Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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Während der Bürgerkriege.

            Schon ins zweite Geschlecht fortwütet die Fehde der Bürger
    Und Rom erliegt verblutend unter Römerhand.
Sie, die nimmer zu stürzen vermocht der Marsische Nachbar,
    Noch Porsenas anstürmendes Etruskerheer,
Die nicht Capuas mächtiger Neid, nicht Spartacus' Tatkraft,
    Nicht allobrogischer Hochverrat zu Boden zwang,
Selbst Germania nicht mit der Kraft blauäugiger Jugend,
    Noch unsrer Väter grauses Schreckbild, Hannibal,
Uns, dem unsel'gen Geschlecht aus sündigem Samen, erliegt sie,
    Und schweifend Wild wird hausen wieder, wo sie stand.
Wehe, da pflanzt in den Schutt der Barbar sein Banner des Sieges,
    Sein Reiter stampft mit schwerem Huf die Trümmerstadt,
Und des Quirinus Gebein, aus heiligem Dunkel gerissen –
    Fluchwürd'ger Anblick! – streut umher sein Übermut.
Aber erwägt ihr bereits, in Gemeinschaft oder die Edlern,
    Was solche Not von unserm Haupte wenden mag,
O so vereint euch zu diesem Beschluß. Gleichwie der Phöcäer
    Mit Fluch beladne Bürgerschaft einst flüchtete
Und die Äcker daheim und die Götter des Herds und die Tempel
    Den Ebern preisgab und dem reißenden Wolfsgeschlecht,
So zu wandern, wohin uns der Fuß trägt, oder der Süd uns,
    Der Sturm aus Westen brausend übers Meer entführt.
Wollt ihr? Oder ersann euch Beßres ein andrer? – Wohlan denn!
    Zu Schiff! Was säumt ihr? Günstig ist der Zeichen Stand.
Tragt ihr ein männliches Herz in der Brust, so beschwichtet die Klage
    Und laßt im Flug Etruriens Küsten hinter euch,
Bis uns der Ozean wiegt, der die Fluren umgürtet, die Fluren
    Glücksel'ger Inseln, unsrer Sehnsucht reiches Ziel,
Wo pfluglos der gesegnete Grund alljährige Frucht bringt
    Und unbeschnitten fort und fort die Rebe blüht,
Wo stets lohnend der Sproß ansetzt am Zweige des Ölbaums,
    Der Feige Purpur üppig stets im Laube prangt,
Honig geborstenen Eichen entträuft und von den Gebirgshöhn
    Die Rieselquelle silberfüßig niedertanzt.
Ohne Geheiß tritt dort an der Melkerin Eimer die Ziege,
    Mit vollem Euter traulich naht das Mutterschaf;
Niemals schädigen Seuchen das Vieh, da keines Gestirnes
    Erbarmungsloser Feuerblick die Herden sengt.
Auch kein brummender Bär umschleicht, wenn es dunkelt, die Hürden,
    Noch bläht vom Boden plötzlich sich die Natter auf.
Wunder erblicken wir Glücklichen rings, wo nimmer die Fluren
    Mit schweren Güssen feuchter Ostwind niederschwemmt,
Noch in glühender Scholle des Saatkorns Triebe verdursten,
    Denn beides, Glut und Nässe, dämpft der Götterfürst.
Dorthin steuerte nicht mit fichtenem Ruder die Argo,
    Medea nicht, die Buhlerin, betrat den Strand,
Nie auch wandten die Segel dahin sidonische Schiffer,
    Noch selbst Ulysses' vielgeprüfte Freundesschar.
Für ein frommes Geschlecht schied Jupiter dieses Gestad aus,
    Als er zuerst die goldne Zeit mit Erz verdarb,
Dann zu Eisen aus Erz sie verhärtete; doch der Gerechte
    Mag, so verkünd' ich, glücklich ihrem Fluch entgehn.

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