Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Die Kirchenvereinigung

                In einer griechischen Abtey
Am Fuß des hohen Tabors, nährte
Der Prior einen Papagey,
Den er das Ave singen lehrte.
Er sang die Hymne so geschickt,
Daß ihn das fromme Volk, entzückt,
Mehr als Sanct Rochus Hund verehrte.
Der Prior starb. Die Reislust wacht
Im Virtuosen auf; er kehrte
Mit leisem Flug, bey dunkler Nacht
Ins alte Vaterland zurücke.
Er stellte sich dem Hofe dar.
Der Adler der zu gutem Glücke
Ein Freund der edlen Tonkunst war,
Erhob, als er in der Kapelle
Sich hören liess, ihn auf der Stelle
An des verstorbnen Mufti Platz.
So hohe Würden hatte Matz
Sich auch im Traume nicht versprochen.
Doch Ehre bläht, Gewalt macht kühn;
Das neue Haupt des Sanhedrin
Gebahr gleich in den ersten Wochen
Die Grille, seine Psalmodie
Bey allen Vögeln einzuführen.
Der frohe König billigt sie;
Der Waldgesang, die Liturgie
Des Herzens konnt ihn nicht mehr rühren,
War für sein Ohr Kakophonie:
Und zudem ist ja reformieren
Der Fürsten Steckenpferd. Sogleich
Ließ er in seinem ganzen Reich
Den neuen Canon publicieren.
Nun schützte zwar der Vögel Chor
Die hergebrachten Rechte vor;
Allein da half kein Protestieren.
Der Mufti drohte mit dem Bann:
Der Sultan sprach vom Strangulieren,
Und kurz, das neue Lied begann.
Die Sänger wetzten sich den Schnabel
Und orgelten mit Angst und Pein
Das tollste Wirrwarr durch den Hain,
Das seit der Symphonie von Babel
Auf unserm Erdenrund erscholl.
Den Vorsang führten andachtsvoll
Der Storch, der welsche Hahn, die Eule,
Die Gans, der Kuckuck und der Pfau:
Sie kollerten sich braun und blau
Und füllten, durch ihr Klaggeheule,
Das Land auf eine halbe Meile.
Ein weiser Rabe, lahm und grau
Vor Alter, saß bey dem Monarchen
Und schwieg. Mit zornigem Gesicht
Sprach der Despot zum Patriarchen:
Rebelle, warum singst du nicht?
Weil dein Gebot mein Herz empöret,
Versetzt der Alte: glaube mir,
Der Schöpfer hat ein jedes Thier
Sein eigenes Gebet gelehret,
Das ihm gefällt. Ein Lobgesang,
Den Furcht erpresst, ist Übelklang,
Ist Lästerung, die ihn entehret.
Befiel nun meinen Tod. Er schwieg.
Der Sultan auch: wie Meereswogen,
So schäumt sein Blut. Noch wankt der Sieg;
Doch schnell rief er: ich ward betrogen!
Heil dir o Freund! du zogst ihn ab,
Den Schleyer, der mein Aug umgab.
Und ihr, empfangt die Freyheit wieder,
Ihr Vögel singet eure Lieder
In eurem angebohrnen Ton!
Itzt drangen sie in dichten Kreisen
Entzückt um des Monarchen Thron
Und lobten Gott nach tausend Weisen.
Der majestätische Choral
Steigt wallend in die lichten Sphären.
Der Sultan staunt. Zum erstenmal
Hört er, was keine Muftis hören,
In der verschiednen Melodie
Die feyerlichste Harmonie.

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