Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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175. Der Müller und sein Sohn

Einst trieben ein Müller und sein Sohn einen Esel in die Stadt, um ihn auf dem Markte zu verkaufen. Da begegnete ihnen ein Mann zu Pferde und sagte lachend: Ihr seid nicht gescheit, daß ihr den Esel leer laufen laßt, und keiner von euch beiden aufsitzt. Der Bauer hieß den Sohn aufsitzen. – Ueber eine Weile begegnete ihnen ein Lastwagen. Der Fuhrmann rief dem Sohne laut zu: Schämst du dich denn nicht, du junger Bursche, daß du reitest, während dein alter Vater zu Fuß nebenher gehen muß. – Als der Sohn diese Rede hörte, sprang er eilends vom Esel herab und ließ den Vater aufsitzen. Nachdem sie auf sandigem Wege wieder eine Strecke zurückgelegt hatten, begegnete ihnen eine Bäurin, die einen Korb voll Obst auf dem Kopfe trug. – Diese sprach zum Vater: Ihr seid ein unbarmherziger Vater, daß Ihr es Euch auf dem Esel so bequem macht, und Euren armen Sohn im tiefen Lande nachwaten laßt. Da nahm der Vater den Sohn zu sich auf den Esel. – Als ein Schäfer, der am Wege die Schafe hütete, beide auf dem Esel vorbeireiten sah, rief er laut: Ach, das arme Tier! Unter der doppelten Last muß es zugrunde gehen! Ihr seid grausame Tierquäler. Da stiegen beide ab und der Sohn sagte zum Vater: Was sollen wir nun mit dem Esel anfangen, um es den Leuten recht zu machen? Am Ende müssen wir ihm gar noch die Füße zusammenbinden und ihn an einer Stange auf unsern Schultern zu Markte tragen. Allein der Vater sprach: Du siehst nun, mein Sohn, daß man es niemals allen Leuten recht machen kann, und daß der Rat sehr weise ist:

Such deine Sache wohl und gut zu machen;
Und laß die Tadler schimpfen oder lachen.


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