Emanuel Geibel
Klassisches Liederbuch
Emanuel Geibel

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Tyrtäos aus Attika.

Schlachtgesang.

(Aus den Elegien zusammengestellt.)

              Auf in den Kampf, ihr Enkel des unbezwungnen Herakles!
    Streitet getrost! Noch nie wandt' euch den Rücken der Gott.
Nimmer erschreck' euch die Menge des Feinds, noch fass' euch ein Zagen,
    Nein, gradaus mit dem Schild stürmt auf die Vordersten an!
Achtet das Leben gering. und die finsteren Pfeile des Todes,
    Grüßt sie mit Lust, wie sonst Helios' Strahlen ihr grüßt!
Denn schön ist's für den Tapfern, im vordersten Gliede zu fallen,
    Wenn er, den Seinen ein Hort, kämpft für den heimischen Herd;
Aber unendliche Schmach, wenn den Fliehenden, der das Getümmel
    Meidet, des Feindes Geschoß hinten im Rücken ereilt.
Ehrlos liegt er im Staube noch da, ein verachteter Leichnam,
    Und es starrt ihm der Schaft zwischen den Schultern heraus.
Schreite denn jeder beherzt vorwärts, in den Boden die Füße
    Fest eindrückend, die Zähn' über die Lippen geklemmt,
Brust und Schulter zumal und hinabwärts Hüften und Schenkel
    Hinter des mächtigen Schilds eherner Wölbung gedeckt.
Hochher schwing' er zum Wurf in der Rechten die wuchtige Lanze
    Und Furcht weckend vom Haupt flattre der Busch ihm herab.
Fuß an Fuß mit dem Gegner und Schild andrängend dem Schilde,
    Daß sich der Helm mit dem Helm streift und der Busch mit dem Busch,
Brust an Brust dann such' er im Kampf ihn niederzustrecken,
    Sei's mit des Schwerthiebs Kraft oder dem ragenden Speer.
Also die starrenden Reihn andringender Feindesgeschwader
    Wirft er zurück und dämmt mächtig die Woge der Schlacht.
Aber bezwingt ihn der Tod im Vorkampf: seinem Erzeuger,
    Seiner Gemeind' und Stadt bringt er erhabenen Ruhm,
Wie er im Blut daliegt, vielfältig die Brust und den Panzer
    Vorn, und den bauchigen Schild von den Geschossen durchbohrt.
Aber die Jünglinge weinen um ihn und es jammern die Greise,
    Und weitschallend erfüllt sehnliche Klage die Stadt.
Auch sein Grab bleibt heilig dem Volk, und die Kinder und Enkel
    Ehrt man und ehrt sein Haus bis in das fernste Geschlecht.
Nimmer im Dunkel erlischt sein Ruhm und gepriesener Name,
    Und der Begrabene lebt als ein Unsterblicher fort.

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