Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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27. Die Kohlblätter

Eine fleißige Mutter baute in ihrem Garten Gemüse aller Art. Eines Tages sagte sie zu ihrer kleinen Tochter: Lieschen, sieh, da an der untern Seite dieses Kohlblattes die kleinen, netten gelben Dingerchen. Das sind die Eilein, aus denen die schönfarbigen, aber verderblichen Raupen kommen, die sich dann in weiße Schmetterlinge verwandeln, von denen dort einer fliegt. Suche diesen Nachmittag alle Blätter ab und zerdrücke diese Eier, so wird unser Kohl immer schön grün und unversehrt bleiben. – Lieschen meinte, zu dieser Arbeit sei es allemal noch Zeit, und dachte am Ende gar nicht mehr daran. Die Mutter war einige Wochen nicht wohl, und kam nicht in den Garten. Als sie aber wieder gesund war, nahm sie das saumselige Mädchen bei der Hand und führte es zu den Kohlbeeten, und sieh! aller Kohl war von den Raupen abgefressen. Man sah davon nichts mehr, als die Stengel und die Gerippe der Blätter. Das erschrockene und beschämte Mädchen weinte über ihre Nachlässigkeit. Die Mutter aber sagte: Tu das, was heute geschehen kann, sogleich heute, und verschiebe es niemals auf morgen. Noch wichtiger aber, sprach die Mutter, ist eine andere Lehre, die gleichsam auf diesen übel zugerichteten Blättern geschrieben steht:

Dem Bösen tu gleich anfangs Widerstand,
Sonst nimmt's am Ende schrecklich überhand.


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