Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Theonise

an Lina

                Mit einem Blick voll heitrer Ruh,
Erschien die junge Theonise
Auf einer bunt gestickten Wiese
Und schnitt sich Gras für ihre Kuh.

Voll Reitz, wie Hebe, kniet sie hier
Und singt. Schnell wand sich eine Schlange
Um ihren Arm. Ihr war nicht bange,
Sie schwung die Sichel nach dem Thier.

Da sprach die Schlange: tödst du mich,
So lebst du zwar, doch deine Mutter
Erblaßt. Ha, rief sie, meine Mutter!
Und ihre Brust schlug fürchterlich.

Sie wirft noch einen naßen Blick
Nach ihrem Dach. Nun sauge, sauge!
Spricht sie zur Natter, schließt ihr Auge
Und sinket starr ins Gras zurück.

Doch schnell erwacht sie; ihre Hand
Ergreift ein Jüngling. Gleich den Söhnen
Des Äthers, lächelt er der Schönen,
Die bebend ihm zur Seite stand.

Der Spruch des Schicksals ist erfüllt:
Das frömmste Kind, so war sein Wille,
Befreyt mich von der Schlangenhülle,
Die lange mich gefangen hielt.

Ich bin ein Prinz, fuhr Idamant
Zu reden fort, die blauen Wellen
Des Euphrats nagen an den Schwellen
Des Throns, den ich nun wieder fand.

Komm, Edle, weyhe mir ihn ein;
Durch dich erst kann ich glücklich werden.
Heil mir! das beste Kind auf Erden
Muß auch die beste Gattin seyn.

Ja, Lina, Tugend darbet nie:
Und hat ein Gatte keine Kronen,
Die Kinderstreue zu belohnen,
So krönt der Eltern Segen sie.


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