So schied ich hin mit hohem Muth
Und dachte so: »Nun steht es gut.
Ich hab ihr jetzo zugesandt
Einen Boten, der bekannt
Ihr machen mag den Willen mein:
Des will ich hohen Muthes sein
Und meines Trauerns mich begeben:
In hohem Muthe will ich leben.«
Ich blieb jedoch nicht lange fort,
Mein Gedenken stand nur an den Ort.
Fünf Wochen ritt ich Frauen sehn.
Unterdessen wars geschehn,
Daß mein Niftel her und hin
Gefahren war nach meinem Sinn,
Zu meiner Frauen und hindann:
Das ward alsbald mir kund gethan.
Des freut' ich mich und ritt zuhand
Dahin wo ich mein Niftel fand.
Da empfieng die Gute mich so wohl
Wie Freund den Freund empfangen soll.
Sie sprach: »Ich that nun dein Begehr,
Das beßer unterblieben wär,
Da es dir doch gar wenig frommt,
Mit Nichten dir zu Frommen kommt.
»Nun sitze nieder her zu mir,
So will ich alles sagen dir
Was meine Herrin wider mich
Geredet hat und auch was ich
Zu ihr gesprochen. Hör mich an:
Ich hab ihr treulich kund gethan,
Sie sei dir lieb wie sonst kein Weib
Und lieber als der eigne Leib.
»Von dir noch weiter sagt ich ihr,
Gar weh nach ihrer Huld sei dir;
Du habest dich mit Gut und Leben
Auf ihre Gnade ganz ergeben.
Deiner Freuden Trost wär sie allein
Und Niemand möge dich befrein
Von Minnebanden, thät ihr Mund
Weibliche Güte nicht dir kund.
»Herrin, sprach ich, glaubet das,
Eines Mannes Herz besaß
Kein Weib je so gewaltiglich.
Hätt er alle Reiche, sicherlich,
Die gäb er, Frau, um euern Gruß.
Nun ich die Wahrheit sprechen muß,
Er schwur darauf mir manchen Eid
Auf alle seine Seligkeit.
»Bevor ich Urlaub nahm von ihr,
Deine neuen Lieder las ich ihr.
Da sprach die Frau mit reinem Muth:
Die Lieder sind in Wahrheit gut;
Doch nehm ich ihrer mich nicht an,
Da sein Dienst mir nicht geziemen kann.
Du sollst der Rede dich entschlagen
Und mir nicht wieder von ihm sagen.
»Denn wird dein Neff ein biedrer Mann,
Das ists was ich ihm gönnen kann.
Zu solcher Gunst hab ich ein Recht,
Denn einst war er mein Edelknecht.
Ich gönn ihm aller Ehren wohl
Deshalb, wie ich das billig soll.
Nur schweig er solcher Bitten still,
Die ich ihm nie gewähren will.
»Wo er solcher Thorheit noch begehrt,
Des bleibt er stäts doch ungewährt,
Daß ich genehmge seinen Dienst.
Meiner Ehre brächt es nicht Gewinnst;
Auch wär es ihm weiß Gott zu viel.
Nicht mehr hievon ich sprechen will;
Von Ihm auch hätt ichs gerne Rath:
Die Rede mich beleidigt hat.«
»Da sprach ich: Frau, zürnt nicht so schwer.
Es geschehen solcher Dinge mehr,
Daß ein junger Mann so hoch begehrt,
Verbleibt es gleich ihm ungewährt.
Sie werben hoch aus hohem Muth,
Sie dünkt, es sei zur Ehre gut:
Ein hochgemuther Ritter soll
Werthen Frauen bringen Minnezoll.
»Ihr seid ihm allzu hoch geboren:
Was schadet das! Er hat erkoren
Zur Herrin euch auf Lebenszeit,
Da ihr all seine Wonne seid.
Ihr seids, auf der sein Heil beruht,
Der er dienend Dienste thut
Ohne Wanken immerdar,
Ihr seid sein Wunsch und Sinnen gar.«
»Nun schweig, der Rede sei genug.
Kein Mann so hohes Lob noch trug,
Erlaubt' ich ihm, mir Dienst zu weihn,
Es müst ihm große Ehre sein.
Doch Keinem noch gewährt' ich sie,
So werther Mann noch lebte nie,
Des Dienst verdienen möchte mich:
Viel beßer drum begiebt ers sich.
»Und wär er auch so gar vollkommen
(Das hab ich nicht von ihm vernommen)
An aller Würd und Würdigkeit,
So müste doch zu aller Zeit
Einem Weib missfallen, daß so schlecht
Sein Mund steht nach des Mundes Recht.
Wenn ichs mit Urlaub sprechen soll,
Der steht ihm übel, weist du wohl.«
Da wollte sie von dir nicht mehr
Reden. Nun ist mein Begehr
Und Rath, den dir die Freundin thut,
Dieweil so hoch sie trägt den Muth,
Daß du sie Dienstes läßest frei
So lieb dir deine Ehre sei:
Ihres Dienstes sollst du dich begeben
Und sonst mit hohem Muthe leben.«
»Niftel, dir folg ich darin nicht,
Daß ich der werthen Zuversicht,
Die ich zu meiner Herrin trage,
Nach Jemands Rathe mich entschlage.
Du sollst mir solchen Rath nicht geben:
Ich will ihr stäts zu Diensten leben.
Es kann von ihr mich keine Noth
Vertreiben als der grimme Tod.«
»Doch will ich nicht mehr Botin sein.«
»Um Gott, vielliebe Niftel, nein,
Du sollst an mir noch nicht verzagen.
Nun höre mich, und laß dir sagen:
Man schneide mir in kurzer Frist
Vom Mund, was übelstehend ist,
Wie es dabei mir auch ergeht,
Da sie findet, daß er übel steht.
»Du magst mir glauben wohl mit Grund,
Gefallen muß ihr mehr mein Mund
Wo nicht noch schlimmer tausendfalt.
Da er so übel ist gestalt,
Daß er der Herrin so missfällt,
So laß ichs um kein Gut der Welt,
Ich schneid ihm ab was übel steht,
Wie es in kurzer Zeit ergeht.«
»Ich rath in Treuen sicherlich,
Nicht so verderben wolle dich:
Wie dich Gott hat heißen leben,
So leb und nimm was er gegeben
Williglich von ihm für gut:
Nur das bedünkt mich rechter Muth.
Willst du dich anders als er will,
Von solchem Muthe schweige still.«
»Frau, Gottes Segen sei mit dir:
Beschloßen hab ichs fest bei mir.
Gelingt es nun, gelingt es nicht,
Ich sende dir getreu Bericht;
Entbieten will ich Alles dir
Und bitte dich, daß du es ihr
Entbietest, bei der Treue dein,
Der herzgeliebten Frauen mein.«
»Das gelob ich dir auf meinen Eid;
Doch wiße, Neffe, mir ist leid,
Daß du dir Solches vorgesetzt.«
So schied ich von der Guten jetzt
Und ritt gen Gräz in Steierland,
Wo ich viel gute Meister fand:
Dem Besten that ich gleich zur Stund
Allen meinen Willen kund.
Er sprach: »Nun glaubt mit Zuversicht,
Ich schneid euch vor dem Maien nicht:
Kommt ihr im Maien her aufs Neu,
So gewähr ichs euch bei meiner Treu
Und mach euch also euern Mund,
Daß ihr zur Freude findet Grund:
Ein Meister bin ich gar darin
Und habe Kunst dazu und Sinn.«
Da ritt ich weiter Frauen schaun.
Den Winter sah ich viel der Fraun
Bis der süße Sommer kam,
Der Winter gar ein Ende nahm.
Da hört ich singen Vögelein,
Nun, dacht ich, mag es Zeit wohl sein
Gen Gräz zu meinen Arzt zu fahren:
Da möge Gott mich wohl bewahren.
Da ritt ich hin in Gottes Pflege.
Entgegen kam mir auf dem Wege,
Seht, meiner Frauen Knecht, den ich
Erkannte: er erkannt auch mich.
Da fragt er, wo ich wollte hin,
Wohin zu reiten wär mein Sinn.
»Geselle, das will ich dir sagen,
Hör seltne Märe mit Behagen.
»Wiße denn, ich bin gesund
Und will mich gerne machen wund:
Zu Gräz laß ich schneiden mich.«
Da segnete der Knappe sich
Und sprach: »Wo? Herr, das saget mir.«
»Geselle sieh,« versetzt' ich, »hier
Der Lippen, der ich dreie hab,
Ich laße eine schneiden ab.«
»Und ist das wahr, so helf euch Gott.
So sprech ich wohl ohn allen Spott,
Von Wunder fand ich hier Bericht.
Meine Herrin weiß hievon wohl nicht:
Der meld ich solch ein Wunder groß.
Ihr seid, weiß Gott, der Sinne bloß,
Daß ihr euch waget sonder Noth.
Ihr habt gewiss davon den Tod.«
»Nun sag es wem du willst fürwahr:
Es ist mein Wille ganz und gar:
Es muß auf dieser Fahrt geschehn.«
»In Treun, ich wills als Zeuge sehn
Mag es mit euern Hulden sein.
So sag ich erst der Frauen mein,
Ihr wolltet mich da bei euch sehn
Zu schauen wie euch wird geschehn.«
Da ritt ich hin (und ritt auch Er)
Gen Gräz: dahin war mein Begehr;
Wo ich auch meinen Meister fand:
Der unterwand sich mein zuhand.
Eines Montags morgens fruh
Griff er mit seinem Schneiden zu.
Daß er mich bände, wollt ich nicht.
»Das bekommt euch übel, habt Bericht.
»Und rührt ihr euch nur um ein Haar,
So nehmt ihr Schaden, das ist wahr.«
Ich sprach: »Das meid ich sicherlich.
Ich kam geritten williglich
Hieher zu euch um meine Noth:
Ich weiß, und läg ich vor euch todt,
Daß mich doch Niemand wanken sieht
Wie weh mir auch von euch geschieht.«
Meiner Furcht war wenig sicherlich.
Auf eine Bank hin setzt' ich mich.
Er nahm ein Meßer in die Hand
Und schnitt den Mund mir allzuhand.
Ueber die Zähne gieng der Schnitt
Was ich in aller Ruhe litt.
Das Schneiden wurde so vollbracht,
An Wanken hatt ich nie gedacht.
Er hat mich meisterlich geschnitten
Und mannlich hab ich es erlitten.
Da schwoll alsbald der Mund mir all
Viel größer als ein Schlageball.
Der Wunde that er da ihr Recht.
Das sah all meiner Frauen Knecht.
Er sprach zu mir: »Mögt ihr genesen,
So bin ich gern bei euch gewesen.
»Als ich neulich von euch ritt,
Da theilt ich meiner Frauen mit,
Daß man euch schneiden sollte hie:
Des wollte sie mir glauben nie.
Sie sprach zu mir: Er thut es nicht,
Wie dir mein Mund in Wahrheit spricht:
Zu große Thorheit deucht' es mich,
Wollt er so schneiden laßen sich.
»Nun hab ich Alles wohl ersehn
Was mit euch Wunders ist geschehn.
Nun denk ich von euch hin zu fahren;
Der reiche Gott mög euch bewahren
Und mache bald euch ganz gesund;
Meiner Frauen will ich machen kund,
Daß man den Mund euch hat geschnitten
Und ihr das mannlich habt erlitten.«
»Von mir sag deiner Fraun nicht mehr
Als daß ich stäts ihr Diener wär:
Nicht mehr entbieten darf ich ihr.
Wem sonst du willst, dem sag von mir
Was hier erlitten hat mein Leib,
Das sei geschehen um ein Weib:
Die sprach, mir stünde schlecht der Mund,
Deshalb ward solcher Schmerz mir kund.
»Der dien ich also stäts fürwahr
(Das magst du sagen offenbar),
Was immer ihr an mir missfällt,
Das wird von mir bald abgestellt.
Missfiel' ihr meine rechte Hand,
Ich schlüge sie mir ab zuhand.
Hievon nun schweig ich lieber still;
Doch will ich nicht als was sie will.«
So ritt der Knappe bald hindann.
Hier lag ich als ein wunder Mann
Wohl sechsthalb Wochen oder mehr.
Mir war sehr wohl, und weh auch sehr.
Weh davon, mein Leib war wund;
Dabei so war mein Herz gesund.
Der Minne Zwingen zwang mich so,
Wie weh mir war, doch war ich froh.
Ich war halt froh was auch ergieng.
Ungemach von Hunger nicht gering
Und auch von Durst erlitt ich lang:
Entbehren must ich Speis und Trank.
Mir thaten Mund und Zähne weh.
Eine Salbe grüner noch als Klee
Strich man mir in meinen Mund,
Die stank recht wie ein fauler Hund.
Wenn mich des Leibes Noth bezwang,
Daß ich endlich aß und trank,
Die Salbe schluckt ich mit hinab,
Die den Geruch mir selber gab.
Eßen und Trinken war mir bald
Vergällt: ich that wie jene halt,
Welchen Krankheit Eßen wehrt:
So ward ich schwach und abgezehrt.
Ich theilt euch volle Kunde mit,
Wie man mir um die Herrin schnitt
Den Mund; wer nun noch weiter will
Hören, der vernehm es still.
Zu Gräz verblieb ich also lang
Bis zu genesen mir gelang:
Da ritt ich freudig hin zuhand
Wo ich meine Niftel fand.
Als die mich nur ersah von fern,
Wie sie da sprach, vernehmet gern:
»Den Mund dir niemand ferner soll
Verweisen, denn er steht dir wohl.
Gefügt nun hat es sich dir so,
Ich bins von ganzem Herzen froh.
Auch ward mir Alles schon gesagt
Was du erlittest unverzagt.
»Es ist von mir nicht unterblieben,
Ich hab es Alles aufgeschrieben
Und will es senden Ihr sogleich,
Deren Gunst dich machte freudenreich,
Das ist die liebe Herrin dein.
Der will ich auf die Treue mein
Und meine Seligkeit dann sagen,
Daß du es hast um Sie ertragen.
»Eines Wortes willen, das sie sprach,
Die Gute, nun vor manchem Tag,
Daß ihr dein Mund gefiele nicht.
So geb ihr auch mein Brief Bericht
Was du erlittest lange Zeit,
Und von der stäten Stätigkeit,
Die du mit Treuen zu ihr trägst
Und der du nimmer dich entschlägst.«
»Niftel mein, dir lohne Gott,
Süßes Weib, getreuer Bot.
Du hast an mir gethan so wohl,
Daß ichs an dir verdienen soll,
Und hast mir doch so wohl gethan,
Daß ich es nicht verdienen kann.
Mein Herz zu dir mir immer rieth.
Ich habe jetzt ein neues Lied
»Erdacht, das sollst du noch von mir
Um meinetwillen senden ihr.
Als ich zu Gräz im Siechthum lag,
Da kürzte mir ihr Lob den Tag.
Ihr Lob so sanft mir oftmals thut,
Ihr Lob giebt mir oft hohen Muth,
Ihr Lob macht oft mich wieder froh.
Nun hör das Lied; es lautet so:
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