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Aber dieser Feiertag ging zu Rüste.
Den 3. August 1802, als man überall in den Rheinsberger Dependancen und nicht zum wenigsten in Schloß Hoppenrade festlich zu Tische saß, um den Geburtstag König Friedrich Wilhelms III. in Wein und Rede zu feiern, erschien ein Bote mit einem Flor um Hut und Arm und brachte Meldung, daß »Monseigneur« in vorhergehender Nacht aus dieser Zeitlichkeit geschieden sei. Da wandelte sich das Festmahl in ein Trauermahl, weil alle fühlten, daß ihnen ein guter Herr und wahrer Freund genommen sei, der nicht bloß philanthropische Sentenzen hergesagt und klugen Rat gegeben hatte, nein, der auch half und Fürsprache tat und immer verzieh. Und aufrichtige Tränen flossen ihm, auch bei denen, die sich längst der Tränen entwöhnt hatten, und als endlich die Grabpyramide fertig und der große Grabstein mit der berühmt gewordenen Inschrift: »Jetté par sa naissance dans ce tourbillon de vaine fumée, / Qui le vulgaire appelle / Gloire et grandeur, / Mais dont le sage connait le néant«, in das Grabmal eingelassen war, da war ein Trauern im ganzen Lande Ruppin, und alles fuhr heim und hatte seiner Schwatzhaftigkeit ein Maß, denn jeder wußte, daß man in dem heimgegangenen Freunde den letzten Großen aus einer großen Zeit begraben hatte.
Niemand aber wußt es besser als unsere Krautentochter, und in ihrem Herzen regte sich die Vorstellung, daß ein Wendepunkt für sie gekommen sei, bald vielleicht, und daß eine Reihe böser Tage vor der Türe stehe.
Wirklich, sie kamen.
Es begann daheim, im eigenen Hause. Sie hatte kein Glück mit den Männern, wenigstens nicht in der Ehe. Der Rittmeister war ein Mann nach ihrem Sinne gewesen, als sie, verwitwet und vertrauert, an seiner Lebenslust sich aufgerichtet hatte. Das alles aber lag jetzt eine gute Weile zurück. Ihre Temperamente hatten miteinander gestimmt, nichts mehr, nichts weiter, und wenn sie vorher jahrelang in einer gewissen Verdrossenheit zu dem ostfriesischen Baron, ihrem zweiten Manne, hinaufgeblickt hatte, so sah sie jetzt auf diesen dritten herab. Und auch das wollt ihr nicht gefallen. Wohl war sie das Kind ihrer Zeit und verabscheute nichts mehr als die Langeweile gelehrter Allüren, aber zu gleicher Zeit entbehrte sie doch keineswegs eines feineren ästhetischen Sinnes, und wenn ihr Gründlichkeit verhaßt war, so war es ihr Seichtheit und Oberflächlichkeit noch mehr. Oberflächlichsein war nur statthaft oder ein Vorzug, wenn es sich mit Witz und guter Laune paarte. Davon hatte der Rittmeister seinerzeit ein freundlich und bescheiden Teil gehabt. Aber das war längst aufgezehrt, und sie litt jetzt unter seiner Unbedeutendheit und Schwäche. Möglich nichtsdestoweniger, daß sich ihr Leben in jenem wohlbekannten Halbzustande von Nicht-glücklich- und Nicht-unglücklich-Sein über den Rest der Tage hinweggeschleppt hätte, wenn nicht unmittelbar fast nach dem Tode des bis zuletzt einen gewissen Kontrolleinfluß ausübenden Prinzen eine Verschlimmerung und bald danach eine Zeit völligen Niedergangs bei von Arnstedt eingetreten wäre. Wo früher nur das Gute gefehlt hatte, zeigte sich jetzt auch das positiv Schlechte, laut werdende Vorwürfe verdarben es völlig, und eh abermals ein Jahr um war, war aus dem lustigen Rat und liebenswürdigen Gesellschafter ein Trinker und Spieler geworden, ein nur noch Halbzurechnungsfähiger, über dessen traurigen Lebensausgang in einem folgenden Kapitel zu berichten bleibt.
Und das Unglück, wie das Sprichwort sagt, kommt nie allein. Auch hier nicht. Um dieselbe Zeit, wo die Sorgen um den Mann sich mehrten, mehrten sich auch die Sorgen um Gut und Habe, weil der, wie schon vorstehend erzählt wurde, fast vom Momente der Besitzergreifung an über Löwenberg und Hoppenrade schwebende Prozeß inzwischen nicht nur überhaupt angestrengt, sondern auch von Jahr zu Jahr immer energischer und bedrohlicher in Angriff genommen worden war. Die Bredows verlangten ihr ihnen wegtestiertes Erbe zurück.
An der gerichtlichen Entscheidung dieser Frage hing Leben und Sterben.