Christoph von Schmid
190 kleine Erzählungen für die Jugend
Christoph von Schmid

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42. Stroh und Reisig

Eine arme Witwe und ihre zwei Knaben kehrten eines Abends aus dem nahen Weidengebüsche, wo sie Reisholz gesammelt hatten, zurück in ihr Dorf. Die Mutter trug einen großen, und jeder der Knaben einen kleinen Büschel Weidenzweige auf dem Kopfe, die mit einem Strohbande zusammengebunden waren. Unterwegs begegnete ihnen ein reicher Kaufmann aus der Stadt, und sie baten ihn um ein Almosen. Der reiche Mann sagte aber zur Witwe: Ihr braucht nicht zu betteln. Uebergebt die zwei Knaben mir; da sollen sie lernen, aus Reis und Stroh Gold zu machen.

Die Mutter hielt das für Scherz; allein der Kaufmann versicherte, es sei wirklich sein Ernst. Da willigte sie endlich ein, und der Kaufmann ließ den einen Knaben das Korbmachen, und den andern das Strohflechten lernen. Nach drei Jahren kamen sie in die arme Hütte ihrer Mutter zurück, verfertigten unermüdet die schönsten Körbe und die feinsten Strohhüte und überlieferten die Waren dem Kaufmanne. Eines Tages nun trat der Kaufmann in ihre Stube, bezahlte die erhaltenen Arbeiten in lauter Dukaten und sprach lächelnd zur Mutter: Nicht wahr, ich habe recht gehabt und Wort gehalten?

Ihr Kinder, seid dem Fleiße hold,
Er wandelt Stroh und Reis in Gold.


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