Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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108. Der Honigtopf

Margaretens Mutter hatte einst in der Küche beide Hände voll Arbeit und rief: Gretchen, hole mir geschwind eine Zitrone; da ist der Schlüssel zum Speisegewölbe! Als Margarete in das Speisegewölbe kam, schaute sie begierig umher, ob es nichts zu naschen gebe. Da erblickte sie oben auf einem Brette den Honigtopf. Sie streckte sich, so sehr sie konnte, um den Topf zu erreichen und ihren ausgestreckten Zeigefinger in den Honig zu tauchen. Allein plötzlich zwickte sie etwas ganz entsetzlich in den Finger, und als sie schreiend und weinend die Hand herauszog, siehe, da hing ein großer Krebs daran, der den Finger mit seiner Schere gepackt hatte, und ihn gar nicht mehr loslassen wollte. – Die Mutter hatte nämlich, ohne daß Gretchen es wußte, den Honig vor ein paar Tagen verkauft, und weil der Topf eben leer stand, einige Krebse darin aufbewahrt. Sie eilte auf Gretchens Geschrei in das Speisegewölb, machte den blutenden Finger des Kindes von der Krebsschere los und sagte: Laß diese kleine Strafe dich warnen; denn Naschhaftigkeit könnte noch betrübendere Folgen für dich haben. Schon viele, die sich in ihrer Jugend das Naschen angewöhnt haben, verschwendeten ihr Geld, schadeten ihrer Gesundheit, und, was noch viel schlimmer ist, ihrer Seele.

Vor Näscherei nimm dich in acht,
Sie hat schon manchem Leid gebracht.


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