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O wär' ich nur ein wenig allmächtig und unendlich – dachte Walt – ich wollte mir ein besonderes Weltkügelchen schaffen und es unter die mildeste Sonne hängen, ein Weltchen, worauf ich nichts setzte, als lauter dergleichen liebe Kinderlein, und die niedlichen Dinger ließ ich gar nicht wachsen, sondern ewig spielen.
Jean Paul
Die Mutter hat das Kind vor sich im Schooße, lächelt und nickt ihm zu.
»Wie alt ist der Kleine?«
»Mittwoch ein Vierteljahr.«
Also Mittwoch! Der Vater des Kindes würde vielleicht gesagt haben: »ein Vierteljahr« oder »bald – nächstens ein Vierteljahr.« Im Munde der Mutter wäre das ein unerklärlicher Mangel an Genauigkeit.
Die Mutter lächelt und nickt. »Es ist doch ein einziger Junge!«
Die Wärme dieser richtigen, obwol durch Neuheit nicht überraschenden Bemerkung könnte zu der Annahme verleiten, es sei der Mutter einziges Kind im streng arithmetischen Sinne. Dieser Schluß wäre doch voreilig. Die angewandte Mathematik der Mutterliebe hat ihre eigene Art zu rechnen: je mehr Kinder schon da sind, um so gewisser wird jedes neu hinzukommende das »einzig einzige«. Die anderen sind ja auch alle reizende Kinder, aber dies ist »ein zu reizender Junge!«
Die Mutter lächelt und nickt, und war es erst das sanfte stille Lächeln, das sich ganz in den Anblick des Kindes versenkt, so ist es jetzt ein gar heiteres Nicken und Kopfschütteln zugleich; sie neigt sich immer mehr vor und zieht die Brauen hinauf, als wollte sie ein bischen böse thun, was auch ganz dem Zwecke entspricht – noch immer heiterer auszusehen und dem Kleinen ein erwiderndes Lächeln abzuschmeicheln.
– Und da lachte er ja auch!
»Freilich – was wird er nur nicht! Wir haben ja Gottlob! die dumme Zeit hinter uns.«
Ein Schrei des Schmerzes ist das erste Lebenszeichen bei des Menschen körperlicher Geburt, das erste geistige Regen offenbart sich in dem elektrischen Funken der Freude. »Es spielt mit den Engelchen«, sagt man, wenn die Kinder im Schlafe lächeln. Wenn sie wachend das Lächeln der Mutter erwidern, ist es ein Spiel mit dem treuesten und eigensten Schutzgeiste des jungen Lebens. –
Nun lächelt die Mutter, weil ihr die Aehnlichkeit des Kleinen mit dem Vater noch nie so aufgefallen: – nun, um die väterlichen Liebesrechte gleichsam in Vertretung des Abwesenden wahrzunehmen, und nun wieder auf eigene Rechnung: – sie kann sich nicht satt sehen an ihrem neuen, jungen Glück, das vor ihr liegt, so groß es ist – funfzehn und dreiviertel Zoll nach der Messung des exacten Vaters – mit dem klopfenden Pulse im Schädelchen, das seidenweiche, feine, kräftig schwarze Haarspürchen dicht bedecken – mit den hellen, klaren Augenkreisen, die sich wie fragend zwischen den beweglichen Lidern drehen, als wollten sie zunächst nur gern wissen, wo eigentlich oben und wo unten ist bei der Horizontallage – mit den milchzarten, grabbelnden Händchen, den kleinen, ganz kleinen Fingerchen, jedes Fingerchen mit Fältchen an den Knöchelchen, ein jedes mit seinem rosigen Nägelchen, und jedes Nägelchen mit seinem weißen Rändchen.
»Und schon so nettes festes Fleisch haben wir, so volle Gliederchen, und das Gesicht ist schon so hübsch rund, blank und glatt.«
Ein Kind von dieser wunderbaren Gelungenheit ward noch nicht vom Weibe geboren. Ganz in der Ordnung, daß von ihm in der majestätischen Form der Mehrheit die Rede ist: »Wir – regierender Jüngstgeborner!«
»Lachst du auch mit? Das ist recht – lachen sie uns aus, lachen wir sie wieder aus – die Anderen. Was wissen die? Wir beide verstehen uns doch am allerbesten. Aber das Mützchen ist dem Kinde ja ganz und gar verrutscht! Wie sieht das aus! Als wenn wir ein Gläschen zu viel hätten. Du – du Mützchen, willst du uns wol nicht immer so verrutschen!«
Und nachdem das Mützchen wieder gehörig zurecht gerückt ist, benutzt die Mutter die sehr passende Gelegenheit, dem Kinde freundlich lächelnd – zuzunicken.
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