Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Der Hausherr, der Hund
und die Katze.

                  Der edle Ritter Pharamund
Hielt Tafel. Greif, sein Tiegerhund,
Trat schnell herbey ihm aufzuwarten.
Dafür erhielt er vom Fasan
Das Schenkelbein. Die fetten Schwarten
Des Schinkens, selbst den Ortolan
Bekam sein leckrer Mund zu schmecken.
Der Kater Mauz schlich auch heran
Und wollte blos die Teller lecken.
Greif biß ihn mit erboßtem Zahn
Vom Schmause weg. Der Junker lachte
Und gab ihm einen Tritt dazu.
Ey, heulte Mauz im Fliehn, ich dachte
So gut als Greif zu seyn... Wie, du!
Verwegner, kennst du Greifs Talente:
Er hetzet mir durch Feld und Hain
Den Fuchs, das Haselhuhn, das Schwein
Und holt mir aus dem Teich die Ente.
Als Wächter hütet er mein Thor,
Als Knapp folgt er mir auf der Reise
Durch Blitz und Schnee, durch Staub und Moor.
Und du, Herr Mauz, was fängst du? – Mäuse –
Was hütest du? zur höchsten Noth
Den Speicher. Heißt das nicht sein Brod
Im Schoos des Müßiggangs verdienen?
Der Kater kroch mit blöden Mienen
Und leisem Schritt zum Saal hinaus.
Er sonnte murrend auf dem Dache
Sein graues Fell und schnaubte Rache.
Von nun an fieng er keine Maus
Und lebte blos vom marodieren;
Auch sah man bald im ganzen Haus
Die Mäuse frey herum spatzieren.
Ihr Daseyn war ein steter Schmaus,
Gewürzt mit Tänzen und Turnieren.
Der Kater sah in stolzer Ruh
Den frechen Räubereyen zu,
Die bald die Speisekammer leerten,
Bald ganze Berge Korns verheerten.
Ich merke wohl, sprach Pharamund
Und zog die braune Stirn in Falten,
Ein Hausherr braucht zwar einen Hund,
Doch muß er sich auch Katzen halten.

Mit Recht belohnt ein Fürst den Freund,
Die Edeln, die sich Ruhm erwarben;
Doch läßt er kleine Diener darben,
So ist er seines Landes Feind.


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