Christoph Martin Wieland
Geschichte des Agathon
Christoph Martin Wieland

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Die Gunst, in welche er sich in so kurzer Zeit und durch so zweideutige Verdienste bei dem Tyrannen gesetzt, stieg bald darauf, bei Gelegenheit einer akademischen Versammlung, welche Dionys mit großen Feierlichkeiten veranstaltete, zu einem solchen Grade, daß Philistus, der bisher noch zwischen Furcht und Hoffnung geschwebet hatte, seinen Fall nunmehr für gewiß hielt.

Dionys hatte vom Aristipp in der Stille vernommen, daß Agathon ehmals ein Schüler Platons gewesen, und während seines Glücksstandes zu Athen für einen der größesten Redner in dieser schwatzhaften Republik gehalten worden sei. Erfreut, eine Vollkommenheit mehr an seinem neuen Liebling zu entdecken, säumte er sich keinen Augenblick, eine Gelegenheit zu veranstalten, wo er aus eigner Einsicht von der Wahrheit dieses Vorgebens urteilen könnte; denn es kam ihm ganz übernatürlich vor, daß man zu gleicher Zeit ein Philosoph, und so schön, und ein so großer Citharschläger sollte sein können. Die Akademie erhielt also Befehl sich zu versammeln, und ganz Syracus wurde dazu, als zu einem Fest eingeladen, welches sich mit einem großen Schmaus enden sollte. Agathon dachte an nichts weniger, als daß er bei diesem Wettstreit eines Haufens von Sophisten (die er nicht ohne Grund für sehr überflüssige Leute an dem Hofe eines guten Fürsten ansah) eine Rolle zu spielen bekommen würde; und Aristipp hatte, aus dem obenberührten Beweggrunde, der der Schlüssel zu seinem ganzen Betragen gegen unsern Helden ist, ihm von Dionysens Absicht nichts entdeckt. Dieser eröffnete als Präsident der Akademie (denn seine Eitelkeit begnügte sich nicht an der Ehre, ihr Beschützer zu sein) die Versammlung durch einen übel zusammengestoppten, und nicht allzuverständlichen, aber mit Platonismen reich verbrämten Diskurs, welcher, wie leicht zu erachten, mit allgemeinem Zujauchzen begleitet wurde; ungeachtet er dem Agathon mehr das ungezweifelte Vertrauen des königlichen Redners in den Beifall, der ihm von Standes wegen zukam, als die Größe seiner Gaben und Einsichten zu beweisen schien. Nach Endigung dieser Rede, nahm die philosophische Hetze ihren Anfang; und wofern die Zuhörer durch die subtilen Geister, die sich nunmehr hören ließen, nicht sehr unterrichtet wurden, so fanden sie sich doch durch die Wohlredenheit des einen, die klingende Stimme und den guten Akzent eines andern, die paradoxen Einfälle eines dritten, und die seltsamen Gesichter, die ein vierter zu seinen Distinktionen und Demonstrationen machte, erträglich belustiget. Nachdem dieses Spiel einige Zeit gedauert hatte, und ein unhöfliches Gähnen bereits zwei Dritteile der Zuhörer zu ergreifen begann, sagte Dionys: Da er das Glück habe, seit einigen Tagen einen der würdigsten Schüler des großen Platons in seinem Hause zu besitzen; so ersuchte er ihn, zufrieden zu sein, daß der Ruhm, der ihm allenthalben vorangegangen sei, den Schleier, womit seine Bescheidenheit seine Verdienste zu verhüllen suche, hinweggezogen, und ihm in dem schönen Agathon einen der beredtesten Weisen der Zeit entdeckt habe: Er möchte sich also nicht weigern, auch in Syracus sich von einer so vorteilhaften Seite zu zeigen, und sich mit den Philosophen seiner Akademie in einen Wettstreit über irgend eine interessante Frage aus der Philosophie einzulassen. Zu gutem Glücke sprach Dionys, der sich selbst gerne hörte, und die Gabe der Weitläufigkeit in hohem Maße besaß, lange genug, um unserm Manne Zeit zu geben, sich von der kleinen Bestürzung zu erholen, worein ihn diese unerwartete Zumutung setzte. Er antwortete also ohne Zaudern: Er sei zu früh aus den Hörsälen der Weisen auf den Markt-Platz zu Athen gerufen, und in die Angelegenheiten eines Volkes, welches bekannter maßen seinen Hofmeistern nicht wenig zu schaffen mache, verwickelt worden, als daß er Zeit genug gehabt haben sollte, sich seine Lehrmeister zu Nutzen zu machen; indessen sei er, wenn es Dionys verlange, aus Achtung gegen ihn bereit, eine Probe abzulegen, wie wenig er das Lob verdiene, welches ihm aus einem allzugünstigen Vorurteil beigelegt worden sei.

Dionys rief also den Philistus auf, (man weiß nicht, ob von ungefähr oder vermög einer vorhergenommenen Abrede, wiewohl das letztere nicht wahrscheinlich zu sein scheint,) eine Frage vorzuschlagen, für und wider welche von beiden Seiten gesprochen werden sollte. Dieser Minister bedachte sich eine kleine Weile, und in Hoffnung den Agathon, der ihm furchtbar zu werden anfing, in Verlegenheit zu setzen, schlug er die Frage vor – welche Regierungs-Form einen Staat glücklicher mache, die Republikanische oder die Monarchische? – Man wird, dachte er, dem Agathon die Wahl lassen, für welche er sich erklären will; spricht er für die Republik, und spricht er gut, wie er um seines Ruhms willen genötiget ist, so wird er dem Prinzen mißfallen; wirft er sich zum Lobredner der Monarchie auf, so wird er sich dem Volke verhaßt machen, und Dionys wird den Mut nicht haben, die Staats-Verwaltung einem Ausländer anzuvertrauen, der bei seinem ersten Auftritt auf dem Schauplatz, einen so schlimmen Eindruck auf die Gemüter der Syracusaner gemacht hat. Allein dieses mal betrog den schlauen Mann seine Erwartung. Agathon erklärte sich, ungeachtet er die Absicht des Philistus merkte, mit einer Unerschrockenheit, welche diesem keinen Triumph prophezeite, für die Monarchie; und nachdem seine Gegner, (unter denen Antisthenes und der Sophist Protagoras alle ihre Kräfte anstrengeten, die Vorzüge der Freistaaten zu erheben) zu reden aufgehört hatten, fing er damit an, daß er ihren Gründen noch mehr Stärke gab, als sie selbst zu tun fähig gewesen waren. Die Aufmerksamkeit war außerordentlich; jedermann war mehr begierig, zu hören, wie Agathon sich selbst, als wie er seine Gegner würde überwinden können. Seine Beredsamkeit zeigte sich in einem Lichte, welches die Seelen der Zuhörer blendete, die Wichtigkeit des Augenblicks, der den Ausgang seines ganzen Vorhabens entschied, die Würde des Gegenstandes, die Begierde zu siegen, und vermutlich auch die herzliche Abneigung gegen die Demokratie, welche ihm aus Athen in seine Verbannung gefolget war; alles setzte ihn in eine Begeisterung, welche die Kräfte seiner Seele höher spannte; seine Ideen waren so groß, seine Gemälde so stark gezeichnet, mit so vielem Feuer gemalt, seine Gründe jeder für sich selbst so schimmernd, und liehen einander durch ihre Zusammenordnung so viel Licht; der Strom seiner Rede, der anfänglich in ruhiger Majestät dahinfloß, wurde nach und nach so stark und hinreißend; daß selbst diejenigen, bei denen es zum voraus beschlossen war, daß er Unrecht haben sollte, sich wie durch eine magische Gewalt genötiget sahen, ihm innerlich Beifall zu geben. Man glaubte den Mercur oder Apollo reden zu hören, die Kenner (denn es waren einige zugegen, welche davor gelten konnten) bewunderten am meisten, daß er die Kunstgriffe verschmähte, wodurch die Sophisten gewohnt waren, einer schlimmen Sache die Gestalt einer guten zu geben – Keine Farben, welche durch ihren Glanz das Betrügliche falscher oder umsonst angenommener Sätze verbergen mußten; keine künstliche Austeilung des Lichts und des Schattens. Sein Ausdruck glich dem Sonnenschein, dessen lebender und fast geistiger Glanz sich den Gegenständen mitteilt, ohne ihnen etwas von ihrer eigenen Gestalt und Farbe zu benehmen.

Indessen müssen wir gestehen, daß er ein wenig grausam mit den Republiken umging. Er bewies, oder schien doch allen die ihn hörten zu beweisen, daß diese Art von Gesellschaft ihren Ursprung in dem wilden Chaos der Anarchie genommen, und daß die Weisheit ihrer Gesetzgeber sich mit schwachem Erfolg bemühet hätte, Ordnung und Konsistenz in eine Verfassung zu bringen, welche ihrer Natur nach, in steter Unruh und innerlicher Gärung alle Augenblicke Gefahr laufe, sich durch ihre eigene Kräfte aufzureiben, und welche des Ruhestandes so wenig fähig sei, daß eine solche Ruhe in derselben vielmehr die Folge der äußersten Verderbnis, und gleich einer Windstille auf dem Meer, der gewisse Vorbote des Sturms und Untergangs sein würde. Er zeigte, daß die Tugend, dieses geheiligte Palladium der Freistaaten, an dessen Erhaltung ihre Gesetzgeber das ganze Glück derselben gebunden hätten, eine Art von unsichtbaren und durch verjährten Aberglauben geheiligten Götzen sei, an denen nichts als der Name verehrt werde; daß man in diesen Staaten einen stillschweigenden Vertrag mit einander gemacht zu haben scheine, sich durch den Namen und ein gewisses Phantom von Gerechtigkeit, Mäßigung, Uneigennützigkeit, Liebe des Vaterlandes und des gemeinen Besten von einander betrügen zu lassen; und daß unter der Maske dieser politischen Heuchelei, unter dem ehrwürdigen Namen aller dieser Tugenden, das Gegenteil derselben nirgends unverschämter ausgeübt werde. Es würden, meinte er, eine Menge besonderer Umstände, welche sich in etlichen tausend Jahren kaum einmal in irgend einem Winkel des Erdbodens zusammenfinden könnten, dazu erfordert, um eine Republik in dieser Mittelmäßigkeit zu erhalten, ohne welche sie von keinem Bestand sein könne: Und daher daß dieser Fall so selten sei, und von so vielen zufälligen Ursachen abhange, komme es, daß die meisten Republiken entweder zu schwach wären, ihren Bürgern die mindeste Sicherheit zu gewähren; oder daß sie nach einer Größe strebten, welche nach einer Folge von Mißhelligkeiten, Kabalen, Verschwörungen und Bürgerkriegen endlich den Untergang des Staats nach sich ziehe, und demjenigen, welcher Meister vom Kampf-Platze bliebe, nichts als Einöden zu bevölkern und Ruinen wieder aufzubauen überlasse. So gar die Freiheit, auf welche diese Staaten mit Ausschluß aller andern Anspruch machten, finde kaum in den despotischen Reichen Asiens weniger Platz; weil entweder das Volk sich demütiglich gefallen lassen müsse, was die Edeln und Reichen, ihrem besondern Interesse gemäß, schlössen und handelten; oder wenn das Volk selbst den Gesetzgeber und Richter mache, kein ehrlicher Mann sicher sei, daß er nicht morgen das Opfer derjenigen sein werde, denen seine Verdienste im Wege stehen, oder die durch sein Ansehen und Vermögen reicher und größer zu werden hoffeten. In keinem andern Staat sei es weniger erlaubt von seinen Fähigkeiten Gebrauch zu machen, selbst zu denken, und über wichtige Gegenstände dasjenige was man für gemeinnützlich halte, ohne Gefahr, bekannt werden zu lassen; alle Vorschläge zu Verbesserungen würden unter dem verhaßten Namen der Neuerungen verworfen, und zögen ihren Urhebern geheime oder öffentliche Verfolgungen zu. Selbst die Grundpfeiler der menschlichen Glückseligkeit, und dasjenige, was den gesitteten Menschen eigentlich von dem Wilden und Barbaren unterscheide, Wahrheit, Tugend, Wissenschaften, und die liebenswürdigen Künste der Musen, seien in diesen Staaten verdächtig oder gar verhaßt; würden durch tausend im Finstern schleichende Mittel entkräftet, an ihrem Fortgang verhindert, oder doch gewiß weder aufgemuntert noch belohnt; und allein zu Unterstützung der herrschenden Vorurteile und Mißbräuche verurteilt – Doch genug! – wir haben zu viel Ursache günstiger von freien Staaten zu denken – wenn es auch nur darum wäre, weil wir die Ehre haben unter einer Nation zu leben, deren Verfassung selbst republikanisch ist, und in der Tat die wunderbarste Art von Republik vorstellt, welche jemals auf dem Erdboden gesehen worden ist – als daß wir diesen Auszug einer für den Ruhm der Freistaaten so nachteiligen Rede ohne Widerwillen sollten fortsetzen können. Es geschah aus diesem nämlichen Grunde, daß wir, anstatt den Diskurs des Agathon seinem ganzen Umfange nach aus unsrer Urkunde abzuschreiben, uns begnügt haben, einige Züge davon, als eine wiewohl sehr unvollkommene Probe des Ganzen anzuführen. Ferne soll es allezeit von uns sein, irgend einem Erdenbewohner die Stellung worin er sich befindet, unangenehmer zu machen, als sie ihm bereits sein mag; oder Anlaß zu geben, daß die Gebrechen einiger längst zerstörten Griechischen Republiken, aus denen Agathon seine Gemälde hernahm, zur Verunglimpfung derjenigen mißbraucht werden könnten, welche in neuern Zeiten als ehrwürdige Freistädte und Zufluchts-Plätze der Tugend, der gesunden Denkungs-Art, der öffentlichen Glückseligkeit und einer politischen Gleichheit, welche sich der natürlichen möglichst nähert, angesehen werden können. Unsrer übrigens ganz unmaßgeblichen Meinung nach, gehört die Frage, über welche hier disputiert wurde, unter die wichtigen Fragen – ob Scaramuz, ob Scapin besser tanze – und so viele andre von diesem Schlage, (wenn sie gleich ein ernsthafteres Ansehen haben) worüber bis auf unsre Tage so viel Zeit und Mühe – von Gänsespulen, Papier und Dinte nichts zu sagen – verloren worden, ohne daß sich absehen ließe, wie, worin oder um wieviel die Welt jemals durch ihre Auflösung sollte gebessert werden können. Wir könnten diese unsre Meinung rechtfertigen; aber es ist unnötig; ein jeder hat die Freiheit anders zu meinen wenn er will, ohne daß wir ihn zur Rechenschaft ziehen werden; hanc veniam petimus, damusque vicissim; denn in der Tat, ein Buch würde niemalen zu Ende kommen, wenn der Autor schuldig wäre, alles zu beweisen, und sich über alles zu rechtfertigen. Wir übergehen also auch, aus einem andern Grunde, den wir den Liebhabern der Rätsel und Logogryphen zu erraten geben, die Lobrede, welche Agathon der monarchischen Staats-Verfassung hielt. Die Beherrscher der Welt scheinen (mit Recht, würde Philistus sagen, denn ich machte es an ihrem Platz auch so) ordentlicher Weise sehr gleichgültig über die Meinung zu sein, welche man von ihrer Regierungs-Art hat – Es gibt Fälle, wir gestehen es, wo dieses eine Ausnahme leidet – aber diese Fälle begegnen selten, wenn man die Vorsichtigkeit gebraucht, hundert und fünfzigtausend wohlbewaffnete Leute bereit zu halten, mit deren Beistand man sehr wahrscheinlich hoffen kann, sich über die Meinung aller friedsamen Leute in der ganzen Welt hinwegsetzen zu können. Sind nicht eben diese hundert und fünfzigtausend – oder wenn ihrer auch mehr sind; desto besser! – ein lebendiger, augenscheinlicher, ja der beste Beweis, der alle andre unnötig macht, daß eine Nation glücklich gemacht wird? – Genug also (und dieser Umstand allein gehört wesentlich zu unsrer Geschichte) daß diese Rede, worin Agathon alle Gebrechen verdorbener Freistaaten und alle Vorzüge wohlregierter Monarchien, in zwei kontrastierende Gemälde zusammendrängte, das Glück hatte, alle Stimmen davon zu tragen, alle Zuhörer zu überreden, und dem Redner eine Bewunderung zu zuziehen, welche den Stolz des eitelsten Sophisten hätte sättigen können. Jedermann war von einem Manne bezaubert, welcher so seltne Gaben mit einer so großen Denkungs-Art und mit so menschenfreundlichen Gesinnungen vereinigte. Denn Agathon hatte nicht die Tyrannie, sondern die Regierung eines Vaters angepriesen, der seine Kinder wohl erzieht und glücklich zu machen sucht. Man sagte sich selbst, was für goldene Tage Sicilien sehen würde, wenn ein solcher Mann das Ruder führte. Er hatte nicht vergessen, im Eingang seines Diskurses dem Verdacht vorzukommen, als ob er die Republiken aus Rachsucht schelte, und die Monarchie aus Schmeichelei und geheimen Absichten erhebe: Er hatte bei dieser Gelegenheit zu erkennen gegeben, daß er entschlossen sei, nach Tarent überzugehen, um in der ruhigen Dunkelheit des Privatstandes, welchen er seiner Neigung nach allen andern vorziehe, dem Nachforschen der Wahrheit und der Verbesserung seines Gemüts obzuliegen – (Redensarten, die in unsern Tagen seltsam und lächerlich klingen würden, aber damals ihre Bedeutung und Würde noch nicht gänzlich verloren hatten.) Jedermann tadelte oder bedaurte diese Entschließung, und wünschte, daß Dionys alles anwenden möchte, ihn davon zurückzubringen. Niemalen hatte sich die Neigung des Prinzen mit den Wünschen seines Volkes so gleichstimmig befunden wie dieses mal. Die starke Zuneigung, die er für die Person unsers Helden, und die hohe Meinung, die er von seinen Fähigkeiten gefasset hatte, war durch diesen Diskurs auf den höchsten Grad gestiegen. So wenig beständiges auch in Dionysens Charakter war, so hatte er doch seine Augenblicke, wo er wünschte, daß es weniger Verleugnung kosten möchte, ein guter Fürst zu sein. Die Beredsamkeit Agathons hatte ihn wie die übrige Zuhörer mit sich fortgerissen; er fühlte die Schönheit seiner Gemälde, und vergaß darüber, daß eben diese Gemälde eine Art von Satyre über ihn selbst enthielten. Er setzte sich vor, dasjenige zu erfüllen, was Agathon auf eine stillschweigende Art von seiner Regierung versprochen hatte; und um sich die Pflichten, die ihm dieser Vorsatz auferlegte, zu erleichtern, wollte er sie durch eben denjenigen ausüben lassen, der so gut davon reden konnte. Wo konnte er ein tauglicheres Instrument finden, den Syracusanern seine Regierung beliebt zu machen? Wo konnte er einen andern Mann finden, der so viele angenehme Eigenschaften mit so vielen nützlichen vereinigte? – Dionys hatte sich, wie wir schon bemerkt haben, angewöhnt, zwischen seine Entschließungen und ihre Ausführung so wenig Zeit zu setzen als möglich war. Alles was er einmal wollte, das wollte er hastig und ungeduldig; denn, in so fern er sich selbst überlassen blieb, sah er eine Sache nur von einer Seite an; und dieses mal entdeckte er sich niemand als dem Aristipp, der nichts vergaß, was ihn in seinem Vorhaben bestärken konnte. Dieser Philosoph erhielt also den Auftrag, dem Agathon Vorschläge zu tun. Agathon entschuldigte sich mit seiner Abneigung vor dem geschäftigen Leben, und bestimmte den Tag seiner Abreise. Dionys wurde dringender. Agathon bestand auf seiner Weigerung, aber mit einer so bescheidenen Art, daß man hoffen konnte, er werde sich bewegen lassen. In der Tat war seine Absicht nur, die Zuneigung eines so wenig zuverlässigen Prinzen zuvor auf die Probe zu stellen, eh er sich in Verbindungen einlassen wollte, welche für das Glück anderer und für seine eigene Ruhe so gute oder so schlimme Folgen haben konnten.


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