Gottlieb Conrad Pfeffel
Poetische Versuche
Gottlieb Conrad Pfeffel

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Das Bild des Todes.

An Serena.

            Des großen Zoroasters Ruhm
War durch ganz Orient verbreitet.
Von Oromaz ins Heiligthum
Der himmlischen Magie geleitet,
Trat er auf Hermes lichte Spur
Und fand der plastischen Natur
Geheime Werkstatt aufgeriegelt,
Und las mit eines Sehers Blick
Der Nachwelt mystisches Geschick
In der Gestirne Lauf entsiegelt.
Von Vorwitz und von Muth beflügelt,
Kam einst ein Prinz vom Indusstrand
Nach Persien, die Wunderlehren
Des Philosophen anzuhören.
Er trat an seines Führers Hand
Mit raschen Schritten auf die Brücke
Des Geisterreichs. Die Scheidewand
Der Körperwelt zog sich zurücke
Und manches neues Sylphenland
Lag aufgedeckt vor seinem Blicke.
Erfahrung macht den Schüler kühn;
Er wollte stets noch höher steigen
Und bat im Heldentaumel ihn,
Das Bild des Todes ihm zu zeigen.
Der Weise ziehet einen Kreis
Und schlägt mit seinem goldnen Stecken
Dreymal den Grund. Auf sein Geheis
Erscheinet der Monarch der Schrecken.
Gott, rief der Prinz, in kalten Schweiß
Getaucht, was seh ich, laß mich fliehen!
Ha! welche in scheußliches Fantom,
Aus dessen Auge, wie ein Strom,
Des Orkus rothe Blitze sprühen:
Mit Schlangen ist sein Haupt geschmückt
Und seine Faust, o laß mich fliehen!
Hält einen Dolch auf mich gezückt.
Mein Sohn, versetzt der graue Weise
Und nahet lächelnd sich dem Kreise,
Ich sehe die Harpye nicht,
Vor welcher deine Seele bebet;
Ein Engel ists, der vor mir schwebet,
Gehüllt in heitres Sternenlicht:
Sein Scheitel ist mit Mohn umkränzet
Und wie ein Demantzepter glänzet
In seiner ausgestreckten Hand
Der Schlüssel zu der Himmelspforte.
Jetzt sprach er drey geheime Worte
Und das erhabne Bild verschwand.
Der Jüngling weint am Hals des Alten:
Du siehst, fuhr dieser fort, mein Sohn,
Der Tod ist ein Chamäleon,
Er borget immer die Gestalten
Der Seelen, denen er sich weist.

Und so, Geliebte, wird dein Geist
In ihm der Tugend Bild erblicken,
Das ich mit täuschendem Entzücken,
Schon oft statt deines Bilds gegrüßt.
Entferne, Gott, die große Scene,
Bis mich ein Aschenkrug verschließt
Und meiner Freundin stille Thräne
Auf meinen Staub geflossen ist.


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