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Zween fromme Wunderthäter,
Von Ost bis West bekannt,
Durchwanderten, mit Ablaß
Bepackt, das Schwabenland;
Verbannten manchen Kobold,
Und manchen bösen Alp,
Und heilten manchen Junker,
Und manches schöne Kalb.
Sie kamen, als die Sonne
Vom rothen Himmel wich,
Und flötend Hirt und Schäfer
Durch Abendschatten schlich,
In ein umbüschtes Dörfchen,
Ersahn des Amtmanns Haus,
Und baten; tief gebücket,
Sich eine Mahlzeit aus.
[7]
Der Amtmann sprach: Ihr Herren,
Kehrt in den Gasthof ein;
Ich habe keinen Braten,
Und keinen Tropfen Wein;
Und warf die Thüre störrisch
Vor ihrer Nase zu,
Und brummt' heraus zum Fenster:
Fort! angenehme Ruh!
Der Pfarrer und der Küster
Schalt sie nicht minder fort.
Zur Einkehr in dem Dörfchen
Fand nirgends sich ein Ort.
Doch endlich guckte Töffel
Zum Stubenfenster aus,
Und lud die Wunderthäter
Durch einen Wink ins Haus;
Empfing mit bloßem Haupte
Die Herren an der Thür,
Und murmelte: Mein Käthchen,
Hol' eine Kanne Bier,
[8]
Daneben Brot und Butter,
Und Schweizerkäs' und Wurst.
Sie stillten ihren Hunger,
Und löschten ihren Durst.
Erzählt ward nach der Mahlzeit,
Am hellen Tannenfeur,
Zur Lust für Wirt und Wirtin,
Gar manches Abentheur:
Wie sie einmal den Teufel
Beim Hexentanz ertappt,
Der sich in einen Schafbock
Mit langem Schwanz verkappt;
Die Hexen und den Teufel,
Der fürchterlich geblöckt,
Durch ein allmächtig Ave
Zur Hölle fortgeschreckt;
Die scheuslichen Gespenster
In einen Sack geschnürt,
Und bald in öde Schlösser,
In Wälder bald, geführt.
[9]
Sie schwazten, bis der Morgen
Durchs kleine Fenster schien.
Herr Bruder, sprach der eine
Zum andern, laß uns ziehn! –
Was ziehn? Nein, dieses Dörfchen
Soll, eh wir weiter gehn,
Das schwör' ich dir, Herr Bruder!
Ein Strafexempel sehn.
Schnell rollten Wetterwolken,
Von Bliz und Donner schwer;
Die Donner krachten nieder
Aufs Dorf; ein wildes Meer,
Gestürzt aus Wolkenbrüchen,
Schoss durch das Dörfchen hin. –
Der Amtmann schwamm im Wasser
Mit seiner Amtmännin.
Nicht minder schwamm der Pfarrer,
Mit manchem O und Ach,
An Schlafrock und Pantoffeln;
Die Köchin schwamm ihm nach;
[10]
Und Hut, Perück', und Mäntel
Und Kragen allzumal,
Kontuschen, Strümpf' und Mieder
Und Hauben sonder Zahl.
Am Wetterhahn des Thurmes
Hing, jämmerlich durchnäßt,
Des Küsters Stuzperücke
Von Bockshaar, ehrenfest.
Kein Öchselein, kein Eslein,
Kein Mensch entkam der Flut;
Der fette Braten schmeckte
Dem – Gott sei bei uns! Gut.
Die Mönche sagten: Töffel,
Du bist dem Tod' entflohn;
Die andern Bösewichter
Empfingen ihren Lohn.
Mit frommen Gotteskindern
Wird sich das Dorf erneun.
Dein kleines schwarzes Hüttchen
Soll ihre Kirche ein.
[11]
Urplözlich stand die Kirche
Mit ihrem Thurme da.
Er machte große Augen,
Wie er die Kirche sah.
Zur Glocke ward der Kessel,
Und hing izt umgekehrt,
Der Sorgestuhl zur Kanzel,
Und zum Altar der Heerd.
Die Hauspostille holend,
Juchheit' er, wie behext:
Macht, rief er, mich zum Pfarrer!
Ich les' euch meinen Text!
Bald war gethan das Wunder,
Daß er als Prädikant
Im kahlen Rock und Mantel
Auf seiner Kanzel stand.
So kam in aller Einfalt
Der gute Mann zu Brot.
Er mahlte feinen Bauern
Die Hölle ziemlich roth;
[12]
Und lockte dann so freundlich
Ins schöne Himmelreich:
Durch Lehr' und eignen Vorgang
Zeigt' er den Weg zugleich.
Nicht geistlich nur, auch leiblich,
Blüht' ihm ein Paradies,
Wohin das Sprüchlein: Leben,
Und leben lassen! wies.
Auch war das ganze Kirchspiel
In Eintracht und Vertraun:
Die Kinder mit den Vätern,
Die Männer mit den Fraun.
Anfechten konnt' ihn niemals
Ein Spuk bei Tag' und Nacht,
Kein Thier der Offenbarung,
Und keine Kezerjagd.
Sein Element war Ruhe;
Sein
Petum optimum,
Der Armstuhl und die Zeitung
War ihm
Elysium.
[13]
Sein Käthchen war ein Muster
Von einer braven Frau.
Kein Auge war im Dörfchen
So heiter und so blau;
Kein Ehestand vergnügter,
Seit Adam Evchen nahm.
Er las in der Postille,
Sie wirkt' am Näherahm.
Und murmelt' er zu hizig:
Nun, Männchen, nun genug!
Sprach sie, und stopft' ein Pfeifchen,
Und füllt' ihm seinen Krug.
Dann wandt' er auf ihr Antliz
Den Blick vom Bußsermon,
Und gab mit mildem Lächeln
Ihr einen Kuß zum Lohn.
So rollten Jahr' auf Jahre,
Von süßer Freud', herum.
Die beiden Gatten lebten
Beinah ein Säkulum;
[14]
Und gingen endlich beide,
Steinalt und lebenssatt,
An einem Maienmorgen,
Den stillen Todespfad.
Wohl manche düstre Ahndung
Ging ihrem Tod voran:
Ihr Sterbelichtehen hüpfte
Den Kirchenweg hinan.
Der Spuk des Todtengräbers
Grub, was nachher geschah,
Um Mitternacht zwei Grüfte,
Wie Heinz, der Küster, sah.
Das Heimchen zirpte kläglich,
Das lange nicht gezirpt. –
Gelt, sagten alle Bauern,
Gelt, unser Pfarrer stirbt!
Sie starben beid'. Es folgte
Die Dorfschaft ihrem Sarg.
Viel sahn ins Grab, und schluchzten,
Als sie die Erde barg.
[15]
Verlobte kommen Abends,
Und denken sich ein Paar,
Wie weiland Vater Töffel
Und Mutter Käthe war;
Und im Holunderschatten,
Auf ihrem Leichstein,
Spielt gern des Dorfes Jugend,
Und lernet artig sein.
[16]