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Wolf und Bertha schritten die Straße zum Gerichtsgebäude hinab. Er fühlte, daß sie vielleicht nicht unabsichtlich ihren Körper an den seinen schmiegte. »Es ist die protocollarische Aussage eine nothwendige Form,« sagte er, »und ich freue mich, daß Sie nicht jene thörichte Angst zeigen, mit denen andere Frauen vor Gericht erscheinen. Sie haben feinere Bildung und ich wundere mich weniger darüber, daß Sie einen Dienst aufgeben, als daß Sie überhaupt einen angenommen.«
»Meine Eltern sind arm. Ich habe mich auch erst in den vornehmen Häusern ausgebildet.«
»So besitzen Sie jetzt neben dem Schatze der Schönheit auch den der Bildung und Erziehung. Wird Ihnen da das Leben im heimathlichen Dorfe zusagen?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich werde dort wenigstens frei sein und nicht mehr den Launen einer Herrschaft zu gehorchen haben. Ich besitze einen kleinen ersparten Schatz, der mich fürs Erste sicher stellt.«
»Ich verstehe! Bis ein Glücklicher Sie heimführt.«
Wolf sagte dies mit einem Seufzer, den sie nicht überhören konnte.
»Auf dem Lande habe ich weniger Aussicht, einen Mann zu finden, der für mich paßt, als in der Stadt,« erwiderte sie, »aber mir bleibt keine Wahl. Ich würde selbst einen Dienst dem Schicksal vorziehen, Verwandten zur Last zu fallen, die mich nur aufnehmen, weil sie sich schämen, mir ein Asyl zu versagen.«
Man hatte das Gericht erreicht. »Wir sind zur Stelle,« flüsterte Wolf. »Ich werde mich bemühen, Sie so wenig als möglich aufzuhalten, wie gerne ich auch mit Ihnen plauderte. Ich denke, wir sind in einer Viertelstunde fertig, aber ich wünschte fast, Sie aufzuhalten, damit Sie den Nachtzug versäumen. Vielleicht entschlössen Sie sich über Nacht, wenigstens noch einige Zeit hier zu bleiben.«
Bertha lächelte geschmeichelt. Sie nahm die Worte, wie sie klangen, für eine Galanterie. Stolzer und sicherer als sie hatte wohl selten eine Zeugin die Schwelle des Criminal-Verhörs-Zimmers überschritten. Sie würdigte die Schreiber keines Blickes und nahm den ihr angebotenen Sessel, als ob sie eine Gunst erweise.
Wolf nahm ihr gegenüber Platz und es schien, als ob ihn der Anblick ihrer Reize viel mehr interessire, als die Beantwortung seiner Fragen. Dieselben hatten zuerst auch nichts Verfängliches. Bertha gab die Notizen über ihr früheres Leben, daß eine Gräfin Braß sie dem elterlichen Hause entzogen, sie in ihre Dienste zu nehmen. Bertha schrieb es lächelnd der Neugierde des verliebten Commissars zu, daß derselbe immer mehr Details wissen wollte, daß sie ausführlich beschreiben mußte, wer das Haus besucht, als die Gräfin im Hannover'schen gelebt, mit wem sie Umgang gehabt.
»Ah,« sagte der Commissar, als sie unter den vornehmen Besuchern auch den Namen Stilten nannte, »dann sind Sie wohl von der Gräfin Braß der Baronin Stilten empfohlen worden?«
Bertha zeigte zum ersten Male Verwirrung, aber ein Blick auf Wolf beruhigte sie, der Commissar schien ihren Fuß zu bewundern, den sie ein wenig vorgestreckt.
»Nein,« antwortete sie. »Die Stiltens, welche die Gräfin Braß besuchten, waren Andere. Von der Baronin hörte ich später erst zufällig, daß es Verwandte von ihr gewesen, mit denen sie in gespannten Verhältnissen lebe. Die Gräfin Braß starb vor einem Jahre, ich nahm kurze Zeit Dienste bei der Frau von R. und zog dann zur Baronin Stilten.«
»Der Dienst bei der Frau von R. sagte Ihnen nicht zu?«
»Die Behandlung gefiel mir nicht.«
»Wie kamen Sie zur Baronin Stilten? Ich meine,« fuhr Wolf fort, als sie ihn befremdet über die Peinlichkeit des Verhörs anschaute, »wie traf es sich, daß Sie grade diese Stelle fanden? Die Baronin lebte damals wohl auf dem Gute ihres verstorbenen Gatten?«
»Nein, sie kam aus Italien. Ich las eine Annonce, welche sie erlassen und meldete mich zu der Stelle.«
»Um wieder einen Dienst zu finden, der Ihnen mißfiel!« sagte Wolf in einem Tone, als beklage er ihr Mißgeschick. »Wo lebte Frau von R., als Sie den Dienst derselben verließen?«
»In K.«
Bertha sagte dies mit einer Miene, als ermüde das Verhör ihre Geduld, aber Wolf ließ sich nicht irre machen.
»Ah,« sagte er, »in K., das ist eine hübsche Gebirgsstadt. Wenn ich nicht irre, liegt das Gut Stilten ganz in der Nähe!«
»Ich weiß es nicht. Ich bin nie auf diesem Gute gewesen,« erwiederte Bertha mit einer gewissen Hast. »Aber verzeihen Sie, Herr Commissar, ich werde den Nachtzug versäumen.«
Wolf lächelte bedeutungsvoll, sein Auge schien sie zu fragen, ob sie denn darüber zürne, daß er sie zu fesseln suche.
»So kommen wir denn zur Sache,« fuhr er fort. »Nur eine Frage vorher. Seit wann sind Sie mit dem Dienste bei der Baronin unzufrieden, und was ist die Ursache Ihrer plötzlichen Kündigung?«
»Herr Commissar, ich kann dies nicht besser beantworten, als wenn ich in aller Kürze die Begebenheiten schildere. Ich fühlte mich in erster Zeit sehr wohl bei der Baronin von Stilten, weil sie, ganz im Gegensatz zur Frau von R. mich mehr wie eine Gesellschafterin als wie eine Dienerin behandelte. Dies wurde mir erst peinlich, als die Baronin Andeutungen über ein Geheimniß in ihrem Leben gab, welches sie mir nicht enthüllen mochte. Es hatte etwas Beängstigendes, Drückendes für mich, die Vertraute von Klagen über eine Angelegenheit, die mir verborgen wurde, zu sein, und das um so mehr, als dieselben einen beunruhigenden Character hatten. Die Baronin starrte oft stundenlang, wie geistesabwesend vor sich hin, oft erschien sie des Morgens mit verweinten Augen, sie hatte beunruhigende Träume und stieß entsetzliche Worte im Schlafe aus. Eines Tages erzählte sie mir, daß sie von den Verwandten ihres verstorbenen Gatten tödtlich gehaßt und mit Verleumdungen aller Art verfolgt werde. Ich hatte schon in K. gehört, daß eigenthümliche Gerüchte über die Baronin Stilten im Umlauf seien, aber ich hatte darüber gelächelt. Das ganze Wesen der Baronin schien mir jedoch zu bestätigen, daß etwas schwer auf ihr laste. Hätte sie mich ihres vollen Vertrauens gewürdigt oder gar nicht mit mir über ihre Angelegenheiten gesprochen, so würde ich in beiden Fällen eine bestimmte Stellung eingenommen haben, ich wäre entweder ihre Freundin und Trösterin oder nur ihre Dienerin gewesen; das halbe Vertrauen gab mir eine peinliche, schwierige Stellung, in der ich mich unbehaglich fühlte.
Es ist möglich, daß diese Stimmung Ausdruck in meinem Benehmen gefunden, die Baronin ward launenhaft, nahm öfter einen herrischen Ton an, der mich verletzte, aber ich schob das ihrer nervösen Reizbarkeit zu und fand mich darein. Der Entschluß, plötzlich ihr den Dienst zu kündigen, ist eine Folge der Stellung, die ich bei ihr eingenommen und die ganz unhaltbar wurde, als die Frage an mich herantrat, ob ich der Baronin Opfer schuldig sei. Wäre ich ihre Vertraute gewesen, so würde ich die Pflicht gehabt haben, ihr in einer peinlichen Situation als Freundin zur Seite zu stehen, aber als Kammerzofe mochte ich mich nicht den Unannehmlichkeiten aussetzen, einmal ihre jetzt gewiß doppelt reizbare Laune zu ertragen und gleichzeitig schuldige Rücksichten auf meine Herrschaft zu nehmen, wenn ich zum Verhör gefordert wurde. Es kann für meinen Ruf nur gefährlich sein, als die vertraute Dienerin einer Dame zu gelten, die sehr üblen Verleumdungen ausgesetzt ist; ich wage dabei meine Ehre, denn Jedermann wird mich für ihr Werkzeug oder ihre Mittelsperson halten. Ich entschloß mich daher, auf der Stelle das Haus zu verlassen, ehe ich in Mitwissenschaft einer Angelegenheit, die vom Staatsanwalt verfolgt wird, gezogen wurde.«
»Sie haben sich sehr klug und taktvoll benommen,« sagte Wolf verbindlich. »Sie haben sich durch Ihre Gewandtheit vielleicht große Unannehmlichkeiten erspart. Wollen Sie jetzt die Güte haben, und mir genau die Vorgänge des gestrigen Abends schildern?«
»Ich thue es ungern, denn mein Dienst verpflichtet mich zur Discretion, aber ich glaube, hier bin ich Offenheit schuldig.«
»Ganz gewiß, mein Fräulein.«
Der Schreiber, der das Protokoll führte, lächelte vor sich hin, die Comödie wurde immer unterhaltender. Die Höflichkeit Wolf's machte Bertha, welche sich stets gern selber sprechen hörte, immer redseliger und sie ahnte nicht, daß hier jedes Wort auf eine bedeutsame Wageschale gelegt wurde. Die Eitelkeit erstickte die Klugheit, Bertha war der Eindruck, den sie auf den Commissar zu machen schien, so schmeichelhaft, daß sie ihm gern entgegenkam.
»Die Baronin,« erzählte sie, »war in letzter Zeit sehr ernst, launenhaft und reizbar. Sie schloß sich öfter in ihrem Boudoir ein und war erregt, wenn ich unberufen das Zimmer betrat. Sie hatte gestern Mittag sich noch nicht entschlossen, ob sie den Ball besuchen, oder im letzten Moment absagen lassen werde. Sie sagte mir, sie werde schellen, wenn sie meiner bedürfe. Als es Abend wurde, zog sie plötzlich heftig die Glocke. Ich eilte hinab. Die Baronin war sehr echauffirt, ungewöhnlich erregt. In heftiger Weise tadelte sie mich, daß ich sie nicht erinnert, Toilette zu machen.«
»Verzeihen Sie,« unterbrach Wolf die Erzählerin, »nur eine Frage, ehe Sie fortfahren. Wo befanden Sie sich im Laufe des Nachmittages?«
»Ich war auf meinem Zimmer in der oberen Etage. – Der Glockenzug aus dem Boudoir der Baronin führt dahin.«
»Um welche Zeit begaben Sie sich hinab?«
»Etwa um 7 Uhr.«
»Wissen Sie das genau?«
»Nein, die Dunkelheit des Abends erinnerte mich erst daran, daß die Baronin noch keine Entscheidung getroffen.«
»Gut. Ich bitte, fortzufahren.«
»Die Baronin befahl mir, ihr beim Ankleiden behülflich zu sein. Ihr ganzes Wesen erschreckte mich, so unruhig, so erregt hatte ich sie noch nie gesehen. Ihr Blick schien zu flammen, er hatte etwas Stechendes. Sie gab ihre Befehle in heftigem Tone. Ich wollte etwas aus dem Schlafkabinett holen, sie hieß mich bleiben und holte die Sache selbst.«
»Darf ich fragen, um was es sich handelte?«
»Herr Commissar –«
»Es ist wesentlich, ich bitte.«
»Nun denn, es war eine Schminkbüchse. Die Baronin pflegt Weiß aufzulegen, wenn sie erregt gewesen.«
»Wo machte sie Toilette?«
»In der an das Schlafgemach grenzenden rothen Stube.«
»Holte sie vielleicht den Schmuck, den sie anlegte, aus ihrer Cassette?«
»Nein. Ihr Schmuckkästchen steht in ihrem Sekretair, in der rothen Stube.«
»Wußten Sie etwas von der Existenz einer Cassette, die besonders verborgen war?«
»Nein. Ich begriff daher anfänglich auch nicht, was der Dieb eigentlich gestohlen.«
»Die Baronin trug also nie einen anderen Schmuck, als den, welcher sich in ihrem Schmuckkasten befand? Es müßte Ihnen doch sonst aufgefallen sein, daß sie noch an anderer Stelle Edelsteine verwahrte.«
»Nein. Ich entsinne mich nicht, daß ich bei der Baronin Schmucksachen gesehen, die nicht im Kästchen waren. Doch,« verbesserte sich Bertha, »ich kann darüber nichts Gewisses sagen, da ich das Kästchen nie in die Hand bekommen und nicht weiß, was darin ist. Die Baronin verwahrte ihren Schmuck stets selbst.«
Wolf nickte. Bertha fuhr fort. »Die Baronin,« erzählte sie weiter, »fuhr zum Balle. Ich ging auf mein Zimmer, speiste dort zur Nacht und begab mich dann wieder hinab, um im Vorzimmer auf einem Sessel bis zur Rückkehr der Baronin zu warten. Ich schlummerte ein und erwachte erst, als die Baronin zurückkehrte.«
»Sie haben das Schlafzimmer der Baronin nicht betreten?«
»Nein.«
»War Niemand darin?«
»Nur das Stubenmädchen, welches das Bett- und Nachtzeug ordnet.«
»Wann geschah dies?«
»Die Uhr weiß ich nicht genau. Vielleicht um 9 Uhr.
Das Mädchen wird darüber Auskunft geben.«
»Begleiteten Sie die Baronin in ihr Schlafgemach?«
»Ja. Ich entkleide sie stets.«
»In welchem Zimmer?«
»In dem rothen Zimmer entledigt sich die Baronin ihrer Schmucksachen, des Hutes, Mantels und der Robe, dann erst geht sie in das Schlafgemach. Gestern schritt sie sogleich dahin. Das fiel mir auf.«
»Das ist auch auffallend. Schildern Sie mir, bitte, den Moment.«
»Ich vermag das nur oberflächlich. Ich war zu sehr bestürzt. Die Baronin schritt vor mir und schrie plötzlich laut auf. Ich glaubte, sie sei krank. Erst ihre Worte: Ein Dieb, ich bin bestohlen! – und die Bemerkung, daß das Fenster eingedrückt war, ließen mich errathen, was geschehen. Ich zitterte vor Angst, ich glaubte den Dieb noch im Zimmer. Ich rief nach Hülfe. Der Diener kam, die Baronin hieß ihm, die Polizei rufen. Plötzlich ward sie andern Sinnes und wollte ihn zurückrufen. Aber er war schon fort. Die Baronin schritt im Zimmer auf und ab, sie war furchtbar erregt. Sie sprach kein Wort. Als ich zu fragen wagte was ihr denn gestohlen sei, ich sähe nirgends ein verletztes Schloß, gebot sie mir heftig, ich solle schweigen. Das empörte mich. Es lag Argwohn darin. Um so mehr befremdete es mich, daß die Baronin, als die Polizei kam, eine Recherche bei ihrer Dienerschaft für unnütz erklärte. Sie meinte, es sei ja ersichtlich, daß der Dieb von Außen eingestiegen. Ihre Leute seien ehrlich. Als die Polizei das Haus verlassen, mußte das Bett der Baronin in das rothe Zimmer gebracht werden. Sie ließ sich entkleiden, ohne ein Wort zu sprechen, und entließ mich mit einem Wink. Ich sah, daß ich ihr nur eine Magd war, nichts weiter. Ich gehorchte. Trotz ihrer Strenge und Kälte gegen mich, fühlte ich Theilnahme und hätte ihr andern Tags den Dienst nicht gekündigt, wenn sie mir ein Wort des Vertrauens gesagt. Die Erregtheit, in der ich die Baronin am Abend gefunden, ehe sie die Balltoilette machte, der Umstand, daß sie mich nicht das Schlafzimmer betreten ließ, brachten mich auf den Argwohn, daß Jemand bei ihr gewesen, der sich bei meinem Eintritt dahin zurückgezogen. So unglaublich das auch war, ich fand keine andere Erklärung, und das um so weniger, als ich den Einbruch von Außen unwahrscheinlich finde. Als ich nach dem Diebe suchte, den ich zuerst noch im Schlafzimmer verborgen glaubte, sah ich, daß nichts angetastet war. Es war nirgend ein Flecken am Fenstersims oder auf dem Trittbrett und draußen war der Boden schmutzig. Der Gedanke schoß mir durch den Kopf, daß ein Unwürdiger, der der Baronin Gunst früher besessen, sie aufgesucht, sich hier eingeschlichen und sie bestohlen habe. Die Baronin ließ heute Morgen Andeutungen fallen, die verriethen, daß sie fast lieber den Verlust der Cassette verschmerzen, als den Dieb ergriffen sehen wollte. Sie meinte, der Gedanke sei ihr entsetzlich, daß ein Mensch ihretwegen auf's Zuchthaus kommen solle. Derselbe werde sie dann ewig verfluchen und Rache brüten. Diese seltsamen Worte bestätigten meinen Argwohn. Als nun die Leute im Hause erzählten, in der Stadt gehe das Gerücht, der Dieb sei ergriffen, aber es habe eine eigene Bewandniß mit dem Diebstahl, als der Herr Staatsanwalt kam und lange bei der Baronin verweilte, als sie mit verweinten Augen von ihrer Absicht, abzureisen, sprach, da stand mein Entschluß fest, nicht eine Stunde länger bei ihr zu verweilen, um nicht in Verdacht zu kommen, ihre Helferin und Vertraute gewesen zu sein.«
»Ich danke Ihnen,« sagte Wolf, als sie geendet. »Ihre Aussage ist erschöpfend. Sie sind natürlich bereit, dieselbe zu beschwören?«
»Ist das nothwendig? Sie begreifen, daß ich dann einige Worte unbestimmter fassen müßte, besonders was meine Vermuthungen anbetrifft. Ich habe erzählt, ohne die Worte zu wägen.«
»Das ist notirt. Uebrigens ist der Eid vorläufig nicht nöthig. Die Schlußformel fordert nur, daß Sie die Bereitwilligkeit zur Eidesleistung erklären. Das Protocoll ist fertig. Sie sind vollständig frei, nichts hindert Sie, abzureisen.«
Bei diesen Worten Wolfs schaute der Schreiber betroffen auf, aber ein Blick des Beamten gebot ihm Schweigen.
Nachdem Bertha unterschrieben, führte Wolf sie hinaus und bedauerte, verhindert zu sein, sie nach Hause zu geleiten.
Er drückte ihre Hand.
»Werden Sie reisen?« fragte er leise.
»Ich gebe meine Entschlüsse niemals auf. Welches Interesse hätten Sie auch daran, ob ich bleibe oder nicht.«
»Ein großes. Ich müßte Urlaub nehmen, wenn mich die Sehnsucht treibt, Sie wiederzusehen.«
»Herr Commissar!« – –
»Zürnen Sie mir, weil Ihre Augen es mir angethan?«
»Sie spotten!« –
»Es ist Ihr Recht, an mir zu zweifeln, bis Sie mich besser kennen. Darf ich hoffen, daß Sie mich nicht ganz vergessen haben werden, wenn ich Sie in Ihrer Heimath aufsuche? Es kann lange dauern, bis ich Urlaub erhalte. Ich bin ein geplagter Mensch.«
»Ich werde abwarten, ob Sie mich nicht vergessen, versprechen kann ich jetzt noch nichts.«
Er küßte ihre Hand. Bertha verließ das Gericht mit dem stolzen Bewußtsein, eine Eroberung gemacht zu haben.