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Wie, liebes Mädchen, so allein
Versenkt in stille Klage!
Was führt dich in den öden Hayn
An Gottes Feyertage?
O, fragt nicht, guter Pilgersmann,
Fragt nicht warum ich weine?
Hier nehmt ein kleines Opfer an,
Und lasset mich alleine.
Nein, Kind, ich nehme nichts von dir,
Auch will ich dich nicht quälen;
Allein, bey Gott! du soltest mir
Dein Leiden nicht verhehlen.
Was seh ich? Alter! – wie? mein Schmerz
Entlockt euch stille Zähren?
O, Heil dir, Mann, du hast ein Herz;
Du solst mein Unglück hören:
Ich liebte: schön war Leonhard,
Ein Fürst von Wuchs und Gange,
Stark wie ein Baum, und dennoch zart,
Und weiß und roth von Wange.
So war er – und sein Herz dabey
So gut, so ganz mein eigen:
So ganz . . . o, lieber Greis, verzeih,
Ich muß ein wenig schweigen.
Schweig, Kind. – O möchte deinen Gram
Mein Mitleid dir versüßen!
Mir ahndet schon, dein Bräutigam
Ward dir vom Arm gerissen.
Ja wohl! hier, wo wir uns entzückt
An jedem Abend fanden;
Ward er von Werbern mir entrückt,
Gott weiss aus welchen Landen.
Nun sieht der zweyte Lenz mich hier
Ihm jeden Sonntag weinen;
Denn todt ist er. Ach wehe mir!
Wann wird uns Gott vereinen? . . .
Heut, Gretchen, heut! Dein Leonhard
Ist hier! er ist erstanden.
Ein Pilgerkleid, ein falscher Bart
Half ihm aus seinen Banden.
Er ists! Ein Wonnestrom zerreißt
Mein Herz . . . ich kann nicht reden –
Ach, Liebster! Halte meinen Geist,
Sonst wird mein Glück mich tödten. |