Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Unter den Gästen befand sich auch der kleine Hans Engelrecht. »Nein – was der für Unsinn machte! Es war gleich um sich zu wälzen!« Und Hans brauchte gar nicht große Voranstalten zu seinen heiteren Künsten. Wenn er nur die Miene verzog, das Haar in's Gesicht strich oder den fingirten Schnurrbart einen halben Fuß lang kräuselnd in die Luft ausdrehte – schallendes Gelächter! Es war, als ob ein ganzes Janitscharengeläut von Narrenschellen in seinem Leibe steckte, das zu klingeln anfing, so wie er sich nur rührte.
Am meisten Glück machte der junge Komiker mit einem alten ostpreußischen Schwank.
»Jung', wat grienst?«
»Na, wat grienst? Lache' war' ick doch nich'.«
»Jung', hat di de Wulf 'n Schaap genomme'?«
»Na, 'n Schaap genomme'? Bringe' ward He mi doch keens.«
»Jung', liefst ooch dem Wulf nach?«
»Na, liefst ooch dem Wulf nach? He ward mi doch nich' in's Dorp nachlofe'?«
»Jung', ick war' di schlai'n.«
»Na, schlai'n! Puschane' (streicheln) ward He mi doch nich'.«
»Jung', mußt' immer dat letzte Wört behole'?«
»Na, immer dat letzte Wört behole'? Dat ierste let He mi jo nich'.«
Das hatte Karl sich denn auch anzueignen gesucht. Von ihm lernten die Kleinen den Scherz, und von den Kleinen die noch Kleineren bis herab zum Banktischchen der Allerkleinsten. Am Ende wurde es denn doch zu viel, und die Mutter verbat sich's. Leider erstreckte sich die Kraft ihrer Verbote nicht bis auf den Hausherrn, und als selbst der Vater bei Gelegenheit das classische Citat »Jung', ick war' di schlain'!« ebenso passend als leutselig anbrachte, ging es sogleich wieder los: »Jung', wat grienst?« vom Aeltesten bis zum Jüngsten.
»Wunderlich« – bemerkte unser Herr Nachbar und Hausfreund, der den Nachmittag gerade da war, wer kann hören »mein Jungchen, was weinest du?« ohne mehr oder weniger Rührung! »Jung', wat grienst?« heißt doch dasselbe, und dabei lacht Alles. Sagt der Vater »Jung', ick war di schlain'« – wieder Heiterkeit ohne Ende, sagt er hingegen auf gut Deutsch oder Hochpreußisch »ich werde dich schlagen« – ja er braucht es nicht einmal zu sagen, nur nach dem Klopfstock zu greifen, der die Jacke ausklopft, wenn das Kerlchen noch darin steckt, da lacht Niemand. – Und was machte der kleine Engelrecht denn sonst noch? Machte er nicht, wie die Krähen hopsen und die Hühner saufen?
»Ja wol!«
»Das kann ich mir schon denken. Machte er nicht auch »den dicken Mann« ohne Kissen und Watte? Er bläst nur die Backen auf und hält die Arme mit gefalteten Händen wie ein Tonnenband so weit wie möglich vor seinen windigen Leib ...« »Ja ja ...« Karl gerieth außer sich vor Wonne in Erinnerung der unvergleichlichen Leistung, mit einem Heringsbauch und Sperlingswaden den »dicken Mann zu machen«, der seine Kniee nicht sieht.
»Ich kenne so ziemlich sein Repertoir. Dann wird doch auch wol »das Kalb und der Steueraufseher« herangekommen sein?«
»Nein.«
»Nicht? das wundert mich, das ist ja eine Hauptnummer von ihm.«
»Ach, wie ist das? Bitte, bitte.«
»Ja, liebsten Kinder, ihr werdet nicht von mir verlangen, ich soll dem kleinen Hanswurst in's Handwerk pfuschen? Freilich die Alten bildeten, so viel ich mich aus der Mythologie erinnere, den Momus als einen mürrischen Greis. Sollte die damalige Jugend noch weniger zu Scherz und Possen aufgelegt gewesen sein? Man darf es kaum annehmen. Auch haben die Systeme der Weltweisheit, eines immer tiefsinniger als das andere, die Idee des Komischen wissenschaftlich zu bestimmen versucht. Nun Engelrechts machen sich die Sache leichter, sie sagen, wie ich höre, einfach: »der Hans ist ein gräßlich alberner Bengel.«
*