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Üb' immer Treu und Redlichkeit
Bis an dein kühles Grab,
Und weiche keinen Finger breit
Von Gottes Wegen ab!
Dann wirst du, wie auf grünen Aun,
Durchs Pilgerleben gehn;
Dann kannst du sonder Furcht und Graun
Dem Tod' ins Antliz sehn.
Dann wird die Sichel und der Pflug
In deiner Hand so leicht;
Dann singest du beim Wasserkrug,
Als wär dir Wein gereicht.
[49]
Dem Bösewicht wird alles schwer,
Er thue was er thu;
Der Teufel treibt ihn hin und her,
Und lässt ihm keine Ruh.
Der schöne Frühling lacht ihm nicht,
Ihm lacht kein Ährenfeld;
Er ist auf Lug und Trug erpicht,
Und wünscht sich nichts als Geld.
Der Wind im Hain; das Laub am Baum,
Saust ihm Entsezen zu;
Er findet, nach des Lebens Raum,
Im Grabe keine Ruh.
Dann muß er in der Geisterstund'
Aus seinem Grabe gehn,
Und oft als schwarzer Kettenhund
Vor seiner Hausthür stehn.
Die Spinnerinnen, die, das Rad
Im Arm, nach Hause gehen,
Erzittern wie ein Espenblatt,
Wenn sie ihn liegen sehn.
[50]
Und jede Spinnestube spricht
Von diesem Abentheur,
Und wünscht den todten Bösewicht.
Ins tiefste Höllenfeur.
Der alte Kunz war bis ans Grab
Ein rechter Höllenbrand:
Er pflügte seinem Nachbar ab,
Und stahl ihm vieles Land.
Nun pflügt er, als ein Feuermann,
Auf seines Nachbarn Flur,
Und mißt das Feld hinab hinan
Mit einer glühnden Schnur.
Er brennet, wie ein Schober Stroh,
Dem glühnden Pfluge nach,
Und pflügt, und brennet lichterloh
Bis an den bellen Tag.
Der Amtmann, der die Bauern schund,
Und hurt', und Hirsche schoß,
Trabt nachts mit einem schwarzen Hund
Im Wald' auf glühndem Roß.
[51]
Oft geht et auch am Knotenstock
Als rauher Brummbär um,
Und meckert oft als Ziegenbock,
Im ganzen Dorf herum.
Der Pfarrer, der aufs Tanzen schalt,
Und Filz und Wuchrer war,
Steht Nachts als schwarze Spukgestalt
Um zwölf Uhr am Altar;
Paukt dann mit dumpfigem Geschrei
Die Kanzel, daß es gellt,
Und zählet in der Sakristei
Sein Beicht- und Opfergeld.
Der Junker, der bei Spiel und Ball
Der Wittwen Habe fraß,
Kutschiert, umbraust von Seufzerhall,
Zum Fest des Satanas;
Im blauen Schwefelflammenrock
Fährt er zur Burg hinauf,
Ein Teufel auf dem Kutschenbock,
Zween Teufel hintenauf.
[52]
Sohn, übe Treu und Redlichkeit
Bis an dein kühles Grab,
Und weiche keinen Finger breit
Von Gottes Wegen ab!
Dann suchen Enkel deine Gruft.
Und weinen Thränen drauf,
Und Sommerblumen, voll von Duft,
Blühn aus den Thränen auf.«
[53]