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Erstes Kapitel.
Ein heimlich Bündnis.

Die Abenddämmerung schwebte leis hernieder und deckte ihren duftigen Schleier auf die Erstlinge des Lenzes, die Schneeglöcklein und Veilchen und Hyacinthen und Leberblümlein, daß ihnen die böse Nacht keinen Schaden zufüge. Es war ein heller, warmer Märzentag gewesen, eine Herzerquickung für alle Kreatur. Noch einmal blickte hinter den blauen Bergen im West hervor die untergehende Sonne über die Welt hin und färbte Berg und Thal, Wald und Au mit dunkelrotem Golde.

Auch die Fensterreihe in dem westlichen Flügel des Klosters Nimptschen küßte feurig ihr Abschiedsblick, daß das Antlitz der jungen Nonne, welche durch das Eckfenster in den Abend hinausschaute, wie im Glanz der Verklärung leuchtete und die Thränen in ihren Augen wie flüssiges Gold zitterten.

In wehmütiger Sehnsucht ruhte der Blick der Klosterschwester auf den Ackersleuten, welche singend mit dem Pflug heimzogen in das Dorf, aus dessen Schornsteinen verheißungsvoll der Rauch aufstieg und vor dessen Umwallung auf dem sprossenden Rasen die Kinder Ringelrosenkranz tanzten.

Es war eine liebliche, holdselige Gestalt, die Nonne, eine Jungfrau von vierundzwanzig Jahren. Schön zwar konnte man sie nicht nennen – die stumpfe Nase und die etwas hervorstehenden Backenknochen störten einigermaßen das Ebenmaß der Züge, auch fehlte den Wangen das frische Rot, und eine kränkliche Blässe der Hautfarbe ließ die Jungfrau älter erscheinen, als sie war; und doch lag in diesem Gesicht ein etwas, das sympathisch anzog. Dieses glänzende, sinnende Auge und dieser sanft geschweifte, sprechende Mund verrieten ein tiefes, reiches Seelenleben und ein empfindsames Gemüt, während andererseits das scharf gerundete Kinn von edlem Selbstgefühl und charaktervoller Sicherheit Zeugnis gab und auf der hohen, gewölbten Stirn Würde und Ruhe thronte. Es lag in ihrem Wesen etwas Adeliges, die Weihe echter Weiblichkeit, und in ihren Bewegungen eine gewinnende Anmut.

Die Zelle, in welcher sie sich befand, war ein kleiner, enger, düsterer Raum, wie Klosterzellen sind, und doch hatte die geschickte Hand der Bewohnerin durch sinnige Anordnung des dürftigen Geräts, durch kunstvollen Schmuck des Betpults sowie durch allerlei kleinen Zierat an den die Wände bedeckenden Heiligenbildern dem Gemach den Eindruck der Öde zu benehmen gewußt. Die Äbtissin weilte gern in dieser Zelle und hatte wiederholt geäußert: »Ich weiß es nimmer zu deuten, Schwester Katharina, daß es mir bei dir so heimisch ist. Wie geschiehst es doch, daß einen in deiner Klause das Gefühl des Behagens überschleichet, also daß man lieber kommt als geht?« –

Die Nonne stand also an dem Fenster und hatte Thränen in den Augen. In unendlicher Wehmut tauchte sich ihr Blick in die stille Herrlichkeit der Frühlingswelt und verlor sich schließlich in den Nebel dumpfen Träumens. Zu ihren Füßen lag ein Stück kostbaren, veilchenfarbenen Samts, welcher beim Aufstehen von dem Holzschemel ihrer Hand entglitten war. Auf dem Fenstersims lag in wirrem Durcheinander gelbe und weiße Seide.

Die Klosterschwester erwachte endlich aus ihrem Brüten und hob wie erschrocken hastig den Samt vom Boden auf. Sie ließ sich auf den Schemel nieder und setzte die angefangene Stickerei fort. Es war eine Altardecke für die Klosterkirche, in welche zwei Palmenzweige einzusticken waren und darüber im Halbbogen die Worte: »Gegrüßet seist du, Maria!« Diese Worte waren bereits fertig, die Palmenzweige aber nur erst mit groben Stichen vorgezeichnet.

Müde bewegten sich die feinen, schlanken Finger der Nonne über den weichen Samt, und tief beugten sich die Augen auf die Arbeit nieder; denn nur spärlich fiel in die Zelle der letzte Schein des Tages.

Jetzt that sich knarrend die schwere, eisenbeschlagene Thür auf, und eine etwas jüngere Nonne trat ein. »Was sehe ich, Schwester Katharina?« fragte diese befremdet. »So eifrig sitzest du noch über der Arbeit? Schone deiner Augen! – Doch was ist das?« fuhr sie fort, nachdem sie näher getreten war. »So weit bist du noch zurück? O weh, was wird die Äbtissin sagen? Morgen soll ja zum Hochamt der Altar den neuen Schmuck tragen!«

Die Angeredete schaute trüb und schlaff empor. »Ich zürne mit meinem Herzen, das so widerwillig den Geboten der Ordensvorsteher folget. Mühsam nur reihet sich Stich an Stich, und eine Last ist mir, was mir einst eine Lust war. O, welche Wandlung in meinem Gemüt, Schwester Elisabeth! Seit des wittenbergischen Mönches Stimme durch unsre Klostermauern gedrungen, ist alles anders mit mir geworden.«

Schwester Elisabeth schaute sich angstvoll nach der Thür um und winkte: »Rede nicht so laut, Katharina – die Wände haben Ohren!« Dann ging sie nach der Thür, den Riegel vorzuschieben. Danach zog sie einen Schemel neben Katharina und neigte sich vertraulich zu ihr. »Schlage Licht, Schwester, ich will dir helfen bei der Arbeit.«

»Wie gut du bist, liebste Elisabeth!« versetzte mit dankbarem Lächeln Katharina. »Doch laß es noch anstehen, denn bald muß es zur Vesper läuten und zur Abendmahlzeit.«

In diesem Augenblick ertönte auch das Glöcklein, und die beiden Nonnen verließen die Zelle, um in der Kapelle die Hora zu singen und danach im Remter das Süpplein einzunehmen. –

Sie stammten beide aus edlen Geschlechtern, wie denn das Cistercienserkloster Marienthron zu Nimptschen bei Grimma nur adeligen Jungfrauen offen stand. Die Jüngere war Elisabeth von Kanitz, erst seit anderthalb Jahren in dem Nonnenkleid, deren frisches, apfelblütenähnliches Wangenrot die Kellerluft des Klosters noch nicht hatte erbleichen können und deren heiterer Sinn unter dem Druck des Ordenszwanges noch nicht erstorben war, die um ihres naiv kindlichen Wesens willen bei allen Klosterinsassen in großer Beliebtheit stand und durch ihre schelmischen Einfälle selbst der alten, ledernen Äbtissin mitunter ein Lächeln abzwang.

Die Ältere stammte aus dem angesehenen, an Ahnen reichen, aber an irdischen Glücksgütern armen Geschlecht derer von Bora, das zu Steinlaußig bei Bitterfeld seinen Stammsitz hatte. Sie war bereits eine Waise und wußte auch von ihren Geschwistern nur noch einen Bruder, Hans von Bora, am Leben. Bereits seit dem zehnten Lebensjahr befand sie sich im Kloster und hatte im fünfzehnten die Weihe empfangen. –

Nach Verlauf einer Stunde finden wir sie wieder bei einander in der Zelle Katharinas. Nachdem sie die kupferne Lampe entzündet, setzten sie sich dicht zusammen und gaben sich gemeinsam an die noch übrige Stickarbeit.

»Wie behende deine Finger gehen, liebste Elisabeth!« bemerkte Katharina, »und wie heiter dein Auge zu der Arbeit blickt! Glückselig Kind, dein Leben ist wie ein schöner, grüner Maientag, nichts weißt du von innerlichen Nöten und Kämpfen, von Zweifeln und Anfechtungen, du fühlest dich wohl in diesen düstern Mauern und nimmst es hin in kindlich unbefangenem Glauben, daß hier nichts anderes sei, als die Pforte des Himmels. Auch ich war einst, wie du, glücklich und mit mir selbst zufrieden. Wohl war mir der Abschied von meinem Vaterhause schwer geworden – ach, so für immer scheiden zu müssen von allem, das einem an das Herz gewachsen, und hinter sich die Klosterpforte wie einen Sargdeckel zuschlagen zu hören, um nun tot zu sein für die Welt und nie mehr den Kuß der Liebe, den Gruß der Freundschaft zu empfahen, das gehet hart an das Herz. Doch indem ich einsah, daß es also hat geschehen müssen, sintemal die Fürsorge meiner mittellosen Eltern kein schicklicher Asyl für ihre Tochter erkiesen mochte, so überwand ich den Schmerz und klopfte getrosten Mutes an die Pforte, von welcher man mir sagte, es sei die Pforte des Himmels. Und wahrlich, wie Luft der Ewigkeit wehete es mir in dem Kloster entgegen. So abgeschieden von allen den Versuchungen und Lockungen der argen Welt, so unangefochten von den Sorgen der Nahrung und dem Fieber des Ehrgeizes lediglich an seiner Seele arbeiten und seines ewigen Heils gedenken zu können, umduftet von dem Weihrauch des Tempels, umklungen von dem frommen Gesang, auf Schritt und Tritt geleitet von der Fürsorge geistlicher Beratung, dieses alles wirkte wohlthuend auf mein Herz, als wäre ich im Vorhof des Himmels, und täglich gedachte ich mit herzinniglichem Dank meiner Eltern, die es so wohl mit mir gemacht. – Das ist nun alles vorbei: das Leben hier erschein mir jetzo in einem ganz andern Licht. Es ist mir, als wäre ich lebendig eingemauert. Dieses dunkle Haus, so ich als eilte Stätte wahren Lebens achtete, ist ein Grab. Der wittenbergische Mönch hat mir die Augen aufgethan, zu erkennen, daß alles, was ich allhier von frommen Übungen betrieben, ein eitles, fruchtloses Beginnen sei. Ich bin erschrocken über die Worte Luthers, damit er mich aus meinem Traum geweckt; aber er hat recht, es ist ein Traum gewesen, eine erträumte Heiligkeit. Mein Herz bezeuget mir, daß er recht hat, denn was ich suchte in den Andachtsübungen und frommen Werken, den Frieden Gottes, das habe ich nimmer gefunden. Man lehrte mich, daß das Kloster der Ort sei, da die wahre, reine Frömmigkeit zu Hause; – ich weiß nun, daß das nicht wahr ist, ich glaube jetzt, daß man in der Welt eben so gut Gott dienen und selig werden kann, vielleicht noch viel besser. Ja, wenn es also wäre, daß man das alte, arge Herz könnte draußen lassen! Aber siehe, dieses gehet mit uns in die Stille und bereitet uns Nöte, davon man draußen in der Welt nichts weiß. Es scheint, als müsse im Kloster alles helfen, die Seele aus dem Staub zu erheben und mit der Kraft des himmlischen Lebens zu erfüllen, und doch wirket das öde Einerlei abstumpfend und ertötend auf das Gemüt. Ach, draußen schillert das Leben in bunten, fröhlichen Farben, hier aber ist alles grau in grau gemalt. Draußen erfreuen sich die Menschen des Frühlings, welcher hold und lieblich aus dem Schnee des Winters hervorgrünet, und alsdann warten sie des Sommers, der zur Blüte bringe, was im Lenz keimte und knospte; danach grüßen sie frohlockend den Herbst mit seinen reifen Früchten, und alsdann freuet sich der ermüdete Leib der Ruhe des Winters. Hier aber in dem Kloster wissen wir nicht, ob die Veilchen blühen, oder die Trauben reifen, oder der Schnee die Erde deckt – hier ist eine Jahreszeit wie die andere und ein Tag wie der andere – grau, ach, immer grau ist das Leben, wenn es überhaupt ein Leben heißen darf. Draußen gehet der Mensch des Morgens an seine Arbeit, und die Arbeit ist ihm eine Freude, eine Wohlthat, ein Segen für Leib und Seele; wohl schmecket ihm am Mittag das Mahl und süß winket ihm des Feierabends Ruhe; hier aber in dem Kloster erschlafft im frommen Müßiggang das Leben, und mit dem verwelkenden Leibe verdorrt auch drinnen der Mut. Läge doch wenigstens unser Kloster mitten in einer Stadt, daß man Kranke pflegen, Nackende kleiden, Hungernde speisen und Trauernde trösten könnte! Das wäre doch etwas, damit die Leere unsres Daseins ausgefüllt und annehmlicher Wechsel in die traurige Einförmigkeit gebracht würde! – Ach, Schwester Elisabeth, ich glaube, nicht länger mehr erträgt meine Seele die Qual des erwachten Zwiespalts, denn deutlich fühle ich, wie meine Kraft schwindet und immer träger das Blut mir in den Adern schleicht.«

Sie ließ die Hand sinken und den Kopf dazu. Eine tiefe Stille trat ein, welche Elisabeth nicht zu unterbrechen wagte, denn der Schwester kummervolles Antlitz flößte ihr, der Weichmütigen, das tiefste Mitleid ein. Auch war ihr unter den Worten Katharinas ganz wundersam zu Mut geworden. Sie hatte mit steigender Aufmerksamkeit zugehört und mit immer glühenderen Augen an den Lippen der Sprechenden gehangen. Zu mehreren Malen hatte sie sie unterbrechen wollen, aber kein Wort gefunden. Jetzt erhob sie sich in großer Erregung von dem Schemel und ergriff hastig Katharinas Hand. »Schwester, hat dir Gott geboten, solche Worte zu mir zu reden? Siehe, auch von meinen Augen fällt der Schleier, und klar sehe ich, was mir bis anher verhüllet war. Du hast mit nackten, hüllenlosen Worten ausgesprochen, was als ein dunkles Gefühl und Ahnung in meiner Seele schlummerte. Du hast mich glücklich genannt, Katharina, und sagest auch recht damit, denn einen heitern Sinn hat mir Gott verliehen; dennoch aber bin ich nicht das harmlose Kind, welches in rückhaltlosem Vertrauen die Satzungen der Kirche und die Regeln des Ordens hinnimmt. Meinest du, Luthers Worte hätten mich nicht auch getroffen? Siehe, seit dem Tage, da ich seine Schrift über die Klostergelübde und die babylonische Gefangenschaft der Kirche gelesen, trage ich einen Stachel in meiner Brust, so mich quälet und ängstet. Mein Geist ist nicht so scharf, wie der deine, die Not des Herzens klar zu begreifen; es ist ein unbestimmtes Weh gewesen, so mir in der Seele nagte, im unaussprechlichen Gefühl wurzelnd; nun aber hast du es mir in klare, deutliche Worte übersetzt, nun weiß ich, was mir fehlet, und nun bin ich auch unglücklich, wie du.«

Sie warf sich der Katharina um den Hals und weinte laut.

Mühsam wurde es der Katharina, sich aus der Umschlingung zu lösen, und in großer Beängstigung rang sie die Hände: »Wehe mir, was habe ich gethan! O daß ich geschwiegen und meinen Kummer in mir verschlossen gehalten hätte!

Elisabeth wischte sich die Thränen aus den Augen und streichelte tröstend der Schwester die Wange: »Sorge dich nicht, vielliebe Katharina! Wohl ist mir das Augenaufgehen schmerzvoll, aber ist sich selbst erkennen nicht besser, denn sich täuschen und in einem Wahn zu Grunde gehen?«

Katharina sah die Elisabeth mit einem langen Blick forschend an, dann beugte sie sich jäh zu ihr, daß ihr Mund das Ohr der Schwester berührte: »Elisabeth, du weißt meine Not noch nicht zu Ende.«

Ängstlich mit den Augen fragend, bog sich die jüngere Nonne zurück.

Die Ältere fuhr alsbald fort: »Willst du mich nicht verraten, Elisabeth? Ich habe ein Geheimnis, ich mit sieben andern der Schwestern.«

»Vertrau dich mir,« stieß Elisabeth bittend hervor, »mein Mund ist stumm.«

Katharina zog die Freundin näher zu sich heran und flüsterte: »Du weißt, was zu Grimma geschehen?«

Elisabeth nickte. »Wie sollte ich es nicht wissen, daß daselbst das Evangelium geprediget wird, seit Martin Luther es zuerst von der Kanzel der Stadtkirche verkündiget?«

»Nicht dieses meine ich«, fiel Katharina kopfschüttelnd ein. »Das Neueste, so sich zugetragen, ist dieses, daß in vergangener Woche das Barfüßerkloster zum heiligen Kreuz von allen Mönchen verlassen worden.«

Elisabeth fuhr erschreckt auf: »Was sagst du? Es ist nicht möglich!«

Katharina fuhr mit unbewegter Miene fort: »Es ist eine wundersame Zeit! Wie Geburtswehen zu einem neuen Leben zucket und zittert es aller Orten. Nicht zu Grimma allein, sondern auch anderwärts öffnen sich die Klosterpforten, nachdem der Luther das Hephatha gesprochen. – Schwester Elisabeth,« fuhr Katharina mit erhobener Stimme fort: »wenn heute auch unsre Pforte aufspränge, würdest du gehen, oder bleiben?«

Elisabeths Wangen überzog ein glühendes Rot, und durch ihren ganzen Körper ging ein Zittern. Sie neigte einen Augenblick das Antlitz, dann fuhr sie plötzlich auf: »Schwester, ich glaube, ich würde gehen! – Doch«, fuhr sie wieder in sich zusammensinkend fort, »wer soll uns unsre Pforte aufthun? Du weißt, wie die Äbtissin wider den Luther tobet und ihn mit den gröbsten Schmähungen überhäufet.«

Über Katharinas Augen legte sich ein Schatten, und ein schwerer Seufzer rang sich aus ihrer Brust herauf, »dieses ist auch mein Kummer. Aber vielleicht muß die Äbtissin, was sie nicht will

»Ich verstehe nicht, was du sagst«, erwiderte Elisabeth geängstet.

Wieder beugte sich Katharina mit geheimnisvoller Miene zu der Freundin: »Höre mir zu, Elisabeth! Es ist ein heimlich Bündnis geschlossen zwischen acht der Schwestern, die haben sich mit Briefen an ihre Eltern und Verwandten gewendet und dieselbigen um Gotteswillen gebeten, sich ihrer Not anzunehmen und sie aus des Klosters Gewahrsam zu befreien, denn nachdem ihnen die Erkenntnis aufgegangen, daß das Klostergelübde wider die heilige Schrift sei, müßten sie Schaden nehmen an ihrer Seele, so sie länger gezwungen würden, einer eingebildeten Heiligkeit nachzujagen.«

Mit weit aufgerissenen Augen umklammerte Elisabeth der Freundin Arm und fragte in überstürzender Hast: »Wer sind diese acht?«

Katharina erwiderte: »Diese sind's: Magdalene von Staupitz, Veronika und Margarete von Zeschau, Laneta von Gohlis, Eva von Groß, Eva und Margarete von Schönfeld; ich aber bin die achte!«

»So lasset mich die neunte sein!« rief Elisabeth stürmisch. »So ihr gehet, mag ich auch nicht länger bleiben.«

Katharina ließ einen Augenblick bedeutungsvoll die Augen auf der Schwester ruhen und sagte dann mit warnend aufgehobenem Finger: »Liebe Elisabeth, gern nehmen wir dich in das Geheimnis, aber sei auf deiner Hut, daß du keinen Verdacht erweckest, denn unbedachtsam ist deine Zunge und unschwer lieset man in deinem Antlitz, was drinnen dein Herz denket und empfindet.«

Über Elisabeths Wangen lief ein schnelles Rot bis zu der Stirn hinauf. »Sorge nicht, liebe Katharina! Du sollst erfahren, daß ich, wo es gilt, auch schweigen und meines Herzens Gedanken verstecken kann.« –

Noch tief bis in die Nacht hinein saßen die beiden Nonnen und nahmen, die Sache des weiteren besprechend, die der Hand entfallene Nadel wieder auf, bis um die Mitternacht das Glöcklein sie abermals zur Hora rief.



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