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V.
DAS TRAUMBILD.

    Im jungen Nachtigallenhain,
Und auf der öden Wildnis,
Wo Tannenbäume Dämmrung streun,
Umflattert mich das Bildnis.
Es tanzt aus jedem Busch hervor,
Wo Maienlämmlein grasen,
Und wallt, verhüllt in leichten Flor,
Auf jedem grünen Rasen.

   Wann mich, mit meinem Gram vertraut,
Zur Stunde der Gespenster,
Der liebe helle Mond beschaut,
Bebts durch mein Kammerfenster,
Und malt sich an die weiße Wand,
Und schwebt vor meinen Blicken,
Und winkt mir mit der kleinen Hand,
Und lächelt mir Entzücken. [202]

   Mein guter Engel, sage mir,
Wo Luna sie beflimmert,
Und wo, von ihr berührt, von ihr!
Die Blume röther schimmert.
Erschaff' ihr Bild aus Morgenlicht,
Ihr Kleid aus Atherbläue,
Und zeig' in jedem Nachtgesicht
Mir meine Vielgetreue.

   Wo pflückt sie, wann der Lenz beginnt,
Die ersten Maienglocken?
Wo spielst du, lauer Abendwind,
Mit ihren blonden Locken?
O eilt, o flattert weg von ihr,
Geliebte Maienwinde,
Und sagt es mir, und sagt es mir,
Wo ich das Mädchen finde! [203]


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