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28. Wolfram von Eschenbach.

1. Wächterlied.

       

    Des Morgens Schein bei Wächters Sang ersah
Die Frau, als sie geborgen
In des werthen Freundes Arme lag;
    Der süßen Freuden Ende gieng ihr nah.
Da wurden ihr vor Sorgen
Naß die Augen. »Weh«, begann sie, »Tag!
    Wild und Zahm erfreut sich dein
Und sieht dich gerne,
        ich nur nicht. Wie soll es mir ergehn?
Nun mag nicht länger hier bei mir bestehn
Mein Freund: ihn jagt von mir dein Schein.«

    Der Tag gewaltig durch die Fenster drang.
Die Läden sie verschloßen,
Doch es half nicht. Noth ward ihnen kund.
    Den Freund die Freundin fester an sich zwang,
Viel Thränen ihnen floßen
Aus beider Wangen. Also sprach ihr Mund:
    »Zwei Herzen und ein Leib sind wir
Gar ungeschieden:
        unsre Treue wandert Hand in Hand.
Wie schnell dieß große Heil uns beiden nun entschwand,
Wenn du mir kommst und ich zu dir!«


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