahl solcher Partikeln, indem sie auf unsere verschiedenen Sinnesorgane einwirken, in uns die verschiedenen Sinneswahrnehmungen hervorrufen, die wir von den Farben und Gerüchen der Körper haben; z. B. daß ein Veilchen durch den Stoß solcher unsichtbaren Stoffteilchen von eigentümlicher Gestalt und Größe und mit verschiedenen Abstufungen und Modifikationen ihrer Bewegungen die Entstehung der Ideen von der blauen Farbe und dem süßen Geruch jener Blume in unserem Bewußtsein verursache; denn es ist nicht unmöglicher sich vorzustellen, daß Gott solche Ideen an solche Bewegungen, womit sie keine Ähnlichkeit haben, geknüpft haben sollte, als daß er die Idee des Schmerzes mit der Bewegung eines unser Fleisch durchschneidenden Stückes Stahl verbunden habe, der jene Idee durchaus nicht gleicht.

§ 14. Was ich von Farben und Gerüchen gesagt habe, gilt auch von den Geschmacksarten und Tönen und dergleichen anderen sinnlichen Eigenschaften, die, soviel Realität wir ihnen auch irrtümlicherweise beilegen mögen, in Wahrheit an den Objekten selbst nur eine Kraft sind, mannigfache Sinneswahrnehmungen in uns hervorzurufen, und – wie gesagt – von den primären Eigenschaften, nämlich Größe, Gestalt, Textur und Bewegung von Teilen abhängen.

§ 15. Die Ideen der primären Eigenschaften sind Ebenbilder, die der sekundären dagegen nicht. – Hieraus läßt sich meiner Ansicht nach leicht der Schluß ziehen, Dieser Schluß schwebt vollständig in der Luft, well die Kongruenz unserer Ideen mit den realen Eigenschaften der Körper bezüglich der sogen. primären Eigenschaften in den §§ 11 und 12 ebensowenig bewiesen, wie die Entstehung unserer Ideen der sogen, sekundären Eigenschaften durch die Hypothese der §§ 13 und 14 genügend und sicher erklärt ist. Wenn nach den Schlußworten des § 13 die Idee des Schmerzes, den ein Verwundeter empfindet, gar keine Ähnlichkeit mit der Bewegung des Dolchstoßes hat, der ihn bewirkte, dann können ebensogut unsere Ideen von Größe, Gestalt, Textur und Bewegung der von uns wahrgenommenen Körper gar keine Ähnlichkeit mit dem Stoße haben, der vermeintlich von außerhalb unseres Bewußtseins befindlichen Körpern auf unsere Sinnesorgane ausgeübt wird, und mit den Eigenschaften, die solchen Körpern an sich zukommen mögen. Überdies aber (und das ist die Hauptsache!) wissen wir schlechterdings nichts von Stößen, die außerhalb unseres Bewußtseins befindliche Körper auf unsere Sinnesorgane ausübten; die Einwirkungen auf letztere, die wir erkennen können, gehen vielmehr von den von uns wahrgenommenen Körpern aus, und unsere Sinnesorgane selbst sind auch solche von uns wahrgenommene Körper. Diese Einwirkungen enden in unserem großen Gehirn; von den Vorgängen in ihm führt kein Weg weiter durch einen Kausalnexus in unser Bewußtsein aus dem einfachen Grunde, weil unser Gehirn so gut wie alle anderen Objekte unserer Wahrnehmung, unserer Vorstellung und unseres Denkens schon innerhalb unseres Bewußtseins liegen (wer sich schon innerhalb eines Hauses befindet, kann nicht erst von außen her in dasselbe eintreten, oder etwas hineintragen), und der Kausalnexus nur der Ausdruck für die Gesetzlichkeit der zeitlichen Aufeinanderfolge räumlich sich berührender Bewußtseinserscheinungen ist, mit dem Verhältnis des Bewußtseins zu der außerbewußten (transcendenten) Realität dagegen nichts zu thun hat. Lockes Unterscheidung zwischen primären und sekundären Eigenschaften der Dinge ist schon von Berkeley ( Principles of human Knowledge § IX sqq.) und Hume ( Treatise of human nature I, 4, 2; Inquiry concerning human understanding X, 1) als irrtümlich erkannt worden, gleichwohl aber hat in neuerer Zeit die exakte Naturwissenschaft sie sich angeeignet, und zu der vielbelobten mechanischen Naturanschauung ausgebildet. Der Grundfehler dieser besteht in der mangelnden Unterscheidung zwischen unserm Ich als leiblicher Person und unserm Ich als Subjekt eines individuellen Bewußtseinskreises. Außerhalb der ersteren liegt die ganze übrige objektive Welt, aber diese liegt mit unserer leiblichen Person innerhalb des letzteren. Dasein oder existieren heißt nichts anderes als gewußt werden. Unser Bewußtsein steckt nicht in unserm Kopfe, sondern unser Kopf steckt in unserm Bewußtsein. Wie das Bewußtsein entsteht und sich zeitweilig erhält (es entsteht in der That nicht ein- für allemal bei dem Beginne jedes individuellen Lebensprozesses, sondern während der ganzen Dauer desselben fortlaufend durch alle und jede in ihm auftretenden Wahrnehmungen und Empfindungen, durch das Wiederauftauchen latent gewordener Erinnerungen, die Bildung abstrakter Vorstellungen, Begriffe etc.), ist und bleibt für uns ein unlösbares Rätsel, denn es wäre ein Selbstwiderspruch von dem Außerbewußten etwas wissen zu wollen. Wenn die exakte Naturwissenschaft alle Erscheinungen der Sinnenwelt auf mechanische Bewegung von Stoffteilchen zurückzuführen sucht, so betrachtet sie alle unsere konkreten Sinneswahrnehmungen als Wirkungen, und gewisse abstrakte Bestandteile unserer, teils wirklich gemachten, teils (und hauptsächlich) nur vorgestellten Wahrnehmungen durch den Gesichts- und Tastsinn als deren Ursache. Mag dies Verfahren übrigens berechtigt oder unberechtigt sein, so ist es jedenfalls unstatthaft, diese wirklichen oder vermeinten Ursachen für etwas außerhalb des Bewußtseins und unabhängig von demselben Bestehendes zu halten. daß die Ideen der primären Eigenschaften der Körper Ebenbilder derselben sind, und ihre Muster wirklich in den Körpern selbst existieren, wogegen die von den sekundären Eigenschaften in uns hervorgebrachten Ideen ihnen ganz und gar nicht ähnlich sind; in den Körpern selbst existiert nichts, was unseren Ideen gleich wäre. Sie sind in den Körpern, die wir nach ihnen benennen, nur eine Kraft, gewisse Sinneswahrnehmungen in uns hervorzubringen, und was süß, blau oder warm in unserer Idee ist, das ist in den Körpern selbst nur eine gewisse Größe, Gestalt und Bewegung ihrer unsichtbaren Teilchen, die wir so nennen.

§ 16. Die Flamme nennen wir heiß und hell, den Schnee weiß und kalt, das Manna weiß und süß, nach den Ideen, die sie in uns hervorbringen; Eigenschaften, die nach der gewöhnlichen Denkweise in den Körpern ebenso beschaffen sind, wie ihre Ideen in uns, die einen das vollkommene Ebenbild der andern wie in einem Spiegel; und die meisten Menschen würden es für höchst ungereimt halten, wenn jemand etwas anderes behaupten sollte. Wer jedoch in Betracht ziehen will, daß dasselbe Feuer, welches in gewisser Entfernung in uns die Empfindung der Wärme hervorbringt, bei größerer Annäherung die sehr verschiedene Empfindung des Schmerzes verursacht, der wird bedenken müssen, welchen Grund er dafür hat, zu sagen, daß die Idee der Wärme, die in ihm durch das Feuer hervorgebracht ward, wirklich in dem Feuer enthalten sei, nicht aber auch seine Idee des Schmerzes, die dasselbe Feuer in ihm auf dieselbe Weise verursacht hat. Warum sind Weiße und Kälte im Schnee enthalten, der Schmerz aber nicht, während er die eine wie die andere Idee in uns hervorruft, und beide nur durch die Größe, Gestalt, Anzahl und Bewegung seiner soliden Masseteilchen bewirken kann?

§ 17. Die eigentümliche Größe, Anzahl, Gestalt und Bewegung der Bestandteile des Feuers oder des Schnees sind wirklich in ihnen, gleichviel ob sie von irgend jemand sinnlich wahrgenommen werden oder nicht, deshalb mag man sie reelle Eigenschaften nennen, weil sie thatsächlich in jenen Körpern existieren: dagegen sind Licht, Wärme, Weiße oder Kälte ebensowenig thatsächlich in ihnen vorhanden, wie Krankheit oder Schmerz im Manna. Man nehme ihre Sinneswahrnehmung hinweg, man lasse Licht und Farben nicht von den Augen gesehen, Töne nicht vom Ohre gehört, den Geschmack nicht vom Gaumen gekostet, den Duft nicht von der Nase gerochen werden, und alle Farben, Geschmacksarten, Gerüche und Töne, wie sie als solche eigentümliche Ideen bestehen, hören auf und verschwinden, sie werden auf ihre Ursachen, d. h. Größe, Gestalt und Bewegung von Körperteilchen, reduciert.

§ 18. Ein Stück Manna von wahrnehmbarer Größe vermag in uns die Idee einer runden oder viereckigen Gestalt hervorzubringen, und wenn es von einem Orte nach einem anderen hinbewegt wird, die Idee der Bewegung. Diese Idee der Bewegung stellt letztere dar, wie sie wirklich in dem sich bewegenden Manna existiert; ein Kreis oder ein Viereck sind dasselbe in der Idee wie im Dasein, im Bewußtsein wie im Manna, und beide, Bewegung und Gestalt, sind thatsächlich in dem Manna, wir mögen von ihnen Kenntnis nehmen oder nicht; das giebt jedermann bereitwillig zu. Außerdem hat das Manna durch die Größe, Gestalt, Textur und Bewegung seiner Teilchen die Kraft, in uns Empfindungen des Krankseins und zuweilen heftiger Schmerzen oder des Bauchgrimmens hervorzurufen. Daß diese Ideen von Krankheit und Schmerz nicht in dem Manna enthalten, sondern Folgen seiner Einwirkungen auf uns sind, und daß sie nirgends existieren, wenn wir sie nicht fühlen, auch das wird jeder bereitwillig zugeben. Und doch lassen sich die Menschen schwer aus den Gedanken bringen, daß Süße und Weiße nicht tatsächlich in dem Manna enthalten sind, daß sie nur die Folgen der Einwirkung des Manna durch die Bewegung, Größe und Gestalt seiner Stoffteilchen auf die Augen und den Gaumen sind, gleichwie die von dem Manna verursachten Schmerzen und Krankheitsempfindungen zugestandenermaßen nur die Folgen seiner Einwirkung auf den Magen und die Eingeweide durch die Größe, Bewegung und Gestalt seiner unsichtbaren Teilchen sind (denn ein Körper kann, wie nachgewiesen worden, durch nichts anderes wirken); als ob es nicht ebensogut auf die Augen und den Gaumen einwirken, und dadurch im Bewußtsein bestimmte eigentümliche Ideen, die es in sich selber nicht enthält, hervorbringen könnte, wie es zugegebenermaßen aus die Eingeweide und den Magen einwirken, und dadurch bestimmte in ihm selber nicht enthaltene Ideen hervorbringen kann. Da diese Ideen sämtlich Folgen der Einwirkungen des Manna durch die Größe, Gestalt, Zahl und Bewegung seiner Bestandteile auf verschiedene Teile unseres Leibes sind, so würde ein Erklärungsgrund dafür nötig sein, weshalb man von den durch die Augen und den Gaumen hervorgebrachten eher annehmen müsse, daß sie sich wirklich in dem Manna befänden, als von den durch den Magen und die Eingeweide hervorgebrachten, oder weshalb man glauben sollte, daß die von dem Manna bewirkten Ideen des Schmerzes und der Krankheit nirgends existierten, wenn sie nicht gefühlt würden, daß dagegen die Süße und Weiße, die von demselben Manna auf ebenso unbekannte Weise durch Einwirkungen auf andere Teile des Leibes hervorgebracht werden, auch dann in dem Manna existierten, wenn sie nicht gesehen oder gekostet würden.

§ 19. Die Ideen der primären Eigenschaften sind Ebenbilder, die der sekundären dagegen nicht. Dieses Rubrum des § 15 ist hier wohl nur ans Versehen wiederholt worden, gleichwie schon oben das Rubrum des § 1 bei § 6 In den Kapiteln VII und VIII. – Man betrachte die rote und weiße Farbe an einem Porphyr: wird das Licht verhindert, auf ihn zu fallen, so verschwinden seine Farben, er bringt nicht länger solche Ideen in uns hervor; erhält das Licht wieder Zutritt zu ihm, so läßt er diese Erscheinungen für uns von neuem entstehen. Kann sich jemand denken, daß durch die Gegenwart oder Abwesenheit des Lichtes irgend welche reelle Veränderungen in dem Porphyr bewirkt seien, und daß die Ideen der Weiße und Röte während der Beleuchtung wirklich in dem Porphyr vorhanden seien, obwohl es klar ist, daß er im Dunkeln keine Farbe hat? Er besitzt in der That sowohl bei Nacht wie bei Tage eine Konfiguration von Stoffteilchen solcher Art, daß sie durch das von gewissen Teilen jenes harten Steines reflektierte Licht die Idee der Röte, und durch das von anderen Teilen reflektierte die Idee der Weiße in uns hervorzubringen vermag; aber Weiße oder Röte sind zu keiner Zeit in ihm, sondern solch eine Textur, die die Kraft hat, eine gewisse Sinneswahrnehmung in uns hervorzubringen.

§ 20. Man zermalme eine Mandel, und die klare weiße Farbe wird in eine trübe, der süße Geschmack in einen öligen umgewandelt. Welche reelle Veränderung kann der Stoß einer Mörserkeule sonst in einem Körper hervorbringen, als eine Veränderung seines eigenen inneren Gewebes?

§ 21. Wenn die Ideen so unterschieden und verstanden werden, so sind wir imstande, Auskunft darüber zu geben, wie dasselbe Wasser zu gleicher Zeit durch unsere eine Hand die Idee der Kälte und durch die andere die Idee der Wärme hervorbringen kann, wohingegen es unmöglich ist, daß dasselbe Wasser, wenn diese Ideen reell in ihm enthalten wären, zu gleicher Zeit sowohl warm wie kalt sein könnte. Denn, wenn wir uns die Wärme, wie sie sich in unseren Händen befindet, nur als eine gewisse Art und ein gewisses Maß von Bewegung in den kleinsten Teilchen unserer Nerven oder Lebensgeister vorstellen, dann können wir verstehen, wie es möglich ist, daß dasselbe Wasser zu gleicher Zeit die Empfindungen der Wärme in der einen und der Kälte in der anderen Hand hervorbringen mag, was doch die Gestalt nie thut, indem eine solche, die in der einen Hand die Idee einer Kugel hervorgebracht hat, niemals in der anderen die Idee eines vierkantigen Körpers hervorruft. Wenn aber die Empfindung von Wärme und Kälte nur in einer durch die Moleküle eines anderen Körpers verursachten Vermehrung oder Verminderung der Bewegung der kleinsten Teile unseres Leibes besteht, so läßt sich leicht einsehen, daß, wenn diese Bewegung in der einen Hand größer ist als in der anderen, und ein Körper, dessen kleinste Teilchen sich in einer stärkeren Bewegung befinden als die der einen Hand, und in einer schwächeren als die der anderen Hand, mit beiden Händen in Berührung gebracht wird, dieser Körper die Bewegung in der einen Hand vermehren und in der anderen vermindern, und so die davon abhängigen verschiedenen Empfindungen der Wärme und Kälte verursachen wird.

§ 22. Bei dem zunächst Voraufgehenden habe ich mich etwas tiefer auf physikalische Fragen eingelassen, als vielleicht in meiner Absicht lag; da es aber notwendig war, die Natur der Sinneswahrnehmung einigermaßen verständlich zu machen, und dem Leser einen deutlichen Begriff des Unterschiedes zwischen den an den Körpern vorhandenen Eigenschaften und den durch diese in unserm Bewußtsein hervorgebrachten Ideen zu geben, ohne den es unmöglich wäre, über sie auf eine die Einsicht fördernde Weise zu reden, so hoffe ich, wird mir dieser kleine Exkurs in das Gebiet der Naturwissenschaft zu gute gehalten werden, weil es für unsere gegenwärtige Untersuchung notwendig war, die primären und reellen Eigenschaften der Körper, die stets in ihnen vorhanden sind (nämlich Solidität, Ausdehnung, Gestalt, Zahl und Bewegung oder Ruhe, und die mitunter von uns wahrgenommen werden, nämlich wenn die Körper, denen sie angehören, groß genug sind, um einzeln wahrgenommen zu werden), von den sekundären und ihnen nur zugeschriebenen Eigenschaften zu unterscheiden, die bloß Kraftäußerungen von verschiedenen Kombinationen der primären sind, wenn sie wirken, ohne deutlich unterschieden zu werden, wodurch wir auch zu der Erkenntnis davon gelangen, welche Ideen Abbilder von etwas wirklich in den Körpern Existierendem sind, was nach ihnen benannt wird, und welche das nicht sind.

§ 23. Drei Arten von Eigenschaften der Körper. – Die Eigenschaften, die sich an den Körpern finden, sind also, recht betrachtet, von dreierlei Art:

1. Die Größe, Gestalt, Zahl, Lage und Bewegung oder Ruhe ihrer soliden Bestandteile; diese sind in ihnen vorhanden, wir mögen sie wahrnehmen oder nicht; und wenn sie groß genug sind, daß wir sie entdecken können, so erhalten wir durch diese eine Idee des Dinges, wie es an sich selbst beschaffen ist, was sich an künstlichen Objekten deutlich zeigt. Diese nenne ich primäre Eigenschaften.

2. Die einem Körper innewohnende Kraft, vermöge seiner unsichtbaren primären Eigenschaften in eigentümlicher Weise auf irgend einen unserer Sinne einzuwirken, und dadurch in uns die mannigfachen Ideen verschiedener Farben, Töne, Gerüche, Geschmacksarten etc. hervorzurufen. Diese nennt man gewöhnlich sinnliche Eigenschaften.

3. Die einem Körper innewohnende Kraft, vermöge der eigentümlichen Beschaffenheit seiner primären Eigenschaften in der Größe, Gestalt, Textur und Bewegung eines anderen Körpers eine solche Veränderung zuwege zu bringen, daß dieser fortan auf unsere Sinne anders einwirkt, als er vorher that. So hat die Sonne die Kraft, Wachs zu bleichen, und das Feuer die Kraft, Blei zu schmelzen. Diese nennt man gewöhnlich Kräfte.

Die erste dieser drei Arten kann, wie gesagt, meiner Ansicht nach mit Recht als reelle, ursprüngliche oder primäre Eigenschaften bezeichnet werden, weil sie an den Dingen selbst bestehen, mögen sie nun wahrgenommen werden oder nicht, und von ihren verschiedenartigen Modifikationen hängen die sekundären Eigenschaften ab.

Die beiden anderen sind nur Kräfte, in verschiedener Weise aus andere Dinge einzuwirken, und diese Kräfte ergeben sich aus den verschiedenen Modifikationen jener primären Eigenschaften.

§ 24. Die ersten sind Ebenbilder; die zweiten werden dafür gehalten, ohne es zu sein; die dritten sind es weder, noch werden sie dafür gehalten. – Obgleich aber die beiden letzteren Arten von Eigenschaften bloß Kräfte sind und nichts als Kräfte, die sich auf gewisse andere Körper beziehen, und aus den verschiedenen Modifikationen der ursprünglichen Eigenschaften entspringen, so glaubt man doch gewöhnlich etwas anderes von ihnen; denn die von der zweiten Art, nämlich die Kräfte, gewisse Ideen in uns durch unsere Sinne hervorzubringen, werden als reelle Eigenschaften der so auf uns wirkenden Dinge betrachtet; die von der dritten Art aber werden für bloße Kräfte gehalten und so bezeichnet. Z. B. die Ideen von Wärme oder Licht, die wir durch unsere Augen oder unser Gefühl von der Sonne empfangen, hält man gewöhnlich für Eigenschaften, die reell in der Sonne existieren, und für etwas mehr als bloße Kräfte derselben; betrachten wir dagegen die Sonne mit Bezug auf das Wachs, was sie schmilzt oder bleicht, so sehen wir die in dem Wachs hervorgebrachte Weiße und Weichheit nicht als Eigenschaften der Sonne, sondern als durch ihre Kraft hervorgebrachte Wirkungen an; wohingegen, recht betrachtet, jene Eigenschaften des Lichtes und der Wärme, die meine Wahrnehmungen sind, während ich von der Sonne erwärmt oder beleuchtet werde, sich auf keine andere Art in der Sonne befinden, wie die in dem Wachs beim Bleichen oder Schmelzen bewirkten Veränderungen dort sind. Sie sind alle gleichmäßig in der Sonne Kräfte, die von deren primären Eigenschaften abhängen, wodurch sie imstande ist, in dem einen Fall die Größe, Gestalt, Textur oder Bewegung gewisser unsichtbarer Teile meiner Augen oder Hände so zu verändern, daß sie dadurch in mir die Idee von Licht oder Wärme hervorbringt, und in dem anderen, die Größe, Gestalt, Textur oder Bewegung der unsichtbaren Teilchen des Wachses so zu verändern, daß diese in mir die bestimmten Ideen von weiß und flüssig hervorzubringen vermögen.

§ 25. Der Grund, weshalb man die einen gewöhnlich für reelle Eigenschaften und die anderen nur für bloße Kräfte hält, scheint darin zu liegen, daß wir, weil unsere Ideen von bestimmten Farben, Tönen etc. überhaupt nichts von Größe, Gestalt oder Bewegung in sich schließen, nicht geneigt sind, sie als Wirkungen dieser primären Eigenschaften anzusehen, deren Einfluß bei ihrer Entstehung für unsere Sinne nicht bemerkbar, wird, und womit sie keinerlei sichtbare Übereinstimmung oder wahrnehmbaren Zusammenhang haben. Daher kommt es, daß wir so leicht für die Vorstellung zugänglich sind, daß jene Ideen die Ebenbilder von etwas wirklich in den Objekten selbst Existierendem seien, weil die Sinneswahrnehmung in ihrer Entstehung nichts von der Größe, Gestalt oder Bewegung von Stoffteilchen entdeckt, und die Vernunft ebensowenig darthun kann, wie Körper durch ihre Größe, Gestalt und Bewegung in unserm Bewußtsein die Idee von blau oder gelb etc. hervorzubringen vermögen. In dem anderen Falle dagegen bei der Wirksamkeit von Körpern, von denen der eine die Eigenschaften des anderen verändert, haben wir es klar vor Augen, daß die hervorgebrachte Eigenschaft gewöhnlich keine Ähnlichkeit mit irgend etwas in dem Dinge hat, wodurch sie hervorgebracht ward, und deshalb sehen wir sie als bloße Wirkung einer Kraft an. Denn, wenn wir auch geneigt sind, die Ideen von Wärme oder Licht, weil wir sie von der Sonne empfangen, für eine Wahrnehmung von Ebenbildern solcher Eigenschaften in der Sonne zu halten, so können wir doch, wenn wir sehen, daß die Farbe des Wachses oder eines schönen Gesichtes durch die Sonne verändert wird, uns nicht vorstellen, daß dabei die Aufnahme eines Ebenbildes von irgend etwas in der Sonne stattfinde, weil wir in der Sonne selbst keinen Farbenwechsel bemerken. Denn, da unsere Sinne eine Gleichheit oder Ungleichheit von sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaften in zwei verschiedenen äußeren Objekten zu erkennen vermögen, so schließen wir ohne weiteres, daß die Hervorbringung irgend einer sinnlich wahrnehmbaren Eigenschaft an irgend welchem Gegenstande bloß die Wirkung einer Kraft sei und nicht die Übertragung einer Eigenschaft, die in dem wirkenden Körper reell existierte, wenn wir in letzterem eine solche sinnlich wahrnehmbare Eigenschaft nicht vorfinden; weil aber unsere Sinne außer stande sind, irgend welche Ungleichheit zwischen der in uns entstandenen Idee und der Beschaffenheit des sie hervorbringenden Objektes Damit ist das vermeintlich außerhalb des Bewußtseins bestehende Ding-an-sich gemeint; jedes Objekt als solches besteht, wie schon sein Name andeutet, für ein Subjekt, also innerhalb des Bewußtseins, wenn auch außerhalb unserer Person, und hat keine andere Beschaffenheit als die von uns wahrgenommene. zu entdecken, so sind wir zu der Vorstellung geneigt, daß unsere Ideen Ebenbilder von etwas in den Objekten Enthaltenem und nicht die Wirkungen gewisser in der Modalität ihrer primären Eigenschaften liegender Kräfte seien, mit welchen primären Eigenschaften die in uns entstandenen Ideen keine Ähnlichkeit haben.

§ 26. Die sekundären Eigenschaften sind von zweierlei Art: 1. unmittelbar und 2. mittelbar wahrnehmbare. – Um zum Schlusse zu kommen: Abgesehen von den obenerwähnten primären Eigenschaften der Körper, nämlich Größe, Gestalt, Ausdehnung, Zahl und Bewegung ihrer soliden Bestandteile, ist alles übrige, wodurch uns die Körper erkennbar und voneinander unterscheidbar werden, lediglich eine Anzahl von jenen primären Eigenschaften abhängiger Kräfte in ihnen, wodurch sie befähigt werden, entweder durch unmittelbare Einwirkung auf unseren Leib gewisse verschiedenartige Ideen in uns hervorzubringen, oder auch durch Einwirkung auf andere Körper deren primäre Eigenschaften so zu verändern, daß sie andere Ideen in uns hervorzubringen vermögen, als sie vorher erzeugten. Die ersteren von diesen können, denke ich, unmittelbar wahrnehmbare, die letzteren mittelbar wahrnehmbare sekundäre Eigenschaften genannt werden.


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